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Portugiesische Fluggesellschaft wird versteigert

Portugal unterliegt einem harten Sparkurs. Auch die Privatisierung von Staatsunternehmen soll Geld in die klammen Staatskassen spülen. Noch in diesem Jahr will man sich von der Fluggesellschaft TAP trennen. Der einzige bekannte Bieter ist der brasilianische Unternehmer Germán Efromovich.

Von Tilo Wagner | 07.12.2012
    Der Privatisierungsprozess der portugiesischen Fluggesellschaft TAP verlief alles andere als optimal. Obwohl mehrere große europäische Fluggesellschaften, darunter auch die Lufthansa, zu Beginn des Verkaufsverfahrens ihr Interesse bekundet hatten, gibt heute nur ein Investor ein verbindliches Angebot ab: Der brasilianische Unternehmer Germán Efromovich, der seit 1998 Besitzer einer kleinen brasilianischen Fluggesellschaft ist. Sein Mischkonzern Synergy Group, den er 2003 zusammen mit seinem Bruder José gründete, hat in den vergangenen Jahren die marode kolumbianische Fluggesellschaft Avianca und andere südamerikanische Airlines aus Ecuador und Peru übernommen. Mit dem Kauf der TAP will der 62-jährige Unternehmer nun den Schritt in den europäischen Markt wagen:

    "Die TAP ist die beste verfügbare Fluggesellschaft, die zur Zeit zum Verkauf angeboten ist. Die TAP deckt geografisch ein interessantes Gebiet ab, sie ist wie unsere südamerikanische Fluggesellschaft Mitglied der Star Alliance und sie fliegt ähnliche Flugzeuge. Mit der TAP können wir sehr interessante Verbindungen zwischen Südamerika, Europa und Afrika schaffen. Außerdem hat die TAP die richtige Größe. Sie ist nicht zu klein und nicht zu groß."

    Ob Germán Efromovich überhaupt einen einzigen Cent an die portugiesische Regierung überweisen wird, ist bisher unklar. Schließlich würde der brasilianische Unternehmer eine Schuldenlast von rund 1,2 Milliarden Euro für eine Flotte von 71 teilweise überalterten Flugzeugen übernehmen. Efromovich hat bereits Ideen, wie er die Sanierung der TAP finanzieren will:

    "Einen Teil des Unternehmens könnten wir an die Börse bringen, um an frisches Kapital zu kommen. Schließlich müssen wir die Flugzeugflotte modernisieren und auch in andere Bereiche viel Geld investieren."

    Eigentlich dürfen nicht-europäische Investoren laut EU-Regelung nur 49 Prozent einer europäischen Fluggesellschaft besitzen. Doch Efromovich hilft seine Familiengeschichte, um die Marktbeschränkungen der europäischen Luftfahrt zu umgehen. Seine jüdischen Eltern stammten aus Polen und flohen nach dem Zweiten Weltkrieg nach Südamerika . Jetzt hat der Brasilianer einen polnischen Pass beantragt.

    "Das ist kein billiger Kartentrick. Ich bin nach polnischem Staatsbürgerecht ein echter Pole. Und deshalb haben wir auch kein Problem mit den europäischen Regelungen. Denn ich bin Europäer."

    Bis zum Jahresende, also noch in den nächsten Tagen, will die portugiesische Regierung Efromovichs Angebot prüfen. Die Privatisierung ist in Portugal sehr umstritten. Kritiker befürchten, dass viele Flugrouten nach Portugal gestrichen werden, wenn der hoch verschuldete Airliner in die Hände von ausländischen Investoren fällt. Für den Tourismus, der in dem Land am südwestlichen Rand Europas eine große Rolle spielt, hätte das weitreichende negative Folgen. Dem Staat bleibt noch eine Notbremse: Wenn das Projekt von Germán Efromovich die Interessen Portugals nicht ausreichend schützen sollte, kann Lissabon den Privatisierungsprozess jederzeit stoppen.