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Ravensburg
Gemeinsames ökumenisches Abendmahl sorgt für Streit

Mehr Miteinander zwischen den Kirchen – das wünschen sich viele katholische wie evangelische Christen. In Ravensburg ist vor einem Jahr ein ökumenisches Abendmahl gefeiert worden, das in diesen Wochen wiederholt werden sollte. Doch der örtliche katholische Bischof hat es verboten.

Von Thomas Wagner |
    Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart
    Bischof Gebhard Fürst wünscht kein weiteres gemeinsames Abendmahl (dpa/picture alliance/Marijan Murat)
    Sie nennen das Ganze "Schweigemarsch". Doch so richtig schweigen wollen sie eigentlich nicht – jene rund 200 evangelische und katholische Christen, die dieser Tage in der Innenstadt von Ravensburg mitten in Oberschwaben zusammenkamen:
    "Also ich bin außerordentlich ärgerlich. Und dass jetzt jemand einseitig mit einem Federstrich Basisarbeit so undemokratisch sabotiert. Das ist nicht rechtens und einem Kirchenmann überhaupt nicht zugehörig."
    "Ja, natürlich, Flagge zeigen. Je mehr, umso besser. Mir ist es ein Bedürfnis. Und ich versteh‘s überhaupt nicht."
    Frustrierte Kirchenbasis
    Das Unverständnis der evangelischen und katholischen Christen hat einen Adressaten: Nämlich den Bischof der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst. Der hat mit einer Anordnung eine Entwicklung gestoppt, die im oberschwäbischen Ravensburg zum Ziel hatte, die Mauern zwischen katholischen und evangelischen Christen abzubauen.
    "Das sind alles Christen. Und warum soll das nicht funktionieren?"
    …nämlich das gemeinsame Abendmahl, für das sich nicht nur Margarete Willburger einsetzt, ehrenamtliche Mitarbeiterin in mehreren katholischen Vereinigungen. Dazu gehört auch der Arbeitskreis "Kirche lädt ein", der die Gemeinsamkeiten zwischen katholischen und evangelischen Gemeindemitgliedern fördern will. Vor etwas über einem Jahr veröffentlichte er die so genannte "Ravensburger Erklärung". Inhalt: Die Kirchengemeinden laden sich gegenseitig zur "Eucharistie", also zum heiligen Abendmahl, ein.
    "Die Einladung geht an alle. Und wenn es jetzt heißt: Es bekommt jeder Kommunion, da wird nicht nachgefragt…Wir laden ein. Wo würde Jesus heute hingehen? Der würde nicht in die evangelische Kirche gehen, der würde nicht in die katholische Kirche gehen – der würde zu den Menschen gehen."
    Kein weiteres gemeinsames Abendmahl
    Nun, ein Jahr später, sollte die "Ravensburger Erklärung" erneut bekräftigt werden – mit einer erneuten gegenseitigen Einladung. Doch dazu kam es nicht. Denn: der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, pfiff den katholischen Stadtpfarrer in Ravensburg zurück. Fürst verwies dabei auf das geltende katholische Kirchenrecht, das, wie es in einer Mitteilung der Diözese Rottenburg-Stuttgart heißt, selbstredend auch in Ravensburg gelte. Demnach sei eine konfessionsübergreifende Zulassung zur Eucharistie nur in Einzelfällen möglich, nicht aber generell. Und darüber könne man sich nicht so einfach hinwegsetzen. Bei der Kirchenbasis in Ravensburg stößt der Bischof mit dieser Haltung aber auf wenig Verständnis. Isolde Leonhard ist evangelische Christin:
    "Es geht nicht darum, dass die eine Kirche die andere Kirche vereinnahmt. Oder dass man so eine Art ‚Wiedervereinigung‘ produziert. Sondern es geht eigentlich nur ganz banal darum, dass beide Kirchen miteinander, und gut miteinander und in Sachen Gastfreundschaft in die gleiche Richtung gehen."
    Genau dies wollten Vertreter des Arbeitskreises "Kirche lädt ein", dem Bischof auch persönlich erläutern. Deshalb hat Margarete Willburger den katholischen Stadtpfarrer von Ravensburg nach Rottenburg begleitet, zu einem, wie es hieß, "Dienstgespräch" mit dem Bischof.
    "Ich wurde dann aber aufs übelste enttäuscht. Obwohl ich angekündigt war, wurde ich nicht vorgelassen und wurde nicht gehört. Es ist total frustrierend als Ehrenamtliche, so etwas direkt zu erleben, dass es eigentlich niemand interessiert, was unsere Beweggründe sind, und was wir so denken."
    Machtwort des Bischofs
    Allerdings heißt es in der Mitteilung der Diözese Rottenburg-Stuttgart, dass man sich sehr wohl für Ökumene einsetze und den Weg hin zur konfessionsübergreifenden Zusammenarbeit fortsetzen möchte – aber eben im Einklang mit den kirchenrechtlichen Vorgaben.
    Dass im Übrigen Christen beider Konfessionen ausgerechnet im oberschwäbischen Ravensburg eher nach Gemeinsamkeiten denn nach Trennendem suchen, ist kein Zufall.
    "Also Ravensburg ist eine paritätische Stadt, schon immer."
    Betont Isolde Leopold. Paritätische Stadt – das heißt: Dort leben in etwa gleich viel evangelische wie katholische Christen mit der Folge vieler konfessionsübergreifender Ehen. Der Bedarf, die Konfessionsgrenzen zu überwinden, ist dort also besonders hoch.
    Selbstbewusste Gemeinden
    Deshalb sind sich die Betroffenen auch einig: Das Machtwort des Bischofs darf nicht das letzte Wort auf dem Weg zu mehr Gemeinsamkeiten gewesen sein. Trotz des Verbots der gegenseitigen Einladung zum Abendmahl weißt Isolde Leopold doch auf eines hin:
    "Ganz offiziell zurückgenommen ist die ‚Ravensburger Erklärung‘ ja gar nicht. Wir haben die alle noch. In der Stadtkirche ist sie aufgehängt."
    Kommende Woche bereits wollen evangelische und katholische Christen in Ravensburg aufs neue zusammenkommen, um zu beraten, wie es weiter geht – trotz oder gerade wegen des Machtworts des Bischofs.