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Referendum gegen die Homo-Ehe

In dem zukünftigen EU-Mitgliedsland Kroatien haben katholische Gruppierungen insgesamt 700.000 Unterschriften gegen die geplante Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Ehen gesammelt. Homosexuelle sprechen von einer "homophoben Kampagne".

Von Stephan Ozsváth | 06.06.2013
    Gay Pride Parade in Zagreb. Das ist eine Schande für das kroatische Volk, kommentieren ein paar ältere Zaungäste den Aufmarsch einiger Hundert Homosexueller im Zentrum der kroatischen Hauptstadt. Sie wünschen die Aktivisten ins Irrenhaus. Zwei Demonstrantinnen antworten:

    "Wir sind stolz. Das ist unser Tag."

    Szenen aus dem Jahr 2011. Die Gay Pride Parade findet mittlerweile jedes Jahr in Zagreb statt. Doch die eingetragene Lebenspartnerschaft, so wie von der Mitte-links-Regierung geplant – das ist offenbar noch zu viel für das katholische Kroatien. Hunderte Freiwillige aus katholischen Gruppierungen haben in den vergangenen drei Wochen in Kroatiens Städten Unterschriften gesammelt. Für ein Referendum gegen die Homo-Ehe. "Im Namen der Familie" nennen sie ihre Organisation. Zeljka Markic, eine der Initiatorinnen sagt.

    "Die Präsidentin des Verfassungsgerichts hat es schon gesagt: Die Entscheidung der Bürger bei einem Referendum müsste automatisch Eingang in die Verfassung finden."

    Mehr als 700.000 Kroaten haben gegen die Homo-Ehe unterschrieben - nicht einmal eine halbe Million wären nötig für ein Referendum. Modell für die kroatischen Gegner der Homo-Ehe steht die ungarische Verfassung. Dort hat die nationalkonservative Regierung ausdrücklich nur die Verbindung von Mann und Frau als schützenswert in der Verfassung verankert. Pedja Grbin, von den regierenden Sozialdemokraten in Kroatien lehnt das für sein Land ab.

    "Die Frage, ob man die Ehe als eine Gemeinschaft von Mann und Frau definieren sollte, kann man nicht so in die Verfassung schreiben."

    Führende Verfassungsrechtler beschwören schon eine Verfassungskrise herauf. Dann nämlich, wenn die Gegner der Homo-Ehe bei einem Referendum zwar die Mehrheit bekämen. Aber das Parlament keine Zweidrittelmehrheit für eine Verfassungsänderung erreichen könnte. Die Betroffenen selbst pochen auf ihre Rechte: Die Homo-Ehe sei nicht nur ein Menschenrecht, sagt Sanja Juras, vom kroatischen Lesben-Verband Kontra.

    "Wenn man mit jemand lange zusammenlebt, dann will man, dass dieser Mensch auch entscheiden kann: etwa, was mit Ihnen passiert, wenn Sie krank werden, wenn Sie operiert werden müssen. Man will sein Eigentum mit diesem Menschen teilen, oder etwas vererben dürfen. Man will das Recht auf eine gegenseitige Gesundheits- und Sozialversicherung. Alles Dinge, die gleichgeschlechtliche Paare im Alltag genauso brauchen wie andere Familien auch."

    Doch dagegen laufen die Unterschriftensammler Sturm. Sie glauben, dass Kinder von Schwulen und Lesben selbstmordgefährdet sind – und, dass es nicht gut ist, wenn Kinder in der Schule lernen, dass Homosexualität normal ist. Unterstützt werden sie darin von allen Religionsgemeinschaften Kroatiens. Die Rechte - konservative Opposition und katholische Kirche - fürchtet um ihren Einfluss – auch gegen den Sexualkunde-Unterricht an den Schulen läuft sie seit Monaten Sturm. Kroatiens Linke wiederum wirft den Konservativen vor, die Mitte-links-Regierung vorzeitig aus dem Amt jagen zu wollen. Die kroatische Gesellschaft ist nicht nur in der Frage Homo-Ehe gespalten.

    "Ich komme aus einer Familie mit Mutter und Vater. Und ich kann nicht für etwas einstehen, von dem ich nie gesehen habe, dass es funktioniert",

    sagt diese Frau. Diese Kroatin dagegen meint:

    "Ich habe nichts gegen eine solche Ehe oder Gemeinschaft – und dass die auch per Gesetz geregelt wird. Nur: Die Adoption von Kindern sollte man von einer Ehe trennen."

    In einigen Familien sei es zum offenen Bruch gekommen, weil die Eltern von Homosexuellen für das Referendum unterschrieben hätten, berichtet der Organisator der Zagreber Gay Pride-Parade. Und auch die Übergriffe auf Homosexuelle nähmen wieder zu. Das Referendum, so Marko Jurcic, sei eine "homosexuellenfeindliche Kampagne".