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Rentner-Gang, Kratzbürste und Gottes Sohn

Schauspieler um die 80, darunter Morgan Freeman und Shirley MacLaine, dominieren das Kino in dieser Woche. Mit "Abgang mit Stil" und "Zu guter Letzt" laufen gleich zwei Best-Ager-Komödien an. Und von der Versuchung Jesu erzählt das Bibeldrama "40 Tage in der Wüste".

Von Jörg Albrecht | 12.04.2017
    Jesus, gespielt von Ewan McGregor, geht für 40 Tage in die Wüste, um fastend und betend nach Erleuchtung zu suchen.
    Jesus, gespielt von Ewan McGregor, geht für 40 Tage in die Wüste, um fastend und betend nach Erleuchtung zu suchen. (©Tiberius Film)
    "Abgang mit Stil" von Zack Braff
    "Wir sind drei alte Kerle. Wir rauben eine Bank aus, kommen ungeschoren davon. Wir gehen mit Würde in den Ruhestand."
    Drei Senioren, die eine Bank überfallen wollen: Das könnte einem bekannt vorkommen. 1979 wurde die Geschichte unter dem Titel "Going in Style" bzw. "Die Rentner-Gang" verfilmt. Im Remake "Abgang mit Stil" gehen jetzt Michael Caine, Morgan Freeman und Alan Arkin unter die Verbrecher. Nicht aus Langeweile wie ihre Vorgänger. Sie handeln quasi aus Notwehr. Als Antwort auf die Exzesse gieriger Banker und Manager, welche die Drei um ihren Pensionsfonds und ihre Bleibe gebracht haben.
    "Diese Banken haben praktisch dieses Land zerstört. Und nie hat es Konsequenzen gegeben."
    Dass erst der Rost die Münze wert macht, wie es einst Goethe schrieb, trifft – ganz ähnlich – auch auf diesen Film und seine ergraute Darstellerriege zu. Das Trio ist – dank seiner spielerischen Grandezza – hier eindeutig die sichere Bank, auf die sich die Filmemacher verlassen können. Das Drehbuch von Theodore Melfi dagegen ist simpel und klischeebeladen, die Regie von Zach Braff mit ihren eingestreuten Musiknummern reizlose Routine.
    "Und im schlimmsten Fall werden wir geschnappt, wir kriegen ein Bett, drei Mahlzeiten täglich und eine bessere medizinische Versorgung als jetzt."
    Den gewitzten alten Herren in "Abgang mit Stil" macht eine 82-jährige Kollegin Konkurrenz: Shirley MacLaine, seit "Zeit der Zärtlichkeit" 1984 im Rollenfach der eigenwilligen, man könnte auch sagen querköpfigen und kratzbürstigen Diva angekommen, darf in der Komödie "Zu guter Letzt" wieder einmal so richtig vom Leder ziehen.
    "Zu guter Letzt" von Mark Pellington
    "Hallo Mutter!"
    "Hallo. Wie geht es dir?"
    "Wo waren wir denn stehengeblieben? Oh ja, ich kann mich erinnern: Als du meinem Freund gesagt hast, er wäre nicht gut genug für mich."
    "Ja, ich hatte gehofft, er würde mich eines Besseren belehren."
    "Es war unsere Verlobung."
    "Zu dumm! Das war ein schlechtes Timing. Das ist wahr."
    Das mit dem schlechten Timing gilt teilweise auch für diesen Film, in dem die von MacLaine gespielte Geschäftsfrau Harriet noch zu Lebzeiten an ihrem Nachruf feilen lassen will. Dafür heuert sie eine junge Journalistin an.
    "Wie meine Leistungen von Ihnen für die Nachwelt dargestellt werden, ist von größtem Interesse für mich."
    Wenn "Zu guter Letzt" von Regisseur Mark Pellington schon nicht in Sachen Originalität und Wortwitz punkten kann, dann zumindest mit seiner Hauptdarstellerin, deren Karriere 1955 in Hitchcocks "Immer Ärger mit Harry" ihren Anfang nahm.
    "Harriet, Sie sind wirklich ein harter Brocken."
    "Zu guter Letzt" und auch "Abgang mit Stil": beide zwiespältig.
    "40 Tage in der Wüste" von Rodrigo García
    Dort, wo ihre Mitmenschen Harriet nur allzu gerne hingeschickt hätten, nämlich in die Wüste – dort spielt ein Film über Jesus. Der konzentriert sich auf eine Episode in dessen Leben, die im Neuen Testament Erwähnung findet als "Versuchung Jesu".
    "Vater, wo bist du?"
    Jesus oder hebräisch Jeshua hat sich in die Einsamkeit der Wüste zurückgezogen. Er will dort fasten und nach Erleuchtung suchen. Dabei wird Jeshua geprüft von den Versuchungen Satans, der ihm immer wieder erscheint. Beide Figuren werden im Film des Kolumbianers Rodrigo García von Ewan McGregor verkörpert.
    "Zu deinem Vater zu sprechen ist wie zu einem Fels zu sprechen.
    "Nein. Mein Vater liebt mich."
    Das unbestimmte und schattenhafte Vater-Sohn-Verhältnis ist das zentrale Motiv in einem Film, der Jesus als Mensch auf seiner spirituellen Reise zeigt. Dieses Motiv wird gespiegelt in der Begegnung Jeshuas mit einer Familie, deren Zuhause die Wüste ist. Der fast erwachsene Sohn träumt davon nach Jerusalem zu gehen und sein eigenes Leben zu führen.
    "Ist es selbstsüchtig, wenn ich nicht hier leben will?"
    "Nein."
    "40 Tage in der Wüste" ist weniger verfilmte Bibelstunde als vielmehr durchdringende Identitätssuche vor großem Wüstenpanorama. Aus der Kargheit der Landschaft wie auch der Worte entsteht hier eine Oase der Kontemplation.
    "40 Tage in der Wüste": empfehlenswert.