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Radiolexikon Gesundheit: Akne

Pickel im Gesicht, Pickel auf dem Rücken, Pickel am Dekolleté, die kleinen roten oder dicken gelben Entzündungen sind für Jugendliche ein Graus. Allerdings ein weit verbreiteter: 80 Prozent aller Menschen leiden in ihrem Leben zeitweise an Akne, manche in ihrer milden Form mit einigen wenigen Pickelchen, andere dagegen haben schwere Entzündungen.

Von Mirko Smiljanic | 28.11.2006
    Samstagabend, zwischen Himmel und Hölle liegt für Jugendliche nur ein kleiner Pickel.

    "Jedes Mal, wenn ich in die Diskothek wollte oder auf eine Party, stellte sich grundsätzliche heraus, dass sich irgendwo, sei es nun auf der Nase oder am Munde, auf jeden Fall besonders gut sichtbar, ein Pickel bildete, manchmal auch mehrere,..."

    Was mittags noch klein und blass war – erinnert sich die 25-jährige Ann-Kathrin Hintz – hatte sich binnen weniger Stunden zu einem roten Knoten entwickelt.

    "…was mich zwar nicht von dem Abend abgehalten hat, was mich aber wieder beeinflusst hat, dass ich mich neu schminken musste und noch mal nachgucken musste und zwischendurch noch mal nachschminken musste und der ganz Abend von vornherein beeinflusst war."

    Negativ natürlich, wer geht schon gerne mit Pickeln im Gesicht auf eine Party?!

    "Los ging das schon in der Pubertät, ich würde mal sagen so mit 13, 14, es war dann mal schlimmer, mal weniger schlimm, äußerte sich in allen möglichen Formen und wurde richtig schlimm so zwischen 21 und 23, warum auch immer, und dann wurde es richtig behandelt."

    Pickel im Gesicht, Pickel auf dem Rücken, Pickel am Dekolleté – kleine rote, dicke gelbe, ausgedrückt natürlich blutig, ein Elend! Allerdings ein weit verbreitetes: 80 Prozent aller Menschen leiden in ihrem Leben zeitweise an Akne, manche in ihrer milden Form mit einigen wenigen Pickelchen, andere dagegen haben schwere Entzündungen. Akne tritt gehäuft bei Jugendlichen auf, wobei Mädchen und Jungen gleichermaßen betroffen sind, kritisch wird es für Frauen noch mal ab 30.

    " Akne ist ganz einfach gesagt eine Entzündung von Talgdrüsen durch unterschiedliche Ursachen auslösbar,... "

    …erläutert Dr. Melitta Löwenstein, Dermatologin an der Universitätshautklinik Köln.

    " …dazu gehören hormonelle Ursachen, familiäre Belastungen, wenn jemand in der Familie schwerer Akne hatte, in ein ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinderakte bekommen wesentlich höher. "

    Ohne Talg keine Akne! Was jeder Aknepatient an sich selber sehen kann: Die Pickel blühen im Gesicht, auf dem Rücken und am Dekolleté. Dort gibt es viele Talgdrüsen, die gemeinsam mit dem Schweiß die oberste Zellschicht der Haut mit einem Wasser-Fett-Film überziehen. Beine und Arme, Füße und Hände dagegen sind nur sehr selten von Akne betroffen, es gibt dort kaum Talgdrüsen. Normalerweise bildet der Säuremantel ein ausgeglichenes Milieu – aber was ist schon normal in der Pubertät?!

    "In der Pubertät beginnt es mit Hormonumstellungen, so dass man plötzlich vermehrt Tag produziert. Talg ist ja Fett, in Fett vermehren sich Bakterien wesentlich schneller, es ist ja Nährboden für die Bakterien, die hat man auch vor der Pubertät, nur durch die Bakterien entstehen ungesättigter Fettsäuren oder freie Fettsäuren, das sind Fettsäuren, die toxische für die Haut wirken, so dass es letztendlich zur Entzündung kommt."

    Es wird vermehrt Talg produziert, Talgdrüsen verstopfen, Bakterien vermehren sich im Talg, als Abbauprodukte entstehen giftige Fettsäuren – und schon haben die Pickel frei Bahn.

    "Man kann in der Pubertät anfangen mit ganz einfachen Formen, die meisten bekommen zuerst Komedonen, also Mitesser, das sind verstopfte Talgdrüsen, da sieht man, dass die Haut ein Reibeisenphänomen entwickelt, sie wird rau, wenn man jetzt anfängt zu drücken, kann es zu Pustel kommen, das ist die Acne pustulosa und die ganz schweren Formen verlaufen mit generalisierter Erkrankung, so dass sich fast alle Talgdrüsen entzünden, dass es knotig wird, dass es weh tut, dass die Patienten teilweise Fieber haben und abgeschlagen sind."

    Akne ist eine Krankheit und muss vom Arzt behandelt werden, nicht nur die schweren Formen! Darauf weisen Mediziner immer wieder hin – in vielen Fällen leider vergebens. Pickel ausdrücken – Hautärzte bitte mal weghören – macht auch Spaß.


    " (Lacht) Ich glaub, dass tut jeder, dass kann man nicht lassen, das ist Problem bei der ganzen Sache, auch wenn die Hautärztin jedes Mal gesagt hat, Finger weg, weil die Bakterien, die an den Fingern sind, die ganze Sache noch schlimmer machen, man hat es einfach nicht gelassen. "

    Und noch etwas konnte Ann-Kathrin Hintz nicht lassen: Pickel sind hässlich und müssen weg! Und weg heißt: Man soll sie nicht sehen!

    "Damals gab es ja das gute Puder, und wir haben uns dann immer ganz gut mit Puder abgeschminkt und gedacht, das würde gut aussehen, jetzt im Nachhinein, wenn ich jetzt so Mädchen sehe, die sich so zuschminken, sieht das ganz schlimm aus, wenn darunter die Pickel sind, aber damals fanden wir das noch schön,… "

    …auch wenn unter der luftdicht abgeschlossenen Puderschicht die Pustel optimale Wachstumsbedingen hatten und dadurch erst richtig aufblühten.

    "Man fängt mit der mildesten Form an – das ist so eine Stufentherapie – eine milde Reinigung der Haut, Präparate, die so ein bisschen gegen Bakterien wirken, früher hat man Wasserstoffperoxyd angewendet, ob als Waschsubstanz, Creme oder Lösung, man hat auch mittlerweile sehr gute Lösungen entwickelt mit Antibiotikum und Alkohol, aber man vermeidet heute allzu aggressiv zu arbeiten, das ist meistens ausreichend. Was jetzt modern ist, das ist Fruchtsäuretherapie, Fruchtsäure macht die oberste Schicht von der Haut weich, so dass die Talgdrüsen sich nicht mehr richtig verstopfen können. Kosmetische Komedonentfernung durch eine Kosmetikerin, die so genannte Akne-Toilette, ist auch gut, wenn das nicht mehr reicht, wenn man mit lokalen Mitteln nicht mehr zurecht kommt, gibt es Antibiotika in Tablettenform oder Vitamin-A-Säure."

    Viel waschen hilft übrigens gar nichts! Dadurch gerät nur die natürliche Schutzschicht der Haut aus ihrem chemischen Gleichgewicht. Gleiches gilt für die immer wieder diskutierte Frage, welchen Einfluss die Ernährung auf Akne hat. Wenig Süßes plus wenig Fett gleich wenige Pickel? Ann-Kathrin Hintz kann das nicht bestätigen.

    " Ich glaube, ich hätte nie Pickel haben dürfen in dieser Familie, so wie wir ernährt worden sind, weil es sehr gesundes Essen und Trinken gab, keine Cola, keine Chips, keine Schokolade, also wenig Schokolade, es gab sehr wenig, ich habe mir auch wenig gekauft und ich denke, dass kam vom Körper. "

    Und die Hautärztin Melitta Löwenstein von der Universitätsklinik Köln legt nach.

    "Die Amerikaner haben eine sehr große Studie heraus gebracht, wo sie über 3000 Patienten untersucht haben. Die eine Hälfte durfte alles essen – mit Schokolade – die andere Hälfte musste eine bestimmte Diät halten und wir haben keine signifakten Ergebnisse gesehen. Aber es gibt eben die Erfahrungen aus der Praxis: Wenn man Schokolade weglässt, wenn man auf gesunde Ernährung achtet mit viel Obst und Gemüse, dass die Haut auch besser wird. "

    Ob gesunde Ernährung Pickel verschwinden lässt, weiß niemand so genau – der Figur tut’s es auf jeden Fall gut, was für Jugendliche ja schon ein Wert an sich ist. Vorsicht ist auch eine andere Therapieform geboten: Sonne hilft, birgt aber auch Risiken.

    "Licht wirkt insgesamt immunsuprimierend, so dass die Entzündungsreaktion zurück geht, das ist das eine; das andere ist, dass Akne-Bakterien, die produzieren Pofyrine, das sind Substanzen, die durch Licht zerstört werden. Deswegen ist die Wirkung von Sonne sehr gut. Andererseits muss man sehen, dass, wenn Patienten mit Akne, mit entzündlichen Knoten in die Sonne gehen, es zu Pigmentverschiebungen kommt."

    . Die Haut um den Pickel ist dunkler, der Körper wirkt in schlimmen Fällen gesprenkelt – was sich im Urlaub auch nicht gerade gut macht! Gut machen sich auch nicht Narben, zumal sie häufig gut sichtbar im Gesicht zurückbleiben.

    " Das sind Fälle, wo die Patienten entweder zu spät zum Arzt kommen oder eine Form haben, wo die Akne plötzlich explodiert. Da wissen wir noch nicht Ursache. Zuerst behandelt man die entzündlichen Prozesse, das ist sehr wichtig und die Narben die übrig bleiben, da gibt es mittlerweile die Möglichkeit einer mechanischen Abragung der obersten Schicht der Haut oder Lasertherapie. "

    Eine Frage ist noch nicht beantwortet: Warum blühen Pickel auf, wenn man sie nun wirklich nicht braucht? Vor dem Date, vor der Party, vor dem Diskobesuch.

    "Ich sage mal, die Hormone drehen durch! (Lacht) Das ist eine Phase, ob man zur Disko geht oder nicht, das tagesabhängig, das ist hormonabhängig, die Phase, ja, da muss man Augen zu und durch!"

    Und vielleicht hilft ja noch dieser Hinweis: Wer als Teenager Akne hatte, leidet später mit geringerer Wahrscheinlichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das zumindest ist das Ergebnis einer britischen Studie. Und im Übrigen sollte man es sehen wir Ann-Kathrin Hintz.

    "Ich denke, eingeschränkt gefühlt habe ich mich, wenn die Schübe besonders schlimm waren und wenn ich mich selber gar nicht mehr wohl gefühlt habe, aber wenn ich nur ein paar wenige Pickel im Gesicht hatte, dann war ich schon in der Lage, das mit einfach ein bisschen vorhandenem Selbstbewusstsein dieses Problem zu übergehen – und das mit den Jungs hat, das hat trotzdem funktioniert, die waren jetzt nicht abgeneigt deswegen!"