Samstag, 20. April 2024

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Radschnellwege in NRW
Verkehrsclub: "Fahrradfahrer werden gerne übersehen"

Radwege auf bestimmten Strecken in NRW sollen zu "Radschnellwegen" ausgebaut werden, um Innenstädte von Emissionen durch Pendlerautos zu entlasteten. Anika Meenken vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) meint, ein Radschnellweg sollte möglichst vom Autoverkehr getrennt verlaufen und mindestens vier Meter breit sein.

Anika Meenken im Gespräch mit Britte Fecke | 20.11.2013
    Britta Fecke: Eine Möglichkeit, die Städte von Verkehrsemissionen zu entlasten, wären besser ausgebaute Radwege, und in diese Richtung hat auch das dicht besiedelte Land Nordrhein-Westfalen gedacht. In einer Stunde wird in Düsseldorf bekannt gegeben, welche Strecken als Radschnellwege ausgebaut werden sollen. Im Wettbewerb steht unter anderem eine Verbindung in Ostwestfalen, von Herford über Bad Oeynhausen nach Minden, aber auch Radschnellwege von den sogenannten Schlafstädten im Umland in die Zentren von Köln und Düsseldorf. – Ich bin jetzt verbunden mit Anika Meenken vom Verkehrsclub Deutschland, kurz VCD. Frau Meenken, wie müsste denn solch ein Radweg aussehen, damit ein Pendler vom Auto aufs Rad umsteigt?
    Anika Meenken: So ein Radschnellweg sollte natürlich auf verkehrsreichen Straßen möglichst getrennt vom Autoverkehr geführt werden. Er braucht natürlich auch genügend Platz. Man geht ja auch von größeren Geschwindigkeiten auf solchen Schnellwegen aus, durch E-Räder zum Beispiel. Sprich der sollte vier Meter breit sein, wenn er in zwei Richtungen geht, gerne auch sechs Meter, so dass man in beide Richtungen drei Meter Platz hat. Das wäre optimal.
    Fecke: Bei drei Metern oder sechs Metern, wie viele Räder sind dann nebeneinander? Wie kann man sich überholen?
    Meenken: Da würde ich sagen, drei Räder könnten da, wenn das normale Räder sind. Wenn das jetzt natürlich mit Anhänger ein Lastenrad ist, wären es weniger. Aber drei Räder, das kommt hin. Ebenmäßiger Belag ist natürlich auch wichtig. Das sollte Beton sein, keine ungesicherten Querungen, das sind alles solche Merkmale. Wenig Kreuzungen, oder wenn Kreuzungen, dann wäre es schön, wenn das vielleicht mit einer Ampel versehen ist. Dann sollten die Fahrradfahrer auch Vorfahrt haben, grüne Welle wäre hier ein Stichwort.
    Fecke: In welcher Größenordnung wäre das denn eine mögliche Entlastung für die Ballungsgebiete, wenn viel mehr Menschen nicht mit ihrem SUV oder meinetwegen einem umweltfreundlicheren Auto im Stau ständen, sondern mit dem Fahrrad kämen?
    Meenken: Ich kenne Zahlen, die sagen, dass 50 Prozent der Arbeitswege in Deutschland unter zehn Kilometer sind. Das wären jetzt also nicht diese klassischen Pendlerwege für die Radschnellwege. Ich glaube, 75 Prozent wären das dann, die sie sind unter 25 Kilometer. Darunter würden dann ja auch die interessanten Regionen für die Radschnellwege fallen. Das heißt, wenn man jetzt davon ausgeht, dass man durch E-Räder auch gut Strecken bis 15 Kilometer verlagern kann, ist das natürlich ein enormes Potenzial. Noch mal: 75 Prozent der Wege unter 25 Kilometer und davon sind dann 15 Kilometer mit dem E-Rad möglich. Da sieht man, wie viel man dann tatsächlich verlagern kann.
    75 Prozent der Arbeitswege sind kürzer als 25 Kilometer
    Fecke: Das bedeutet dann weniger Emissionen in der Stadt, weniger Stau in der Stadt. Welche Vorzüge gäbe es noch?
    Meenken: Natürlich der Lärmfaktor. Ein Fahrrad ist ja auch sehr viel leiser. Ein Fahrrad verbraucht auch weniger Platz. sprich die Parkplatzsituation würde sich entspannen. Es sollte dann auch mehr Platz natürlich sein für andere. Man kann die Stadt ja auch ganz anders gestalten, wenn wirklich weniger Parkraum benötigt wird.
    Fecke: Das wäre nämlich jetzt die nächste Frage. Selbst wenn diese Schnellwege relativ optimal von den weniger bebauten Gebieten in die Ballungsgebiete führen, wie müsste denn so eine Stadt wie Düsseldorf oder Köln aussehen, um dieses Mehr an Fahrradfahrern gut aufzunehmen?
    Möglichst durchgängiges Radwegenetz
    Meenken: Es ist ja auch immer eine Frage der Sicherheit, dass Menschen aufs Rad steigen, und Sicherheit hat dann immer viel auch mit Infrastruktur zu tun. Ich denke, das ist das, was Sie ansprechen. Das heißt, wir sprechen bei den Radwegen immer gerne von einem Netz, dieses Netz sollte durchgängig sein. Das heißt, man kommt von A nach B, ohne an einer gefährlichen Straße lang zu müssen. Das ist in sich geschlossen und auch leicht begreifbar. Das heißt, das ist intuitiv zu verstehen. Man muss jetzt nicht irgendwie von einer Seite kommen, dann endet da ein Fahrradweg irgendwo im Nirgendwo, sondern es sollte durchgängig sein. Und es ist natürlich auch wichtig: Der VCD plädiert immer dafür, 30 km/h innerorts einzuführen als Richtgeschwindigkeit. Das heißt, dann kann der Fahrradverkehr auf der Straße geführt werden, mit Fahrradstreifen, dass der sichtbar ist, weil die Sichtbarkeit ist oft das Problem, denn Fahrradfahrer werden gerne übersehen. Das sind ja die häufigsten Konfliktpunkte zwischen Auto- und Fahrradfahrer, zum Beispiel diese typischen Rechtsabbieger-Unfälle, und wenn Fahrradfahrer direkt sichtbar sind, im Straßenverkehr, sich also auf der Straße mit aufhalten dürfen, oder auch diese vorgestellten Flächen an der Ampel haben.
    Fecke: Vielen Dank für diese Einschätzungen. - Rauf aufs Rad - die geplanten und demnächst ausgebauten Radschnellwege, darüber sprach ich mit Anika Meenken vom Verkehrsclub Deutschland.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.