Dienstag, 16. April 2024

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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (85)

Die Buddhistin Carola Roloff, der Schriftsteller Feridun Zaimoglu und die Kinderbuchautorin Maja Nielsen kommentieren Martin Luthers 85. These.

16.10.2017
    These 85: "Warum werden die kirchlichen Bußsatzungen, die der Sache nach und durch Nicht-Anwendung schon lange in sich selbst außer Kraft gesetzt und tot sind, gleichwohl noch immer durch Bewilligung von Ablässen mit Geldern gerettet, als steckten sie voller Leben?"
    Carola Roloff, buddhistische Nonne: "Generell denke ich auch für heute, dass natürlich für religiöse Institutionen immer wieder die Gefahr besteht, dass sie sich in Äußerlichkeiten verlieren und nicht mehr wirklich das betonen, worum es in Religionen wirklich geht, nämlich Orientierung zu geben, Halt zu geben."
    Feridun Zaimoglu, Schriftsteller: "Im Grunde genommen weist Meister Luther auf Willkür hin. Also Willkür ist ja mehr als nur der Missstand. Da ist ein Alleinherrscher, der verfügt, was Gesetz ist, was Recht ist. Und er kann das, was er gestern für null und nichtig erklärt hat, heute als geltendes Gesetz ausschreien."
    Roloff: "Überlieferung von Religion kann ja nur geschehen, indem es wirklich Menschen gibt, die sie aufrichtig praktizieren. Und wenn die Religion nicht mehr aufrichtig praktiziert wird, dann ist sie irgendwie tot und nur noch so ein äußeres Gebilde und dann kann man sie auch abschaffen. Dann braucht man sie nicht mehr."
    Maja Nielsen, Kinderbuchautorin: "Die Kritik der Laien sollte sich bitteschön immer nur gegen den Papst richten, nicht gegen Luthers eigene Vorstellungen. Luthers krasse Empfehlung, die aufrührerischen Bauern totzuschlagen, zeigt, wie widersprüchlich er war. Diese Widersprüchlichkeit müssen wir an unserem Nationalhelden erst einmal aushalten können."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern