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Rabatt für treue Kunden

Seit einigen Monaten kann jeder Gaskunde in Deutschland zu einem anderen Anbieter wechseln. Bundesweit gibt es zumindest einen und in manchen Städten und Regionen sogar schon zwei oder drei alternative Gasanbieter. Damit geraten die bisherigen Platzhirsche unter Druck. Stadtwerke und Regionalversorger müssen sich etwas einfallen lassen, um ihre Gaskunden bei der Stange zu halten. Ganz eigene Wege geht dabei die Erdgas Südsachsen.

Von Theo Geers | 28.09.2007
    "Wer freut sich schon über Wettbewerber. Aber Tatsache ist natürlich: Es ist wirklich ein Zeichen, dass Wettbewerb möglich ist. "

    Wenn Reiner Gebhardt in seinem Dienstwagen in diesen Wochen durch Chemnitz fährt, dann begegnet ihm die Konkurrenz an jeder zweiten Plakatwand.

    "Das ist auch die Realität."
    "Teurer Gasvertrag? Nix wie raus", lautet der Slogan, der den Geschäftsführer von Erdgas Südsachsen nicht unbedingt erfreut. Denn er zielt auch auf diesen Gasversorger ab, der mit Ausnahme der größeren Städte die gesamte Region um Chemnitz und Plauen bis hinunter zur tschechischen Grenze mit Gas versorgt: 360 Mio. Euro Umsatz, 16 Mio. Euro Gewinn, erzielt mit 155.000 Kunden. Umworben sind davon vor allem die 120.000 Vollversorgungskunden, die Erdgas nicht nur zum Kochen, sondern auch zum Heizen einsetzen. Nur ein paar hundert von ihnen sind bisher der Plakatwerbung gefolgt und aus ihren alten Verträgen bei Erdgas Südsachsen ausgestiegen. Darauf ist Rainer Gebhard ziemlich stolz.

    "Wir nehmen der Wettbewerb an und wir bieten unsren Kunden schon seit Jahren Produkte, wo sie wirklich Gasprodukte für sich zugeschnitten wählen können."

    Gebhardt hat den Platzhirschen auf dem südsächsischen Gasmarkt frühzeitig auf den bislang ungewohnten Wettbewerb vorbereitet und damit nicht erst im Februar angefangen, als der neue Konkurrent antrat. Neben einem Festpreistarif, der den Kunden ein Jahr lang vor Gaspreiserhöhungen schützt, hat vor allem der Treuetarif bei den Südsachsen eingeschlagen. Vor drei Jahren kam er auf den Markt, damals wie heute ein bundesweit einmaliges Angebot:

    "Ein Kunde schießt einen Vertrag ab über zwei Jahre und kriegt anfänglich zwei Prozent Rabatt. Bleibt er das dritte Jahr, kriegt er drei Prozent Rabatt, im vierten Jahr 4 Prozent und dann maximal 5 Prozent. Das heißt: Jedes Jahr, das er länger bleibt, kriegt er einen besseren Preis."

    Und dieser Preis ist schon im ersten Treuejahr so niedrig, dass die Erdgas Südsachsen damit den neuen Konkurrent in Schach halten kann, der nicht nur Chemnitz und Umgebung zuplakatiert. 25.000 Kunden haben sich für den Treuetarif entschieden und das für mindestens zwei Jahre. Weitere 25.000 wurden für den Festpreistarif gewonnen. Mit anderen Worten: Fast die Hälfte der wichtigen 120.000 Vollversorgungskunden kann im Moment gar nicht wechseln. Sie hat der Regionalversorger mit attraktiven Tarifen an sich gebunden. Tarife, die es aber auch nur gibt, weil es Wettbewerber gibt und Reiner Gebhardts Team sich etwas einfallen lassen musste, um den Kundenschwund zu begrenzen. Neben den Tarifen ist das vor allem die Strategie, konsequent auf Südsachsen zu setzen.

    "Die Regionalität ist für uns als Erdgas Südsachsen das A und O. Wir können hier keine Stahlrohre kaufen, aber alles andere fließt hier sofort wieder zurück in die Region. Das sind Löhne, Sozialabgaben, Konzessionsabgaben, das ist der Gewinn. Bauaufträge gehen ausschließlich an regionale Firmen. Da legen wir ganz großen Wert drauf. Wir haben die letzten 15 Jahre 850 Mio. Euro investiert, das ist alles an regionale Firmen hier in der Region geflossen."
    Engagement für die Region heißt automatisch auch: Engagement für die Menschen. Das zeigt sich bei Colortextil im nahen Frankenberg. Der Textildruck-Spezialist ist Kunde von Erdgas Südsachsen, doch die beiden Unternehmen verbindet noch etwas anderes: Colortextil bildet Lehrlinge aus und bezahlt werden diese Lehrstellen von Erdgas Südsachsen. Oft sind es dabei die schwierigen Fälle wie der von Nancy Soward. Die zierliche 22-Jährige hatte das Pech, ihre Ausbildung zuerst in einem Unternehmen zu beginnen, das Pleite ging, und sie hatte das Glück, diese Ausbildung dann bei Colortextil fortsetzen zu können:
    "Als Drews uns gesagt hat, dass es vorbei ist, wurde mir schon mulmig. Ich bin nicht mehr die jüngste sag ich mal und wollte endlich mal meine Lehre abschließen und dann erfährt man so was. Und da war ich natürlich sehr glücklich dass es Firmen gibt die sich dafür einsetzen, dass man seine Lehre zu Ende machen kann."
    Gut dreißig solcher Ausbildungspatenschaften hat die Erdgas Südsachsen inzwischen übernommen. Und es könnten noch ein paar mehr werden, auch wenn die Wirkung dieses Engagements nur schwer einschätzbar ist, räumt Reiner Gebhardt ein:

    "Ich glaube dass man das nicht unbedingt messen kann ob ein Kunde bei uns bleibt oder nicht bei uns bleibt. Ich glaube dass regionales Engagement ein Image ist, dass man aufbauen muss und dass Image auch hilft bei der Kundenbindung."
    Reiner Gebhardt sieht denn auch dem 1. Dezember gelassen entgegen. Dann geht zum einen zwar schon der zweite Konkurrent auf dem südsächsischen Gasmarkt auf Kundenfang, aber Reiner Gebhard wildert dann mit einem eigenen Tochterunternehmen, dem Energiestern, in dessen Revier:

    "Mit unserem Energiestern werden wir ab dem 1. Dezember zumindest in den neuen Ländern auch im Haushaltsbereich Gas anbieten. Wir werden bundesweit die ersten Ladenketten beliefern, haben da auch schon die ersten Anfragen, und wir werden sicher im ersten Halbjahr 2008 auch auf dem Strommarkt tätig sein."