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Preiswürdige Stromrebellen

Die "Stromrebellen", 650 Bürger, gründeten 1994 die Elektrizitätswerke Schönau und beliefern über 100.000 Haushalte in ganz Deutschland mit Strom. Preiswürdig, fanden die Stifter des Umweltpreises "Goldman Environmental Prize" - heute ist Übergabe in San Francisco.

Von Laura Könsler | 11.04.2011
    Ursula Sladek bringt eigentlich nichts so schnell zu Fall, doch derzeit läuft die kleine zierliche Frau, Mitte 60, an Krücken. Ein Arbeitsunfall erzählt sie, in ihrem Büro der Elektrizitätswerke Schönau. Trotzdem wird sie heute Abend im Opernhaus der kalifornischen Metropole den Preis vor 3000 geladenen Gästen entgegen nehmen, Pressevertreter aus aller Welt werden dabei sein:

    "Das ist der Grund, warum ich, trotzdem ich im Moment ja körperlich durch meinen Beinbruch wirklich nicht richtig fit bin, aber trotzdem zur Preisverleihung fahren möchte, weil ich die Gelegenheit hab, dort sehr viel mit Medien zu sprechen, es ist ne Reihe von Interviews, Fernsehauftritten usw. geplant, unter anderem auch ein Besuch im Kongress, vielleicht werde ich sogar die Gelegenheit haben Herrn Obama persönlich kennen zu lernen, da würde ich dann gern auch etwas zu amerikanischen Energiepolitik sagen."

    Was wird sie sagen? Yes we can?

    "Genau, ... . ich werd sagen, Deutschland hat gezeigt, dass ein Ausstieg aus der Atomenergie geplant werden kann."

    Denn sie und ihre Mitstreiter haben es vorgemacht. Vor 25 Jahren gründete die fünffache Mutter die Initiative "Eltern für eine atomfreie Zukunft". Als Stromrebellen wurden die Schönauer bundesweit bekannt:

    "Das Attribut ist uns von den Medien verliehen worden. Ich denk` das ist liebevoll gemeint, es rührt ein bisschen aus unserer Anfangszeit her, wo wir nach dem Atomunfall von Tschernobyl uns gegen die verkrusteten Strukturen gewehrt haben, die Idee hatten, hier in Schönau das Stromnetz selbst zu übernehmen, damit wir die Rahmenbedingungen für den Einsatz von erneuerbaren Energien oder von Kraftwärmekopplung selbst bestimmen konnten, und weil wir uns durch kein Hindernis haben aufhalten lassen, sind wir dann Rebellen genannt worden."

    Die Rebellion führte zum Erfolg. Ursula Sladek gründete den ersten bürgereigenen Stromnetzbetreiber, die Elektrizitätswerke Schönau. Anfangs waren es 1700 heute sind es mehr als 100.000 Kunden, die von den Schönauern Energie ohne Atom- und Kohlestrom beziehen. Die Nachfrage nach Fukushima wuchs um das Zehnfache. Doch mit Blick auf die Preisverleihung heute Abend in San Francisco betont Ursula Sladek:

    "Das ist ja so ein bisschen ein Preis für ein Lebenswerk. Und, das würde ja fast voraussetzen, ich hätte das schon beendet. Das habe ich natürlich gar nicht! Sondern, wir stehen immer noch mittendrin, die Atomkraftwerke sind noch nicht abgeschaltet und da arbeiten wir noch dran. Deswegen denk ich, hm, für ein Lebenswerk fast ein bisschen früh, auf der anderen Seite sehe ich es natürlich auch als ungeheure Bestätigung unserer Arbeit an, deswegen freue ich mich sehr, sehr darüber."

    Der Goldman Environmental Prize ist mit umgerechnet 100.000 Euro dotiert. Wie sie das Geld verwenden möchte, weiß Ursula Sladek natürlich auch schon:

    "Zuerst einmal muss ich klären lassen, ob ich dafür Steuern bezahlen muss, dann werde ich das Geld sicher in entsprechende ökologische Energieprojekte stecken."

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