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Radiolexikon Bluthochdruck

Jeder fünfte Deutsche hat einen zu hohen Blutdruck. Doch viele Menschen wissen nicht, dass ihre Werte zu hoch sind. Da ein hoher Blutdruck oft keine Beschwerden macht, bleibt er oft lange unentdeckt.

Von Renate Rutta | 13.01.2009
    "Gemerkt hab ich es dadurch, dass ich, wenn ich geschäftlich sehr stark unterwegs bin oder ein bisschen im Stress war, dass ich einen hochroten Kopf gekriegt habe zum Beispiel oder Schweißausbruch, das waren eigentlich die ersten Anzeichen und dann bin ich zum Arzt gegangen und der hat gesagt: Hoppla, hoher Blutdruck."
    Götz Römmelt, 47 Jahre alt, sitzt auf einem Fahrradergometer in einem Trainingsstudio in Köln. Er hat sich gerade einige Minuten aufgewärmt.

    "Ich fahr Fahrrad, eine halbe Stunde, bei einer gewissen Drehzahl und mit einer Pulsfrequenz von zirka 130. Ich mache dieses Programm seit zirka acht Wochen. Die ersten Tendenzen sind schon da, man hat ein bisschen abgenommen und der Blutdruck zuhause, wenn ich mal zuhause messe, ist schon einige Punkte runtergegangen."
    Jeder fünfte Deutsche hat einen zu hohen Blutdruck, eine Hypertonie. Doch viele wissen nicht, dass ihre Werte zu hoch sind. Weil ein hoher Blutdruck anfangs oft keine Beschwerden macht, bleibt er bei vielen lange unentdeckt. Professor Hans-Georg Predel, Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule in Köln:

    "Es gibt nach vorsichtigen Schätzungen in Deutschland 18, vielleicht sogar 20 Millionen Menschen mit behandlungsbedürftigem Bluthochdruck und davon weiß grade mal die Hälfte um diese Situation."
    Der ideale Blutdruck liegt bei 120 zu 80 mm Hg, 120 ist dabei der obere oder systolische Wert und 80 ist der untere oder diastolische Wert. Der sogenannte normale Blutdruck reicht bis 130 zu 85 mm Hg. Schon ein Wert zwischen 130 und 139 zu 85 bis 89 mm Hg kann gesundheitliche Schäden verursachen.

    "Wenn bei wiederholten Messungen und wichtig ist an beiden Oberarmen beim ersten Mal zu messen, der Wert an einem Arm oder an beiden über 140 beziehungsweise 90 mm Hg liegt, dann ist der Verdacht auf Hypertonie naheliegend. Wir empfehlen, dass die Diagnose gesichert wird durch eine anschließende sogenannte 24 Stunden ambulante Blutdruckmessung. Das ist ein computergestütztes Messverfahren, das in 30 bis 60-minütigen Abständen den Blutdruck kontinuierlich misst über 24 Stunden. Liegt dann der Tagesmittelwert über 135 zu 85 mm Hg, dann ist die Diagnose arterielle Hypertonie gesichert."
    Steht fest, dass der Blutdruck zu hoch ist, muss nach den Ursachen gesucht werden. In der Mehrzahl der Fälle finden sich keine organischen Ursachen. Ärzte nennen diese Form "primäre Hypertonie". Folgende Risikofaktoren begünstigen einen Bluthochdruck: eine familiäre Neigung zu erhöhtem Blutdruck, Übergewicht, Bewegungsmangel, Stress, hoher Salzverzehr, Rauchen und viel Alkohol.

    Die "sekundäre Hypertonie" dagegen ist Folge einer anderen Erkrankung. Sie ist bei etwa zehn Prozent der Patienten Ursache für den Bluthochdruck. Am häufigsten sind Erkrankungen der Niere, der Nebenniere oder der Schilddrüse für diese Form des hohen Blutdrucks verantwortlich. Mit der Behandlung der Krankheit reguliert sich auch der erhöhte Blutdruck wieder.

    "Unser Gefäßsystem ist auf Dauer nicht dafür ausgelegt, hohe Blutdruckwerte zu tolerieren, das heißt es kommt zu Umbauvorgängen im Gefäßsystem, die Dicke der Gefäße nimmt zu und schließlich werden Arteriosklerosevorgänge in Gang gesetzt und das im gesamten Körper."
    Ab dem fünfzigsten Lebensjahr hat fast jeder Zweite zu hohe Blutdruckwerte. Das schädigt im Laufe der Zeit die Gefäße.

    Einige Organe reagieren besonders kritisch auf einen erhöhten Blutdruck in den Gefäßen. Das sind neben dem Herzen die Nieren, die Augen und das Gehirn. Prof. Predel:
    Im Bereich des Herzens kommt es zu einer Verdickung der Herzwände, zu einer Schädigung der Herzkranzgefäße, das heißt also zunächst einmal die sogenannte koronare Herzkrankheit dann bis hin zum Herzinfarkt. Aber auch Herzmuskelschwäche, chronische Herzinsuffizienz genannt, oder auch das Risiko gefährlicher Herz-Rhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod aufgrund von Kammerflimmern können Folgen der krankhaften Wandverdickung im Zuge hohen Blutdrucks sein.
    Den Nieren droht ebenfalls Gefahr: Stehen die empfindlichen Blutgefäße des Organs dauernd unter hohem Druck, dann kann die Filterfunktion der Nieren gefährlich eingeschränkt werden, sodass eine Dialyse notwendig werden kann.

    Außer den Nieren leiden auch die Augen unter Bluthochdruck. Relativ unbekannt ist, dass die kleinen Blutgefäße im Auge langfristig durch zu hohen Blutdruck so geschädigt werden können, dass der Sehnerv abstirbt. Auch das Risiko für ein Glaukom, den Grünen Star, steigt.

    "Nicht zu vernachlässigen die Folgen auf die Augen, die sogenannte hypertensive Retinopathie. Viel zu wenig bekannt die Wechselwirkung mit dem Glaukom, dem erhöhten Augen-Innendruck, in Kombination mit einem schlecht eingestellten Blutdruck ganz verhängnisvoll."

    Viele kennen den Schlaganfall als Folge von hohem Blutdruck. Tatsächlich ist Bluthochdruck immer noch Risikofaktor Nummer eins für einen Schlaganfall und sollte keinesfalls unterschätzt werden.

    Weniger bekannt sind die weiteren Folgen auf das Gehirn:

    "Die Konsequenzen für die sogenannte kognitive Funktion des Hirns, also Denkleistungen wie Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, Merkfähigkeit, das heißt also milde bis an die Demenz reichende Funktionsstörungen, die bereits bei normalen Formen von erhöhtem Blutdruck auftreten und die sehr gut korrigierbar sind mit einer konsequenten Bluthochdrucktherapie."
    So wie Götz Römmelt versucht auch die 47-jährige Ulla Lachmann, ihrem erhöhten Blutdruck mit sportlichem Training zuleibe zu rücken. Sie macht Ausdauer- und Krafttraining an verschiedenen Geräten:

    "Ich hatte eigentlich immer normalen Blutdruck und jetzt seit zwei Jahren hat sich der erhöht, war ich etwas überrascht, war halt so. Man hat mir erst Betablocker verschrieben mal und ich habe mir vorgenommen, es erstmal anderweitig in den Griff zu bekommen, weil ich denke, das ist für mich erstmal eine gute Lösung, Sport zu machen."

    Predel: "Die Therapie der Hypertonie basiert im Wesentlichen auf zwei Säulen: die sogenannte nicht-medikamentösen Maßnahmen, also Lebensstiländerungen im Wesentlichen und die medikamentösen Maßnahmen. Die Lebensstiländerung sind insbesondere Gewichtsreduktion und Steigerung der körperlichen Aktivität, Verzicht auf Zusalzen, Verzicht aufs Rauchen und wenn man dauerhaft zuviel Alkohol trinkt, Reduktion von Alkohol."
    Sehr effektiv für die Bekämpfung des hohen Blutdrucks ist es, wenn man sich mehr bewegt und wenn man abnimmt.

    "Als Faustformel kann man sagen: Pro Kilo Gewichtsreduktion nimmt der Blutdruck um zwei bis drei mm Hg systolisch und ein bis zwei mm Hg diastolisch ab. Also eine Gewichtsabnahme von zehn Kilo bei jemandem, der ein erhöhtes Körpergewicht mit sich bringt, ist eine hocheffektive blutdrucksenkende Maßnahme."
    Bei Götz Römmelt hat es schon funktioniert: Nach acht Wochen Training hat er abgenommen und sein Blutdruck ist gesunken. Auch Ulla Lachmann trainiert dreimal die Woche je eine Stunde. Sie ist noch nicht so lange dabei. Aber auch sie spürt schon die ersten Auswirkungen der sportlichen Betätigung:

    "Also ich fühl mich körperlich fitter, also es ist schon ein tolles Gefühl hinterher, also ich merke schon einen gravierenden Unterschied zu meinem Körpergefühl vorher."
    Gut geeignet sind Sport und mehr Bewegung im Alltag für alle, die einen leicht erhöhten Blutdruck haben. Bei stark erhöhtem Blutdruck über 180 zu 110 mm Hg sollte man zuerst den Blutdruck mit Medikamenten absenken, bevor es an die sportliche Betätigung geht. Dann sind Walking, Nordic Walking, Fahrrad fahren, Schwimmen und auch Joggen - mit gewissen Vorbehalten bei Übergewichtigen - ideal, um den Blutdruck zu senken. Davor sollte man sich vom Arzt untersuchen lassen.

    Ein Belastungs-EKG gehört dazu. Auf dessen Basis lässt sich eine individuelle Trainingsherzfrequenz für den Patienten ableiten. Wirksam wird das Training für den Bluthochdruck erst, wenn es dauerhaft ausgeführt wird zwei- bis dreimal pro Woche.

    Genauso wie beim Sport ist auch bei einer Behandlung mit Medikamenten wichtig, dass man sie regelmäßig und dauernd einnimmt.

    "Die medikamentöse Therapie greift im wesentlichen auf fünf Wirkstoffgruppen zurück. Das sind in chronologischer Reihenfolge die Diuretika, die Betarezeptorenblocker, Kalzium-Antagonisten, ACE-Hemmstoffe und AT-I-Antagonisten. Diese greifen an unterschiedlichen Regulationspunkten des Blutdrucks im Organismus an, haben etwa vergleichbare blutdrucksenkende Wirksamkeit und lassen sich in verschiedenen Kombinationsstrategien zusammenführen, denn in der täglichen Bluthochdrucktherapie brauchen wir oft mehr als nur ein Medikament, sondern häufig Zweier- oder Dreierkombinationen, da kann man sich die unterschiedlichen Ansatzpunkte zunutze machen, dass man hier möglichst effektive Paare zusammenstellt."