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Raumfahrtprojekt
Zum Mars - und nicht wieder zurück

Raumfahrt. - Als die private Stiftung Mars One im vergangenen Jahr nach Freiwilligen für einen Flug zum Mars suchte, meldeten sich rund 200.000. Wohl wissend, dass es keinen Rückflug geben soll. Mars One verzichtet auf den Rückflug, weil das billiger ist. Fünf Milliarden Euro soll es kosten, die ersten sechs Astronauten auf den Mars zu befördern. Ein Bruchteil des Betrags, den man für einen Hin und Rückflug aufbringen müsste, allerdings immer noch viel Geld. Die Mission soll durch den Verkauf von Fernsehrechten finanziert werden. Anfang Juni gab Mars One eine Kooperation mit Endemol bekannt, den Erfindern von Big Brother. Der Medienkonzern soll nun die Auswahl der Astronauten begleiten.

Von Max Rauner | 20.06.2014
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    Blick auf eine Marslandschaft mit den Fahrspuren des US-Rovers Curiosity in Vorder- und Mittelgrund. (Nasa)
    Christopher Vasko wirkt nicht wie jemand, der in ein paar Jahren Selbstmord begehen möchte. Der Österreicher promoviert an der Universität Eindhoven und steht gut gelaunt am Rande einer Raumfahrtkonferenz im niederländischen Noordwijk. Und doch hat er sich etwas vorgenommen, das Kritiker für ein Himmelfahrtskommando halten. Vasko möchte mit der privaten Stiftung Mars One zum roten Planeten fliegen. Ohne Rückflugticket.
    "Ich denke, Mars One is der erste Schritt zu einer konkreten Besiedlung unseres Sonnensystems. One way ticket ist jetzt nicht unbedingt das, was ich mir darunter vorgestellt habe. Jemanden hinzuschicken ohne Möglichkeit zurückzukommen ist vielleicht grausam und man kann sich ethisch überlegen, ob das gut ist, aber rein technisch ist es näher an der Realität als jemanden hin und wieder zurück zubringen."
    Christopher Vasko ist einer von 700 Kandidaten in der engeren Auswahl. Im Jahr 2024 soll es losgehen. Sechs Astronauten sollen nach einer 200-tägigen Reise die Basisstation aufbauen, 18 weitere Siedler sollen folgen. So jedenfalls stellt sich das der niederländische Raumfahrtexperte Arno Wielders vor. Er ist er einer der beiden Gründer von Mars One.
    "In unserer Mission lassen wir, erstens, ein paar Raumfähren ohne Menschen landen. Auf diese Weise testen wir den Eintritt in die Marsatmosphäre und die Landung, wie wir sie auch für die bemannte Raumfähre vorhaben. Zweitens brauchen wir eine Raumfähre, die Menschen von der Erde zum Mars bringt. Und wir brauchen ein Habitat an einem geeigneten Ort auf der Marsoberfläche. Außerdem brauchen wir einen Rover, der die Wohnmodule vom Landeplatz an den ausgewählten Ort transportieren kann. Das werden wir im Laufe dieses Jahres im Detail ausarbeiten. Alle diese Elemente zusammen machen unsere Mars-Mission aus. Es gibt sie noch nicht, aber man kann sie mit heute existierender Technologie entwickeln."
    Bevor die ersten Menschen den Mars betreten, sollen Baumaschinen mit einer eigenen Rakete zum Mars fliegen. Und diese Maschinen wird man auch brauchen. Denn der Mars hat weder ein Magnetfeld noch eine dicke Atmosphäre, um gefährliche Strahlung abzuhalten. Die Astronauten sollen ihre Wohnmodule daher meterhoch mit Geröll abdecken und nur alle paar Tage ins Freie gehen. Kein Wunder, dass die staatlichen Raumfahrtbehörden dem Vorhaben sehr kritisch gegenüber stehen. So wie Johann-Dietrich Wörner, der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.
    "Ich halte das Mars-One-Projekt für ein Projekt, das man ausdrücklich ablehnen muss. Da werden jüngere, vielleicht auch ältere Leute verführt zu einem Projekt, das man aus ethischer Sicht ablehnen muss. Wir haben keine Technologie, um im Falle, dass jemand erkrankt, dort rettende Maßnahmen einzuleiten. Das finde ich aus ethischen Gründen nicht akzeptabel."
    Die Lebenserwartung der ersten Marssiedler könnte 20 Jahre niedriger sein als die auf der Erde, schätzen Forscher. Andererseits: Spielt das wirklich eine Rolle, wenn man der erste Mensch auf dem Mars sein könnte? Und können die Teilnehmer nicht frei entscheiden, ob sie mitfliegen wollen oder nicht? Ein Privatunternehmen muss ethische Bedenken vielleicht nicht so ernst nehmen wie ein Staatskonzern. Mars One hat aber noch ein ganz anderes Problem, meint Chris Hadfield, der ehemalige Kommandeur der Internationalen Raumstation:
    "Mars One wird niemals abheben. Es gibt keine Raumschiffe dafür. Es gibt keine Raumanzüge. Es gibt keine Landefähre und auch keine Behausungen. Das ganze ist eher ein Gedankenexperiment. Aber für mich ist das Beeindruckendste, dass 200.000 Menschen sagen, sie würden ohne Rückflugoption zum Mars fliegen. Das ist ein Beleg für das große Interesse an der Exploration des Weltraums. Jeder, der mit Weltraumpolitik zu tun hat, sollte das anerkennen."
    Doch die staatlichen Raumfahrtbehörden stecken in einem Dilemma. Einerseits lehnen sie die hemdsärmelig geplante Mars One Mission ab. Andererseits fehlt ihnen das Geld für eine eigene Mission – und eine Vision für die Zukunft der bemannten Raumfahrt. Wie geht es weiter, wenn die Internationale Raumstation in ein paar Jahren eingemottet wird? Gut möglich, dass dann einige der Privatunternehmen bereit sind, das Geschäft mit den Astronauten zu übernehmen, und die Raumstation gleich mit. Sie müssen ja nicht gleich zum Mars fliegen. Vorher kommt noch der Mond.