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Roboterduo soll Wasser auf dem Mond suchen

Technik. - Informatiker und Ingenieure des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz entwickeln Roboter, die Einsätze im All oder der Tiefsee in Teamarbeit und halb autonom durchführen sollen. In einer Halle in Berlin trainiert ein derartiges Roboterduo für den Einsatz auf dem Mond.

Von Lennart Pyritz | 02.05.2013
    Bremen; Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz; die Weltraum-Explorationshalle. Ingenieur Florian Cordes drückt eine Taste seines Laptops, ein kurzes Rucken – und der Roboter "Sherpa" rollt los.

    "Sherpa" ist ein Rover von der Länge eines Kleinwagens, etwa 160 Kilogramm schwer. Er besteht aus einer Plattform, von der vier Ausleger mit individuell steuerbaren Rädern abgehen. Oben auf der Plattform sitzt ein Greifarm mit sechs Gelenken. Mit ihm kann 'Sherpa' Lasten heben oder sich in unebenem Gelände abstützen."

    Noch ein Tastendruck, und ein zweiter Roboter erwacht zum Leben. "Crex" ist ein wendiger Kletter- und Laufroboter, etwa einen Meter lang und 25 Kilogramm schwer. Wie ein überdimensioniertes Insekt stakst er auf sechs Beinen vor- und rückwärts. Zusammen bilden "Sherpa" und "Crex" ein Rimres – ein "Rekonfigurierbares Integriertes Mehr-Roboter Explorations-System". Einfacher ausgedrückt: Es sind Roboter, die allein und im Team arbeiten können. "Sherpa" und "Crex" proben die gemeinsame Suche nach gefrorenem Wasser in Kratern am schwer zugänglichen Südpol des Mondes. Daraus könnte Atemgas oder Treibstoff für Weltraummissionen gewonnen werden. Florian Cordes hat das Projekt geleitet:
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    "Ganz konkret in dem Projekt 'Rimres' haben wir eben den Laufroboter, der sich unter den Rover hängen kann und die beiden Systeme dann eben gemeinsam fahren, um zum Kraterrand zu kommen, energieeffizient, wo der Laufroboter dann abgetrennt wird, um in den Krater hineinzuklettern und nach Wassereis zu suchen."

    "Sherpa" und "Crex" teilen dabei Energie und Information über eine elektromechanische Schnittstelle. Getestet wurde ihr Zusammenspiel in der Halle auf gut 100 Quadratmetern nachgebauter Mondoberfläche. Basaltgranulat simuliert den Mondstaub. Eine Firma, die normalerweise Kletterwände herstellt, gestaltete anhand von Apollo-Aufnahmen einen metertiefen, zerklüfteten Krater. Für Professor Frank Kirchner, Leiter der Arbeitsgruppe Robotik am Forschungszentrum, steckt hinter der Simulation ein zukunftsweisendes Konzept.

    "Je kleiner und leichter die Systeme werden, desto besser ist es eigentlich für die Raumfahrtrobotik. Und da war der Gedanke, dass man eben nicht ein monolithisches System baut, sondern ein System baut, das aus mehreren Subsystemen aufgebaut ist, die sich zusammenschließen können zu einem Gesamtsystem und dann auch synergetisch miteinander ihre Arbeit verrichten. Die sich aber auch tatsächlich physikalisch voneinander lösen können, so dass man auf einmal zwei oder drei Systeme hat, und dann diese einzelnen Subsysteme jeweils spezifische Aufgaben erledigen."

    Roboter, die in Teamarbeit komplexe Einsätze meistern. Und das weitgehend autonom, kostensparend und energieeffizient. Die Forscher knüpfen große Hoffnungen an ihr Projekt; erste Tests auf der künstlichen Mondoberfläche waren erfolgreich. Bis zu einem realen Einsatz dauert es aber noch. Und "Sherpa" und "Crex" werden über Bodenübungen nicht hinauskommen. Kirchner:

    "Das sind keine Systeme, die tatsächlich flugfähig wären. Dafür müssten noch einmal deutlich längere Phasen von Qualifizierungsprozessen durchlaufen werden, was eben zum Beispiel das Überleben dieser Systeme des Starts der Rakete angeht, Strahlungsfestigkeit, Temperaturfestigkeit, insbesondere auch die Schwankungen im Temperaturverlauf."

    Ein konkretes Datum für eine Mission gibt es noch nicht. Frank Kirchner rechnet aber damit, dass entsprechende Roboterteams ab 2020 in den Weltraum entsandt werden. Mögliche Anwendungsgebiete liegen aber nicht nur im All.

    "Es ist so, dass die Raumfahrtrobotik uns vor extreme Herausforderungen stellt. Und deswegen ist sie ein Technologiefeld, das uns zwingt, innovative neue Lösungen zu suchen und auch umzusetzen und auch zu testen und zu evaluieren. Und das ist etwas, was in vielfältiger Weise auch abgebildet werden kann auf terrestrische Anwendungen. Und da ist eine sicherlich die Tiefsee – hat insofern auch schon die Analogie, weil es natürlich auch eine sehr unwirtliche Umgebung ist."

    Zurück in der Weltraum-Explorationshalle, wo sich "Sherpa" und "Crex" am Kraterrand bewegen. Im Dunkel der Halle wirkt das Szenario äußerst realistisch. Die Geräusche der Roboter sind es allerdings nicht: Auf dem Mond wäre ihr Einsatz lautlos – dort fehlt die Atmosphäre, um die Schallwellen zu übertragen.