Freitag, 29. März 2024

Archiv


Neue Leipziger Schule

Im Umfeld der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig ist Kunst derzeit nicht brotlos: Seit ein paar Jahren hat sich ein regelrechter Hype um die Neue Leipziger Schule entwickelt. Davon profitiert auch der Nachwuchs, es fragt sich nur wie lange noch.

Von Doris Kothe | 14.04.2007
    Leipzig ist die Stadt der Wunder. So könnte es einem vorkommen, wenn man Nachwuchskünstlerin ist und gerade dabei, sich einen Namen in der Szene zu erarbeiten. Kathrin Landa ist Nachwuchskünstlerin und schwimmt auf ihrer Welle im Hype der Neuen Leipziger Schule mit.

    " Es kommen schon so Sachen vor, dass ich nachmittags auf dem Sofa sitze, einen Kaffee trink und dann klingelt das Telefon und dann ruft eine Galeristin aus Frankfurt an und fragt mich, ob ich Lust hätte, in ihrer Galerie auszustellen."

    Kathrin Landa ist gerade siebenundzwanzig geworden, Meisterschülerin erst bei Sighard Gille und jetzt bei Annette Schröter an der Kunsthochschule in Leipzig - der HGB, der Hochschule für Grafik und Buchkunst. Sie hat ein kleines Atelier im Westen Leipzigs, nur wenige Minuten von der Keimzelle der so erfolgreichen Kunstszene entfernt - der alten Baumwollspinnerei, wo Neo Rauch, Matthias Weischer und die anderen Koryphäen der so genannten Neuen Leipziger Schule ihre Ateliers haben. "So genannt", weil doch jeder Künstler einzigartig sein will, jenseits der Klischees. In Kathrin Landas Atelier hängt ein überlebensgroßes Portrait eines etwas fröstelnden badekappetragenden blonden Mannes in einem See an der Wand. Kathrin Landa hat keine Angst, in eine Schublade gesteckt zu werden. Den Boom, den die Künstler der Neuen Leipziger Schule ausgelöst haben, empfindet sie nicht als Druck oder Einengung ihrer Kreativität.

    " Also wir befinden uns alle in einem Powerzustand. Also jeder pusht jeden, so kommt's mir gerade vor und das treibt eher die Arbeit voran, als dass es eine Gefahr darstellt, sondern dass man noch mehr und noch besessener arbeitet."

    Der Boom beflügelt nicht nur die Künstler, sondern auch den Kunstmarkt. Sie sind kein Mythos, es gibt sie wirklich, die Scharen der Kunstkäufer, die flugzeugweise in Leipzig einfliegen und die Galerien in der Leipziger Baumwollspinnerei nach jungen Künstlern durchkämmen. Sagt Torsten Reiter. Er ist Chef der maerzgalerie, die intensiv mit jungen Nachwuchstalenten arbeitet. Torsten Reiter hält jedoch wenig davon, jeden jungen Maler oder Fotografen sofort im Haifischbecken Kunstmarkt auszusetzen. Vor allem, wenn die jungen Künstler ihren Stil ausarbeiten oder noch experimentieren wollen.

    " Auch wenn die Tür unter den Klopftönen der Interessenten stark vibriert, und alle fragen, was gibt's Neues von dieser und jener Person, aber das ein Hemmnis werden könnte, dann sagen wir, abwarten, es wird wunderbare Neuigkeiten geben, aber die brauchen ihre Zeit. "

    Die Kunsthochschule als Ort des Experiments. In Leipzig allerdings, an der HGB, scheint es zumindest in einigen Klassen eine stärkere Orientierung auf den Markt zu geben. So kam es Benjamin Rinner vor, der erst in Essen an der Folkwang Hochschule studierte und vor fünf Jahren nach Leipzig kam, als Meisterschüler in der Fotografieklasse von Timm Rautert.

    " Der gibt eine klassische Galerieausbildung, es geht auch sehr darum, wie präsentiert man seine Werke, Teil des Studium war auch, Ausstellungen zu machen, es gab da Klassenprojekte, da wurden Bücher rausgebracht, das hat dem einzelnen geholfen, das macht noch keine Stars, die Leipziger Schule, von der man immer spricht ist ja vor allem die Malerei, in der Fotografie schwimmt man erst so langsam mit, und wenn der Name Leipzig fällt, da wird mehr aufgehört."

    Benjamin Rinner ist es schon wie vielen seiner Kommilitonen gegangen: auf dem öffentlichen Rundgang durch die Kunsthochschule HGB, der einmal im Jahr stattfindet und wo alle Studierenden ihre Arbeiten zeigen, wurde prompt eine Fotografie von ihm gekauft. Dass es mit Zeichen, Wundern und dem Hype ewig so weitergeht, glaubt Kathrin Landa nicht.

    " Natürlich, das ist eine gute Starthilfe, das ist ein Trampolin, das einen am Anfang pusht, aber auf lange Sicht kann man wirklich nur bestehen mit seiner Kunst, wenn man weiter gut bleibt und das wird mich in zwanzig Jahren auch nicht weiterbringen, wenn ich sage, dass ich in Leipzig studiert hab. "

    Kathrin Landa und Benjamin Rinner sind nicht wegen des Hypes der Neuen Leipziger Schule in die Stadt gekommen. Inzwischen hat der Leipziger Kunstboom auch einen wahren Bewerberansturm auf die HGB ausgelöst. Mehr als 1.000 Interessenten wollten im letzten Jahr einen Studienplatz, nur 57 konnte die Hochschule aufnehmen.