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Rechtsstreit zwischen Verband und Vereinen
Kampf ums Ringen

Der Deutsche Ringerbund und die neu gegründete Deutsche Ringerliga stehen sich bald vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth gegenüber. Einige Spitzenclubs wollen in der Liga antreten, der DRB droht mit Sperren. Ein langer Rechtsstreit steht bevor - an dessen Ende Auswirkungen auf den gesamten deutschen Sport stehen könnten.

Von Andrea Schültke | 23.07.2017
    Frank Stäbler (oben, damals SV Germania Weingarten) im Kampf mit Aleksandar Maksimovic (KSV Ispringen).
    Frank Stäbler (oben, damals SV Germania Weingarten) im Kampf mit Aleksandar Maksimovic (KSV Ispringen). (imago sportfotodienst)
    Sie ringen um das Beste für ihren Sport: Der Deutsche Ringerbund DRB und die neu gegründete Deutsche Ringerliga DRL. "Ringen ist ein attraktiver Sport, der mehr in die Öffentlichkeit muss, damit die Leute sehen, wie toll unser Sport ist", sagt Markus Scheu, Geschäftsführer der Deutschen Ringerliga.
    Das ist ein neuer Zusammenschluss der fünf renommiertesten deutschen Ringervereine: Germania Weingarten, Schifferstadt, Nendingen, Ispringen und Mansfelder Land. Sie machen ihr eigenes Ding: Ende September startet die neue Deutsche Ringerliga, DRL. "Unser Grundkonzept ist Demokratie und in einer Demokratie entscheiden die Vereine, was für Richtlinien es gibt", sagt Scheu.
    Er spricht von Ärger über Bevormundung durch den Ringerbund, von Regeln, die kurzfristig geändert wurden und daher fehlender Planungssicherheit. Der Ringerliga gehe es um Eigenverantwortung, erklärt Scheu. Unter anderem um eine gemeinsame Vermarktung bei gleichberechtigter Mitbestimmung aller Ligavereine. Als Beispiele nennt er die Ligaverbände im Fußball, Eishockey oder Handball.
    Wechsel vom Meister zu einem Aufsteiger
    Der Deutsche Ringerbund möchte dem Deutschlandfunk während des laufenden Verfahrens kein Interview geben. Schriftlich teilt uns der Verband seine Ansicht zur Deutschen Ringerliga mit: "Es wird versucht, parallele Strukturen zum nationalen Dachverband zu schaffen, für die keine nationale Anerkennung zu erwarten ist. Die DRL-Vereine haben sich verrannt und schaffen es jetzt nicht, an den Verhandlungstisch zurückzukommen."
    Funkstille zwischen beiden Parteien. Das bestätigt auch die DRL, macht dafür aber den Dachverband verantwortlich. Markus Scheu erklärt, die Vereine der Ringerliga hätten "einen Kooperationsvertrag dem DRB vorgelegt und diverse Vorschläge, das wurde natürlich alles brüsk zurückgewiesen".
    Eine Situation, auf die auch Frank Stäbler, der bekannteste deutsche Ringer, immer wieder angesprochen wird. "Die Fronten sind extrem verfahren, extrem zerstritten, das Thema ist sehr, sehr sensibel", urteilte er etwa bei einer Pressekonferenz im April. Den Mitschnitt hat der Weltmeister auf seine Facebookseite gestellt. Anlass für die Veranstaltung war Stäblers Wechsel zum Bundesliganeuling Heilbronn - vom Deutschen Meister Weingarten zu einem ehemaligen Zweitligisten.
    Kudla: "Ich war gezwungen, zu wechseln"
    Die Begründung für diese Veränderung - Stäbler wird auf der Website seines neuen Vereins so zitiert: "Da Weingarten jetzt in der neuen, vom Deutschen Ringer-Bund losgelösten Deutschen Ringer-Liga startet und der DRB für die Top-Athleten im Falle eines DRL-Starts drastische Konsequenzen angedroht hat, mussten wir uns alle nach einem DRB-Verein umschauen."
    Sowohl der europäische als auch der Welt-Ringerverband (UWW) sind der Ansicht, eine Deutsche Ringerliga verstoße gegen die Statuten. Der europäische Verband drohte den Athleten mit Sanktionen, der Weltverband mit dem Ausschluss der Ringer-Liga-Athleten von internationalen Wettbewerben. Die Schreiben liegen den Deutschlandfunk vor.
    Auch Denis Kudla, Bronzemedaillengewinner der Olympischen Spiele von Rio hat den Verein gewechselt. Vom renommierten VFK Schifferstadt zum Aufsteiger SV Alemannia Nackenheim. Der Grund für den Wechsel sei die drohende Sperre gewesen. Denn auch Schifferstadt hat sich der Deutschen Ringerliga angeschlossen. Ein regionales Internetportal zitiert Kudla mit den Worten: "Wegen des Streits mit dem DRB war ich gezwungen, zu wechseln."
    Von außen betrachtet scheint das kurios: Die erfolgreichsten deutschen Ringer kämpfen jetzt in der Bundesliga für bisher unbekannte Vereine. Die bekannten Ringervereine sind aus der Bundesliga ausgestiegen, betreiben ihren Sport über ausgegliederte Kapitalgesellschaften in ihrer neu gegründeten Ringerliga - aufgrund der unklaren Rechtslage ohne die besten deutschen Sportler.
    Folgen für Rechte der Athleten insgesamt möglich
    Die Verantwortung dafür sieht Markus Scheu beim Dachverband. Aus Sicht der Ringerliga geht es wohl um das große Ganze: "Es geht um freie Berufswahl für die Sportler und deswegen wollen wir eine einstweilige Verfügung erreichen, dass weder vom DRB noch von der UWW behauptet werden kann, dass ein Ringer gesperrt wird. UWW und DRB üben hiermit ein Kartell aus.
    Der Deutsche Ringerbund schreibt zu den Auswirkungen des Konflikts zwischen der neuen Liga und dem Dachverband: "Für die Sportler haben sich keine Veränderungen ergeben, da ein gesicherter Ligabetrieb unter dem Dach des DRB vorhanden ist und alle aktuellen nationalen und in Deutschland tätigen internationalen Spitzenringer dem DRB und den in seiner Liga tätigen Vereinen die Treue gehalten haben."
    Der Gerichtstermin am Donnerstag dürfte der Beginn eines langen Rechtsstreits sein. An dessen Ende könnten grundsätzliche Entscheidungen für die Rechte von Athleten stehen. Deshalb hat dieser Fall möglicherweise Auswirkungen auf den gesamten deutschen Sport. Was den Ausgang des Verfahrens betrifft, sind sich beide Parteien erstaunlich einig, jede behauptet: Wir werden gewinnen.