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Proteste bei Olympia
"Ist an der Zeit die politische Lebenslüge des Sports zu beenden"

Nach der Fußball-EM ist vor Olympia. Der Politologe Peter Filzmaier glaubt dennoch nicht, dass die Spiele die politischsten Spiele aller Zeiten werden, auch wenn den Sportlern politische Meinungsäußerungen nun eingeschränkt gestattet seien.

Peter Filzmaier im Gespräch mit Matthias Friebe | 18.07.2021
Eine Skulptur im neuen Museum für Afroamerikanische Geschichte zeigt die ikonische Protestgeste der beiden Olympiagewinner Tommie Smith und John Carlos mit erhobener Faust.
Eine Skulptur im neuen Museum für Afroamerikanische Geschichte zeigt die ikonische Protestgeste der beiden Olympiagewinner Tommie Smith und John Carlos mit erhobener Faust. (picture alliance / dpa / Jim Lo Scalzo)
Er glaube nicht, dass die Olympischen Spiele in Tokio die politischsten Spiele aller Zeiten werden, mit Berlin 1936, Moskau 1980 und Los Angeles 1984 habe es schon viel politischere Spiele gegeben, sagte Politikwissenschaftler Peter Filzmaier im Dlf. "Was neu werde kann, ist aber der politische Protest von Sportlern und deren Äußerungen. Und nicht nur wie früher, dass Staaten die Sportbühne für ihre Zwecke nutzen."
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"Olympische Spiele von Beginn an politisch"

Es sei an der Zeit eine politische Lebenslüge des Sports zu beenden, nämlich man hätte mit Politik gar nichts zu tun, sagte der Professor für Politische Kommunikation. "Olympische Spiele hatten ja von Beginn an als Ziel den Frieden, die Völkerverständigung und Anti-Diskriminierung zu fördern", erklärte Filzmaier, dass die Spiele seit Beginn an eine politische Botschaft gehabt hätten. Öffentliche Meinungsäußerungen von Sportlern - auch negative und ungewollte, müsse die Gesellschaft und auch der Sport nun aber aushalten.
Gesten wie der Kniefall gegen Rassismus und Anti-Diskriminierung bei der Fußball-EM seien wichtig, denn solange es Pfiffe aus den Zuschauerrängen gebe, zeige sich ja wie notwendig solche Symbole sind. Es könne mit der Zeit sehr wohl einen Abnutzungseffekt bei solchen Symbolen geben, aber dort sei man im Sport noch lange nicht angekommen, denn solche Meinungsäußerungen seien viel zu lange Zeit unterdrückt worden.
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