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Rentner zum Mieten

Viele Senioren haben in ihrem Leben Erfahrungen gesammelt, von denen gerade jüngere Menschen profitieren können. Rüstige Rentner an den Mann oder die Frau bringen – diese Idee hatten auch ein IT-Spezialist aus Zürich und ein Journalist aus Köln. Sie gründeten das Internetportal Rent a Rentner.

Von Lisa Rauschenberger | 27.08.2012
    "So, dann wollen wir mal sehen – ich geb das jetzt mal ein ... Garten – ah ja, da wird es schon angezeigt. Garten, Landwirtschaft und Säen. Jetzt nur noch die Postleitzahl. Mal sehen – ah, da haben wir ja schon jemanden. Robert Küppers aus Dormagen. Und jetzt nur noch abschicken."

    Janna Lieser sitzt an ihrem Laptop. Sie möchte einen Rentner mieten. Seit ein paar Monaten hat sie zusammen mit Freunden ein kleines Stück Acker im Kölner Westen. Die 28-jährige Studentin hat bisher noch nicht viel Erfahrung beim Gärtnern; darum möchte sie ein paar Tipps von jemandem haben, der sich damit auskennt. Freunde haben ihr die Seite Rent a Rentner empfohlen.

    Janna und ihr Mietrentner Robert Küppers stehen zwischen kniehohem Unkraut und verwilderten Beeten. Auf den benachbarten Ackerstreifen wachsen Tomaten und Kürbisse. Auf Jannas Stückchen Land gibt es aber noch viel zu tun. Robert Küppers lockert mit einem Spaten die Erde. Janna zeigt ihm, was sie und ihre Freunde bisher schon angebaut haben.

    "Ganz rechts haben wir noch ein bisschen Kartoffeln, die sehen eigentlich ganz gut aus, wahrscheinlich kann man die demnächst ernten, dann war ein kleiner Kräutergarten angelegt, die sind aber noch alle ziemlich klein. Ein paar Flächen des Gartens sind abgedeckt mit Planen, darunter die Gemüse sehen ganz gut aus und der Rest ist einfach ziemlich voller Unkraut und trocken."

    Robert Küppers gefällt der kleine Gemüsegarten. Er hat selbst jahrelang einen Garten gehabt und auch Nutzpflanzen angebaut, bis es ihm zu viel Arbeit wurde. Seitdem kennt er sich ganz gut mit Gartenbau aus.

    "Also, als ersten Schritt würde ich das, was mir nicht passt, das Unkraut, ist ja immer eine Frage der Sichtweise, das würde ich rausnehmen. Und dann würde ich die Erde einfach schon mal durchharken, damit sie lebt, damit sie atmet, damit man auch diese schöne braune krümelige Erde sieht. Und eventuell Wurzeln, die da drin sind, rausnimmt, denn der Boden ist stark verdichtet dadurch."

    Robert Küppers ist 60 Jahre alt. Seit knapp einem Jahr ist er Frührentner. Er hat für die Volkshochschule und in der Stadtbücherei gearbeitet. Bei Rent a Rentner hat er sich erst vor ein paar Wochen angemeldet. Dies ist sein erster Einsatz als Mietrentner.

    "Ich fand die Idee Rent a Rentner erstens von der Bezeichnung ganz witzig eigentlich und hab gedacht, ja, wieso sollst du nicht dein Wissen, das du erworben hast, weitergeben, um von anderen Wissen zu bekommen, um das eine oder andere zu erledigen. Ich finde das einfach eine gute Sache und gerade auch für Menschen, die jetzt nicht mehr arbeiten und die vielleicht auch eine Beschäftigung suchen."

    Zu gut für den Ruhestand steht in dicken Lettern auf der Webseite von Rent a Rentner. Junggebliebene Alte, die Lust haben, ihre Erfahrungen mit anderen Menschen zu teilen, können sich auf der Seite ein Profil erstellen und ihre Fähigkeiten angeben. Vom Versicherungsexperten bis zum Handwerker, vom Sprachgenie bis zum Lehrer im Ruhestand – Möglichkeiten, sein Wissen zu teilen, gibt es genug. Auch seinen Honorarwunsch kann man auf der Seite angeben. Während es einigen in erster Linie um die sozialen Kontakte geht, haben andere beim Finanziellen ganz genaue Vorstellungen. So verlangt ein Ex-Banker aus Frankfurt für sein Wissen in der Vermögensberatung 75 bis 150 Euro. Für die Nutzer ist die Website komplett kostenlos. Die Organisatoren verstehen ihr Projekt als soziales Engagement und zahlen die Kosten für die Website bisher aus der eigenen Tasche.

    "Das sieht doch schon ganz gut aus, jetzt können wir den großen Korb holen für die paar Kartöffelchen, aber das sieht doch schon gut aus, ich liebe Kartoffeln, vor allem als Pellkartoffeln."

    Nach ein paar Stunden kann sich die Arbeit von Robert Küppers und Janna sehen lassen: Zwei Streifen sind frei von Unkraut und ein bisschen ernten konnten sie auch schon. Dann verabschiedet sich Robert Küppers. Irgendwann möchte er wiederkommen und sich anschauen, was aus dem Garten geworden ist.

    "Ich fand ihn super sympathisch. Es ist klar, dass das auch Rentner machen, die sowieso sehr aktiv sind. Ich glaube, dass sich Rentner, die sich ziemlich alleine fühlen, sich gar nicht erst bei so etwas anmelden, und man muss natürlich auch mit dem Internet umgehen können. Er war sehr offen, hatte, glaube ich, auch Lust, das zu machen, und war sympathisch und eigentlich – ich glaube, man hätte jetzt einfach auch noch mit ihm einen Kaffee trinken gehen können."

    Janna Lieser kann sich gut vorstellen, irgendwann noch mal einen Rentner zu mieten. Dann packt sie Spaten und Gießkannen ein und macht sich auf dem Heimweg.