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Ohne Öl kein Asphalt

Straßenbau.- Asphalt besteht aus Bitumen – ein Bindemittel, das die Gesteinskörner in der Straßendecke zusammenhält. Bitumen wiederum entsteht als klebrige Masse aus Erdöl, nachdem die leichtflüchtigen Anteile abdestilliert wurden. Nur leider geht das Erdöl allmählich zur Neige. Und damit sicher auch die Ära der Asphaltierung.

Von Michael Engel | 18.01.2011
    Autofahrer müssen dieser Tage aufpassen, keines der vielen Schlaglöcher zu treffen. Diese Frostschäden mit Asphalt einfach zu verstopfen, ist eine schlechte Lösung, meint Gerhard Riebesehl von der STORIMPEX AsphalTec mit Sitz in Glinde.

    "Deswegen nicht, weil natürlich jedes Loch rundherum Fugen hat – mit Kontakten vom alten Material zum neuen – und natürlich ist dann die Gefahr, dass wieder Feuchtigkeit eintritt, gerade jetzt im Winter, durch Schmelzwasser, durch Streusalz, und dann die Zerstörung weiter voran schreitet. Das ist das Problem."

    Besser – so die Asphaltexperten auf der Tagung in Hannover – sei eine vollkommen neue Asphaltdecke, die für einen hermetischen Abschluss sorgt. Bislang besteht die oberste Asphaltschicht, die sogenannte "Deckschicht" – fast immer nur aus neuem Asphalt, der durch Bitumen aus der Erdölraffinerie und Gesteinen zusammengemischt wird. Recyling, sagt Dr. Friedrich Pass von Eurovia Services Bottrop, schont die Ressourcen. Denn: Bitumen wird allmählich knapp.

    "Durch das Aufstreben der Wirtschaften in der dritten Welt – vor allem im letzten Jahr der Aufstieg Chinas – geht das Mineralöl verstärkt in andere Teile der Welt. Und das fehlt natürlich in Europa. Und daher werden wir mit knappen Ressourcen zu kämpfen haben. Zweiter Punkt ist: Moderne Raffinerien sind heute nicht mehr gezwungen, Bitumen als "Koppelprodukt" mit den Treibstoffen mitzuproduzieren, sondern man kann heute Erdöl zu 100 Prozent zu Weißprodukten also Kraftstoffen umarbeiten, ohne dass Bitumen anfällt."

    In seinen Augen ist eine alte, rissig gewordene Straße ein wertvolles Rohstofflager, das alle wichtigen Komponenten für den Straßenneubau liefern kann. Heute schon beträgt die Recyclingrate rund 80 Prozent, doch der sogenannte "Ausbauasphalt" landet vor allem in der untersten, rund 14 Zentimeter dicken "Tragschicht". Labor-Ingenieur Gerhard Riebesehl experimentierte mit Verjüngungsmitteln, die dem Ausbauasphalt die ursprüngliche Elastizität geben und so auch für die oberen Schichten attraktiv machen:

    "Das Bitumen wird unter Luftsauerstoff und unter UV-Bestrahlung härter und spröder, und man muss diese Ölphase sozusagen wieder auffrischen, um das Bitumen wieder in seinen Ursprungscharakter zurück zu bringen. Öle, native Öle! Es gibt Rapsöle, die funktionieren. Es gibt also einen ganzen Strauss von unterschiedlichen Produkten, die geeignet sind, diesen Alterungsprozess zu reaktivieren."

    Gerhard Riebesehl verwendet Fluxöle aus der Altölraffinerie. Vor wenigen Tagen stellte sein Unternehmen eine 500 Meter lange Teststrecke in Hamburg aus nahezu 100 Prozent Recyclingmaterial fertig. Eine Premiere. Viele Behörden – Auftraggeber Nummer eins im deutschen Straßenbau – setzen dagegen lieber auf bewährte Verfahren und verbieten sogar die Verwendung von Ausbauasphalt. Diese Erfahrung macht auch Martin Diekmann von der Firma Wirtgen aus Windhagen – mit einer neuartigen Maschine:

    "Wir sprechen hier über die strukturelle Instandsetzung von kaputten Straßen. Das heißt, die Maschine ermöglicht es, bis zu 18 Zentimeter tief in den vorhandenen Straßenoberbau einzudringen, das Material zu pulverisieren, mit den benötigten Bindemitteln direkt an Ort und Stelle zu vermischen, also im fahrenden Prozess. Das ist weltweit angewendet worden, diese Technologie, auch schon in Deutschland letztes Jahr auf der B52 in der Nähe von Trier."

    Vorne alt – hinten neu: Vor allem China und die USA setzen auf die Neuentwicklung aus Deutschland. Es gibt aber auch kritische Stimmen: Nynas, ein Asphalt-Unternehmen aus Belgien, warnt davor, dass Risse im Material schlechter verheilen, wenn Recyling-Asphalt zum Einsatz kommt. Normalerweise kann Asphalt solche Schäden bei höheren Straßentemperaturen automatisch ausgleichen. Deswegen, so Nynas, müsse Recyclingasphalt dicker aufgetragen werden. Außerdem sei beim Fräsen der Straße genau darauf zu achten, aus welcher Schicht der Asphalt gewonnen wurde. Werden die Schichten vermischt, taugt das Material nur für die unterste Tragschicht. Vermutlich kann Asphalt sechsmal recycelt werden. Bei einer Lebensdauer von 50 Jahren im Unterbau werden Asphaltstraßen wohl noch in 300 Jahren die Menschheit begleiten, so die Prognose. Was danach kommt, steht in den Sternen.