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Rohstoffjagd in der Arktis

Aus dem Klimawandel ergeben sich neue Perspektiven – für die Arktis, aber auch die Weltgemeinschaft überhaupt. In der Region werden riesige Öl- und Gasvorkommen vermutet. Und auch die Schiffswege könnten sich um ein Vielfaches verkürzen - sollte die Arktis in Zukunft eisfrei sein.

Von Marc-Christoph Wagner | 19.11.2009
    Stolz zeigt Tobias Ignatiusen seine drei Gewehre. Wenn ein Wal oder eine Robbe auftaucht, sagt der 50-jährige Fischer, muss es schnell gehen. Zeit zum Laden bleibe nicht. Ignatiusen kennt die Gewässer vor der ostgrönländischen Küste. Schon als kleiner Junge ist er hinausgefahren, um Dorsche, Robben und Wale zu fangen.

    "Vor 20 Jahren war es sehr viel kälter. Gerade im Winter ist es heute sehr viel wärmer, vor allem in den letzten Jahren. Es gab kaum Schnee. Es regnete viel. Und der Polarstrom aus dem Norden, der das Eis bringt, kam nicht – zumindest war er im März nur etwa einen Kilometer breit."

    Der Klimawandel – er macht sich für Tobias Ignatiusen und die anderen Fischer entlang der Küste bemerkbar. Stürme werden unberechenbarer. Mitunter schlagen die Wellen so hoch, dass die Fischer mit ihren kleinen Booten nicht aus den Buchten hinaus aufs offene Meer kommen. Das Eis, auf dem die Robben leben, wird immer dünner, wenn es überhaupt welches gibt.
    "Normalerweise kommt der Eisstrom Anfang November. Aber jetzt kommt er mitunter erst im März. Den ganzen Winter über gibt es kein Eis, weil die Wogen auf dem Wasser so hoch schlagen."
    Einige Seemeilen weiter entfernt steht Arne Sørensen auf der Brücke eines Forschungsschiffes. Eisberge so weit das Auge reicht. Eisberge, die sich vom Helheim Gletscher, einem der größten Grönlands, ihren Weg zum Meer bahnen.

    "Deine Augen sind das beste Instrument, das du hast. Nur so kann man sich einen wirklichen Überblick verschaffen und festlegen, wie schnell man fahren kann. Ich sehe die Eisberge und nur so kann ich das Schiff sicher zwischen ihnen hindurch bringen. Da hilft Dir weder ein GPS-Gerät noch ein Satellitenfoto. Das alles hilft Dir, einen generellen Überblick zu bekommen. Um das Schiff aber sicher durch das Eis zu bringen, musst du dich auf dich selbst und deine Augen verlassen."

    Wie Fischer Ignatiusen ist auch Kapitän Sørensen ein erfahrener Mann. Seit mehr als 30 Jahren kennt er die arktischen Gewässer – wie auch das ewige Eis mit all seinen Tücken. Dass sich die Region gerade in den letzten Jahren verändert hat, daran zweifelt er nicht:

    "Man merkt es am Meereis. Davon gibt es heute sehr viel weniger als noch vor zehn Jahren. Ich nehme an, das hat mit dem Klimawandel zu tun. Mir kommt es vor, als ob die Veränderungen immer schneller stattfinden. Ich glaube sogar fest, dass dies mit dem Klimawandel zusammenhängt."
    Mit dieser Vermutung trifft der Kapitän bei Leif Toudal Pedersen auf offene Ohren. Pedersen ist der Leiter der Abteilung für Eis und Ozean am Dänischen Meteorologischen Institut in Kopenhagen. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Arktis und seine Arbeit hat ihm gezeigt: Die Beobachtungen der Menschen vor Ort lassen sich mit wissenschaftlichen Fakten belegen:

    "Die Daten, die uns vorliegen, zeigen, dass der Rückgang des Meereises in den vergangenen Jahren außergewöhnlich ist. Es gibt zwar auch bei der Ausdehnung des Meereises eine natürliche Variation. Die Abnahme, die wir derzeit beobachten, aber lässt sich für das vergangene Jahrtausend nicht nachweisen."
    Die Fakten sprechen für sich: Breitete sich das Meereis in der Arktis zwischen 1979 und 2000 durchschnittlich mindestens über 6,7 Millionen Quadratkilometer aus, lagen die Werte in den vergangenen Jahren wesentlich darunter – 4,13 Millionen Quadratkilometer im Jahr 2007, 4,52 Millionen Quadratkilometer 2008, 2009 wurden immerhin 5,10 Millionen Quadratkilometer erreicht. Doch die Eisfläche ist nicht nur kleiner, das vorhandene Eis der Arktis ist auch dünner. Wurde in den Jahren von 1958 bis 1976 noch eine durchschnittliche Eisdicke von mehr als drei Metern erreicht, hat sich dieser Wert in den Jahren 2003 bis 2007 mehr als halbiert. Immer mehr wird älteres, dickeres Eis von jüngerem, dünneren ersetzt. Ein sich beschleunigender Prozess, so Toudal Pedersen:

    "Wir bezeichnen dieses Phänomen als den Albedo-Feedback-Mechanismus. Wenn das Meer von Eis bedeckt ist, das ja weiß ist, dann wird der Großteil des Sonnenlichts reflektiert und strahlt in die Atmosphäre zurück. Mit anderen Worten: Die Arktis wird nicht wesentlich erwärmt. Schmilzt das Eis jedoch und das dunkle Meer darunter kommt zum Vorschein, dann wird das Sonnenlicht vom Wasser absorbiert und dieses wird wärmer. Mit anderen Worten: Weniger Eis führt zu einer größeren Erwärmung und diese wiederum lässt noch mehr Eis schmelzen. Ein selbstverstärkender Effekt."
    Der Zeitpunkt, an dem die Arktis während der Sommermonate eisfrei sei, rücke näher, sagt Leif Toudal Pedersen - auch wenn er nicht an Prognosen glaubt, die das schon innerhalb weniger Jahre sehen. Dafür sei der Winter in der Arktis zu lang, zu kalt und zu dunkel. Immer wieder kommt es dann zu massiver Eisbildung – Klimawandel hin oder her. Was allerdings nichts an der Tatsache ändere, dass die Aktivitäten in der Arktis schon heute deutlich zugenommen haben:
    "Wir selbst hier am Meteorologischen Institut, die wir ja Eiskarten unter anderem für die Schifffahrt erstellen, merken eine deutlich gestiegene Nachfrage nach verlässlichen Informationen über das Eis und die Region. Der Verkehr in der Arktis ist markant gestiegen. Viele Touristen fahren heute auf Kreuzfahrtschiffen in die Region, es ist nahezu eine Mode, seinen Urlaub in Spitzbergen, Grönland oder Island zu verbringen – Gebiete also, in denen man prinzipiell auf Eis trifft. Wir sehen aber auch, dass die Rohstoffindustrie immer weiter nach Norden rückt. Sie hat eine enorme Nachfrage nach Eiskarten. Denn sie will sich hier etablieren und eine Rohstoff-Förderung aufbauen."
    Kurzum: Aus dem Klimawandel ergeben sich neue Perspektiven – für die Arktis, aber auch die Weltgemeinschaft überhaupt. In der Region werden etwa 25 Prozent aller unentdeckten, aber förderbaren Ressourcen vermutet, so der geologische Dienst der Vereinigten Staaten – vor allem riesige Öl- und Gasvorkommen. Doch auch die Schiffswege zwischen Europa, der Ostküste der USA und Asien könnten sich um ein Vielfaches verkürzen, sollten die Nordostpassage vor der Küste Sibiriens oder die Nordwestpassage vor der Küste Kanadas in Zukunft befahrbar sein. Dadurch ließen sich nicht nur enorme Kosten sparen. Im Gegensatz zu anderen Transportrouten des Welthandels ist die Arktis auch eine politisch stabile Region. Die Entführung von Schiffen durch Piraten etwa muss hier nicht befürchtet werden.
    "Blicken wir in die Geschichte. Nehmen Sie die beiden Kaps, die von Europäern erobert wurden. Oder – weiter nördlich – die beiden Kanäle – Suez und Panama. Sie alle haben unsere Welt geformt – Seewege, Konflikte, Superhäfen, die industrielle und geostrategische Entwicklung um sie herum. Und so wird es auch sein mit der Nordwest- beziehungsweise der Nordostpassage. Die beiden werden die Welt verändern."
    Der Amerikaner Scott G. Borgerson ist eine der eindringlichsten Stimmen, die seit einiger Zeit auf das Potenzial einer eisfreien Arktis verweisen, aber auch die mit dieser Perspektive verbundenen Gefahren. In einem Artikel für die renommierte Zeitschrift "Foreign Affairs" im Frühjahr 2008 schrieb der Forscher vom Council on Foreign Relations, die Region sei von wesentlicher ökonomischer und strategischer Bedeutung. Gleichzeitig sei die Arktis ein Raum, für den es noch keine internationalen Spielregeln beziehungsweise klare Zuständigkeiten gebe. Dies könne letztendlich zu einem Wettrennen um die dort vorhandenen Ressourcen führen, möglicherweise gar zu bewaffneten Konflikten zwischen den beteiligten Mächten:

    "Die Geopolitik und internationale Beziehungen unterliegen auch in der Arktis den gleichen Gesetzen wie überall sonst: Staaten verfolgen ihre eigenen nationalen Interessen. Kooperation gibt es nur dort, wo die Beteiligten davon profitieren. Jeder, der vorgibt, die Arktis sei ein besonderer Fall, hier würden andere Regeln gelten als sonst im internationalen Geschäft, die Staaten würden ihre nationalen Interessen vergessen, miteinander Händchen halten beziehungsweise den postmodernen Politik-Vorstellungen der Europäer entsprechen, der irrt. In der Arktis gelten dieselben Regeln, wie überall sonst."
    Borgerson wirft seiner eigenen Regierung Untätigkeit vor. Zu lange habe Washington die durch den Klimawandel ausgelösten Entwicklungen in der Arktis vernachlässigt – etwa verfüge das Land über viel zu wenig Schiffe, die in der Region operieren könnten. Dadurch habe man anderen Staaten wie Kanada und Russland das Feld überlassen. Vor allem die Rolle Russlands sorgt auch "Spiegel"-Autor Christoph Seidler, der erst im Frühjahr dieses Jahres ein Buch mit dem bezeichnenden Titel: "Arktisches Monopoly. Der Kampf um die Rohstoffe der Polarregion" veröffentlichte. Seidler verweist darin auf das Setzen der russischen Flagge auf dem Meeresgrund am Nordpol im August 2007. Überhaupt gehe Moskau in der Region sehr aggressiv vor, denn der Kreml betrachte die Arktis als strategisch wichtigen Hinterhof:

    Das Rennen der Staaten um den Nordpol treibt den Geostrategen Sorgenfalten auf die Stirn. Das Streitobjekt hat binnen kürzester Zeit für diplomatische Verwerfungen erster Güte gesorgt, die in Zukunft noch an Schärfe zunehmen werden. Russische Bomber etwa nehmen seit einiger Zeit wieder regelmäßig Kurs auf den NATO-Luftraum im hohen Norden, selbst nahe der Küste des US-Bundesstaates Alaska drehen Moskaus Militärflugzeuge ihre Runden. Die westliche Verteidigungsallianz löst dann Luftalarm aus und lässt Abfangjäger aufsteigen. Erst kurz vor dem NATO-Luftraum drehen die Russen ab. Der Kalte Krieg in der Arktis hat längst begonnen.
    Russlands Chefdiplomat, Sergej Lavrov, weist derlei Vorwürfe zurück. Am 27. Mai 2008 – neun Monate nachdem ein russisches U-Boot am Nordpol die Flagge gesetzt hat – fliegt er ins grönländische Ilulissat, um sein Land auf einer von der dänischen Regierung initiierten Konferenz der fünf Arktis-Anrainerstaaten zu repräsentieren. Mit am Tisch sitzen Norwegen, Dänemark, Kanada und die USA.

    "Die U-Boot-Aktion war ein Akt der Stärke – in technologischer, in wissenschaftlicher, in menschlicher Hinsicht. Sie können es vergleichen mit der amerikanischen Flagge auf dem Mond oder mit deutschen Alpinisten, die eine Fahne auf dem Mount Everest hinterlassen. Nur darum geht es und ich selbst habe das tausendfach wiederholt. Wenn ein Land Gebietsansprüche stellt, muss es diese bei der dafür zuständigen Kommission bei den Vereinten Nationen einreichen, die dann darüber entscheidet. Alles, was wir in der Arktis unternehmen, dient lediglich der Dokumentation unserer Ansprüche. Und ich kann nur jedermann empfehlen, unserem Beispiel zu folgen."

    Ein Wink mit dem Zaunpfahl an die Vereinigten Staaten, die als einzige der Arktisanrainer die UNO-Seerechtskonvention nicht unterzeichnet haben. Und dennoch versprechen auch sie, wie alle anderen der Konferenzteilnehmer im grönländischen Ilulissat, eventuelle Gebietsstreitigkeiten in der Arktis friedlich und auf der Grundlage internationalen Rechts zu lösen. Wie realistisch aber ist dieses Szenario? Oder umgekehrt: Eine Eskalation der Gebietsstreitigkeiten in der Arktis?

    "Man redet stets über die Arktis als eine große Einheit und macht sich nicht die Mühe zu differenzieren und die Details zu studieren. Sicher, das ist komplizierter. Doch wer das tut, hat sehr viel mehr Grund zu Optimismus."
    Sagt Sven Holtsmark vom Norwegischen Institut für Verteidigungsstudien. So seien etwa die Gebiete, in denen man die großen Öl- und Gasvorkommen vermute, nahezu unumstritten und ließen sich den Anrainern eindeutig zuordnen. Und dort, wo es konkurrierende Ansprüche gebe, etwa auf dem Lomonossov-Rücken am Nordpol, den sowohl Russland, Kanada und Dänemark für sich reklamierten, gebe es kaum Rohstoffe. Überhaupt gelte, dass alle Staaten in der Arktis nur durch Kooperation gewinnen könnten:

    "In der Arktis gibt es sehr viele Faktoren, die die Staaten geradezu zu Kooperation und einem friedlichen Miteinander drängen. Weder eine Förderung der Ressourcen, noch die Perspektive neuer Schiffs- und Transportrouten sind realistisch, wenn die Staaten nicht miteinander kooperieren. Dann ist die ganze Region wertlos."
    Das gelte insbesondere für Russland, das von einer eisfreien Arktis mit am meisten profitieren würde. Denn in den russischen Teilen der Arktis werden nicht nur die meisten Ressourcen vermutet. Das Land kontrolliert auch die Nordostpassage und kann zukünftig auf enorme Transitgebühren hoffen. Im Gegensatz zu den USA hat Russland seine strategischen Möglichkeiten in der Arktis längst erkannt. Etwa eine Milliarde Dollar investiert Moskau derzeit in den Hafen von Murmansk, um dessen Kapazität bis 2015 zu verdoppeln. Darüber hinaus ist das Land dabei, mindestens drei weitere atombetriebene Eisbrecher zu bauen, obwohl es schon heute über die weltgrößte Arktisflotte verfügt. Henrik Jedig Jørgensen, Leiter des Dänischen Instituts für Militärische Studien:

    "Die Russen sind sehr aktiv, denn ein großer Teil ihrer Ökonomie stützt sich auf die Ressourcen, die sie aus der Arktis fördern. Gleichzeitig aber sind die Russen extrem kooperativ. Ohne die Russen wäre die Forschung der anderen Arktisstaaten in der Region überhaupt nicht möglich. Das einzige Land, das die UNO-Seerechtskonvention noch nicht ratifiziert hat, sind die USA. Dagegen benehmen sich die Russen in der Arktis geradezu vorbildlich, wie ein Musterschüler."
    Doch selbst diese Tatsache stimmt Scott Borgerson vom amerikanischen Council on Foreign Relations nicht optimistisch:

    "Es gibt genügend historische Parallelen. Die Arktis hat jegliches Potenzial, hat alle Zutaten für Ärger. Ich sage nicht, dass das zu einem heißen Krieg führen muss, dass Eisbrecher anfangen, sich zu beschießen, obwohl selbst das nicht auszuschließen ist. Doch ich denke, dass Konflikte hier das geopolitische Klima beeinflussen und zu bilateralen, ja multilateralen Auseinadersetzungen anderswo führen könnten. Bei der Raketenabwehr, Afghanistan, den GATT-Verhandlungen oder anderen Handelsfragen. Auf einmal wird die Arktis, die seit Jahren vom Eis bedeckt und vergessen war, ein geopolitisches Thema."
    Ein Thema, für das sich neuerdings auch die Europäische Union interessiert. Denn die EU-Mitgliedsstaaten sind nicht nur die größten Geldgeber für Forschungsaktivitäten in der Arktis. Die EU verfügt auch über die weltweit größte Handelsflotte und hat eigene strategische Interessen. Hubert Gambs, zuständiger Arktis-Experte im Kabinett von EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner:

    "Es geht sicher auch darum, dass dort große Ressourcen vorhanden sind in der Arktis und deren Nutzung wahrscheinlicher wird. Aber es geht auch darum, dass die sich entwickelnden Handelsströme natürlich für die EU auch für nicht-arktische Staaten von großem Interesse sein werden. Und auch die nicht-arktischen Staaten der EU sind sich dessen bewusst, dass der Klimawandel, und gerade auch der Klimawandel in der Arktis, große Auswirkungen hat und dass versucht werden muss, diese Auswirkungen zu begrenzen, denn das hat ja dann auch wieder Rückwirkungen für sie als Staaten."
    Wie wichtig der Zugang zur Arktis ist, welche geostrategischen Interessen, aber auch Konflikte mit diesem Thema verbunden sind, das zeigt auch die Tatsache, dass es der EU bislang nicht einmal gelungen ist, auch nur den Status eines permanenten Beobachters im Arktischen Rat zu erlangen. Selbst unter dem Vorsitz des EU-Mitgliedstaates Dänemark wurde die Entscheidung gerade erst wieder vertagt. Außenminister Per Stig Møller:

    "Die Entscheidung wurde nicht aufgeschoben, sondern wir haben keine Lösung für diese Frage gefunden. Ich finde es gut, wenn die EU eine Arktis-Strategie entwickelt, ebenso wie es eine Strategie für die Ostsee oder andere Regionen gibt. Es werden eine Menge Kosten anfallen, Überwachung, Search and Rescue, und so weiter, die dann nicht nur von den fünf Anrainern, sondern auch von der EU getragen werden. Insofern begrüße ich das Interesse der EU und habe nichts dagegen, wenn sie sich konstruktiv beteiligt."
    Verklausuliert heißt das: Übernahme von Kosten ja, Einfluss nein – nicht nur unter den Arktis-Anrainern, sondern auch innerhalb der EU birgt die Arktis politischen Sprengstoff. Es herrscht Aufbruchsstimmung. Nicht nur in Moskau, Oslo oder Kopenhagen hat man die durch den Klimawandel entstehenden Möglichkeiten längst erkannt. Auch in Washington, Brüssel und Berlin ist das nun der Fall. Zwar formuliert sich der frischgebackene Außenminister Guido Westerwelle noch diplomatisch. Die Arktis und die mit ihr verbundenen Perspektiven hat aber auch er fest vor Augen:

    "Wir werden natürlich unsere anstehenden Fragen, was die Arktispolitik angeht, im Rahmen des Völkerrechtes und auf Basis des internationalen Seerechtsübereinkommens angehen. Das sind neue große Herausforderungen – ökologische, ökonomische, auch was Rohstoffe angeht. Und es gibt zugleich natürlich auch berechtigte Interessen der dort lebenden Menschen, der Anrainerstaaten und auch der internationalen Staatengemeinschaft. Und das gilt es vernünftig zueinander zu bringen."
    Den Menschen in der Arktis selbst ist es unterdessen nahezu egal, wer sich für die Region interessiert. Sie erhoffen sich Investitionen und eine ökonomische Perspektive. Die Preise für Robben seien seit Jahren am Boden, erzählt Fischer Tobias Ignatiusen. Auch das Walfangverbot treffe die Grönländer hart. Zudem müssen sie mit den Folgen des Klimawandels zurechtkommen.

    "Als ich jung war, konnten wir alle hier vom Meer leben. Wir konnten unsere Boote und Motoren bezahlen. Heute ist das anders. Die Küstenorte verfallen, wir schlagen uns irgendwie durch. Das ist eine traurige Entwicklung."