Dienstag, 19. März 2024

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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk unter Druck
"Der Aufstand der Bürger fehlt"

"Wenn Rundfunksysteme gekapert werden, fangen Demokratien an zu zerfallen", sagte die Medienethikerin Johanna Haberer im Dlf. Das zeigten Länder wie Italien, Ungarn und Polen. Und auch in Deutschland fehle ein Bewusstsein für dieses Problem.

Johanna Haberer im Gespräch mit Brigitte Baetz | 26.02.2018
    Eine Kamera von ARD und ZDF im Deutschen Bundestag
    "Wir haben ein Rundfunksystem nach dem Krieg geschenkt bekommen." (dpa / picture alliance / Daniel Kalker)
    "Wir haben ein Rundfunksystem nach dem Krieg geschenkt bekommen - das ist in der Bevölkerung viel zu wenig bekannt - das darauf angelegt war, demokratische Strukturen abzubilden", betonte Haberer im Interview mit @mediasres. Das damals erhaltene "Mandat" der "Vielstimmigkeit" gelte bis heute.
    Doch sie erlebe etwa im Umgang mit ihren Studenten, dass inzwischen bei vielen Menschen das historische Bewusstsein dafür fehle, "wie dieser Bürgerfunk entstanden ist, für dessen Unabhängigkeit ich als Bürger bezahle".
    Mit der Wiedervereinigung sei ein "Cut" passiert, so Haberer: Man habe es versäumt, der Assoziation eines "Staatsfunks" vieler Ostdeutscher eine "Medienbildung entgegenzusetzen, die erklärt, warum es dieses System braucht".
    Appell des Netzwerks Medienethik
    120 Medienethiker hatten am Wochenende in München eine Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert und dessen Bedeutung für die Demokratie hervorgehoben. "Wir, das Netzwerk Medienethik rufen die Politik und die gesellschaftlich relevanten Gruppen auf, das deutsche duale Rundfunksystem mit dem verfassungsrechtlich tief in der Gesellschaft verankerten öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu verteidigen und zu schützen und damit einen der wichtigsten Faktoren für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken", heißt es in einem nach der Jahrestagung des Netzwerks veröffentlichten Aufruf.
    Johanna Haberer ist seit 2001 Professorin für Christliche Publizistik an der Philosophischen Fakultät und im Fachbereich Theologie an der Uni Erlangen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.