Donnerstag, 28. März 2024

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Probewahl in Sachsen-Anhalt
Unbekannte mauern Wahllokal für Migranten zu

Kurz vor einer Probewahl für Migranten haben Unbekannte ein Wahllokal in Halle/Saale zugemauert. Es ist einer von 14 Orten, an denen Menschen ohne deutschen Pass heute zur Probe ihre Stimme für eine Partei abgeben können. Die Abstimmung soll trotz des Vorfalls stattfinden.

11.03.2016
    Das zugemauerte Wahllokal für die Probeabstimmung für Migranten vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt.
    Das zugemauerte Wahllokal für die Probeabstimmung für Migranten vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. (Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e.V.)
    Die Mauer vor dem Wahllokal war mit den Worten "no way" beschriftet, zu Deutsch etwa "Auf keinen Fall". Eine Sprecherin des Landesnetzwerks Migrantenorganisation (Lamsa) sagte dem DLF, sie sei inzwischen abgerissen. In allen Wahllokalen in Sachsen-Anhalt, auch in diesem in Halle/Saale, könne trotz des Vorfalls gewählt werden.
    Die Lamsa-Sprecherin sagte dem Deutschlandfunk: "Wir wissen nicht, wer dahinter steckt. Wir haben Anzeige wegen Sachbeschädigung und versuchter Nötigung erstattet." Die Anzeige wegen Nötigung sei erfolgt, weil es sich bei dem Haus um ein Wohnhaus handle. Eine Polizeisprecherin bestätigte, dass Ermittlungen aufgenommen worden seien. Ob es sich um ein fremdenfeindliches Motiv handelt, konnte noch nicht gesagt werden.
    Sören Herbst, Grünen-Abgeordneter im Landtag von Sachsen-Anhalt, schrieb bei Facebook: "Diese widerwärtige Aktion reiht sich ein in den Marathon der Niedertracht, den wir in Deutschland und Sachsen-Anhalt dieser Tage erleben müssen. Es tut mit leid für all die feinen und klugen Menschen, die auf der Suche nach Schutz oder Arbeit und voller Hoffnungen hierher zu uns gekommen sind."
    Im Rahmen der Landeskampagne "Du bist Politik - Demokratie stärken" zur Landtagswahl 2016 führt das Lamsa das Projekt "Politische Partizipation ohne Wahlzettel" durch. Migranten, die ihren ständigen Wohnsitz in Sachsen-Anhalt haben, aber kein Wahlrecht besitzen, sollten zwei Tage vor der offiziellen Wahl ihre Stimme abgeben können.
    Drohungen bereits im Vorfeld
    Laut Angaben von Lamsa habe das Projekt enorme politische Diskussionen ausgelöst, deren Dimension von Begeisterung bis hin zu harscher Ablehnung und sogar Hass und Gewaltandrohung reiche, erklärte der Geschäftsführer des Lamsa, Mamad Mohamad. Anschuldigungen in den sozialen Netzwerken, hier würde ein Wahlbetrug vorbereitet, wies Mohamad zurück. Es handle sich um ein Teilhabeprojekt, das Menschen, die nicht wählen dürfen, auf die Ausübung ihres zukünftigen Wahlrechts vorbereite.
    (vic/fwa)