Marine Le Pen soll Mitarbeiter mit Geld des Europaparlaments bezahlt haben, obwohl sie gar nicht dort arbeiteten. Paul Larrouturou, ein Reporter des französischen Fernsehmagazins "Quotidien", wollte Le Pen im Anschluss an eine Pressekonferenz dazu eine Frage stellen - und wurde von Sicherheitsleuten gewaltsam aus dem Raum geworfen. Bei der Veranstaltung handelte es sich um den "Salon des entrepreneurs", also einer Ausstellung von Unternehmern.
"Wir wollten nur wissen, ob die Leibwache von Marine Le Pen einen fiktiven Angestellten im EU-Parlament hat oder nicht", schrieb die Redaktion auf Twitter und stellte ein Video des Vorgangs bereit.
Es existiert auch noch ein Video aus einer anderen Perspektive, das der französische Ableger der "Huffington Post" online gestellt hat.
Reporter: Sicherheitsleute handelten auf Anweisung des FN
Florian Philippot, Vizepräsident der rechtsextremen Partei und Vertrauter Le Pens bestritt auf Twitter den Vorwurf, dass es sich bei den aggressiven Sicherheitsleuten um Mitarbeiter des FN handelte.
Nach Angaben der Regionalzeitung "Sud Ouest" soll es sich um Mitarbeiter des Veranstalters gehandelt haben. Der Reporter Paul Larrouturou twitterte später, dass die Sicherheitskräfte der Veranstaltung auf Anweisungen des FN-Sicherheitsdienstes gehandelt hätten. Das belegte er mit Videosequenzen, die er in der Sendung am Mittwochabend darstellte.
Der Veranstalter berief sich "Sud Ouest" zu Folge darauf, dass zu viele Reporter Le Pen bedrängt hätten. Warum aber ausgerechnet Larrouturou als einziger und derart brachial entfernt wurde, kommentierte er nicht.
Skandal kommt für Le Pen vor allem zeitlich ungelegen
Die Debatte über die fiktive Anstellung von Personen auf Kosten des EU-Parlaments kommt für Le Pen zu einer Zeit, in der ihr größter Widersacher im Kampf um die Präsidentschaft nahezu gleichzeitig über eine ähnliche Affäre stolpern könnte - Francois Fillon steht wegen einer möglichen Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau auf Staatskosten unter großem Druck.
Le Pen soll 298.000 Euro unrechtmäßig verwendet haben. Um das Geld zurückzubekommen, wird das Parlament nach Angaben der Sprecherin ab sofort die Hälfte von Le Pens Grundgehalt von knapp 8.500 Euro sowie die Hälfte des Tagegelds etwa für Reisen und Hotels an Sitzungstagen zurückhalten. Eine Pauschale für Büromiete, Computer und Telefonanlagen in Höhe von 4.320 Euro pro Monat wird ab März komplett einbehalten.
Veranstaltungen von Rechtspopulisten für Medien schwierig
Das Verhältnis zwischen dem Reporter und der Sendung des Privatsenders TF1 auf der einen sowie Marine Le Pen und dem Front National auf der anderen Seite gilt allgemeinhin als schwierig. Akkreditierungen für Veranstaltungen der Partei wurden der Sendung mehrfach verweigert.
Erneut diskutiert wird nun das Verständnis von Pressefreiheit in rechtsextremen und rechtspopulistischen Kreisen. Mit kritischen Fragen wollen sich die Vertreter meist ungern auseinandersetzen. So hatte die aus rechten Abgeordneten bestehende EU-Parlamentsfraktion ENF bei einer gemeinsamen Wahlkampfveranstaltung in Koblenz im Januar zunächst zahlreichen ihr unliebsamen Journalisten eine Akkreditierung verweigert. Dazu gehörten deutsche öffentlich-rechtliche Medien, aber auch Vertreter von Tageszeitungen. Einige erhielten später doch Zutritt. Doch verhinderten Mitarbeiter Interviews mit Besuchern der Veranstaltung.
Video aus Trumps Wahlkampf vielfach geteilt
In den USA wird gleichzeitig ein länger zurückliegender, aber ähnlicher Vorfall diskutiert. Am Dienstag wurde ein Video bekannt und in sozialen Netzwerken tausendfach geteilt, das aus Donald Trumps Wahlkampftagen 2015 stammt. Der Journalist Jorge Ramos hatte - offenbar unaufgefordert - eine Frage bei einer Pressekonferenz gestellt, eine Antwort wurde ihm verweigert. Als er weiter auf der Möglichkeit einer Frage bestand, wurde er aus dem Saal befördert. Der Sicherheitsmann sagte dem Reporter: "Hau ab aus meinem Land."
(nch/nin)