Mittwoch, 15. Mai 2024

Archiv


Schattierungen Lateinamerikas

Lateinamerika kommt in den deutschen Medien eher am Rande vor. Gegen dieses Informationsmanko wollen Studierende der Universität Köln angehen. Seit zehn Jahren erscheint hier die Zeitschrift 'Matices', was übersetzt Schattierung oder Nuance bedeutet.

18.08.2003
    Campus & Karriere: Kathy Ziegler ist die Chefredakteurin von "Matices", kann man so sagen. Warum interessieren sich die Menschen so wenig für Südamerika?

    Kathy Ziegler: Ich denke, es ist einfach eine Entwicklung der vergangenen Jahre, dass mehr in Richtung Osten geguckt wird: Zusammenbruch des Kommunismus, man entdeckt den Osten neu, im Bereich der Wirtschaft konzentriert man sich auf die Märkte in Asien. Dadurch hat man immer stärker das Interesse an Lateinamerika, an dieser Region, verloren. Es gab ja in den sechziger Jahren einen Boom, was sich in der Literatur niedergeschlagen hat: Gabriel Garcia Marquez ist ein leuchtendes Beispiel dafür. Diese starke Popularität, die die Region damals erfahren hat, hat abgenommen zu Gunsten des Ostens. Wir spüren das natürlich am Interesse für die Region, am Feedback, was wir für die Zeitschrift bekommen oder im ganz konkreten Fall daran, dass wir Unterstützung brauchen für die Zeitschrift. Viele Projekte fließen einfach in den Osten und wir als kleine Zeitschrift, die versucht zu überleben, haben keine Möglichkeit und bekommen keine Zuwendung, um das Ganze einer noch breiteren Öffentlichkeit darbieten zu können.

    Campus & Karriere: Wer macht "Matices"? Wie muss man sich das vorstellen? Studierende der Uni Köln wahrscheinlich - das habe ich schon gesagt -, Regionalwissenschaftler, Leute, die Spanisch studieren, wer sonst noch?

    Kathy Ziegler: Studenten, die Spanisch, Regionalwissenschaften Lateinamerika, Politik studieren, aber auch Kunsthistoriker oder Geschichtsstudenten. Es ist eigentlich eine relativ bunte Mischung. Inzwischen ist es auch so, nachdem es seit zehn Jahren fast besteht, dass der eine oder andere mit seinem Studium fertig geworden ist. Viele bleiben aber der Zeitschrift verbunden und versuchen, sie weiter zu stützen. Der Gründer Gunnar Nilsson ist inzwischen an der Uni Jena und unterstützt nach wie vor die Zeitschrift mit Beiträgen und macht für uns Werbung in Ostdeutschland oder an der Uni in Jena. Eine Redakteurin ist in Berlin und versucht da, Kontakte zu knüpfen, zum Beispiel mit dem Haus der Kulturen der Welt. Sie ist jetzt seit zwei, drei Jahren fertig und hält diese Verbindung noch. So haben wir einerseits die Studenten und andererseits "alte Hasen", die dann versuchen, aus ihrem Berufsleben heraus Erfahrungen mit in die Zeitschrift einfließen zu lassen.

    Campus & Karriere: Wer liest denn "Matices"? Sie haben eben schon die Latinos angesprochen, also diejenigen, die Kontakte nach Südamerika haben oder selbst Südamerikaner sind oder auch Familienangehörige. Wer ist es sonst noch? Sie wollen ja auch ein besonderes Interesse für die Region, für die "Kulturregion", wie Sie es nennen, wecken?

    Kathy Ziegler: Zum Teil sind es Latinos, die sich darüber freuen, dass hier in Deutschland über ihre Länder berichtet wird. Zum ganz großen Teil sind es aber deutschsprachige Leser, die einfach ein Interesse an der Region haben. Einerseits, weil sie studieren, weil sie auf der Suche sind nach Informationen zu ihren Themen. Andererseits sind es aber auch Professoren oder Universitätsabteilungen, die uns abonniert haben und die Zeitschrift als Diskussionsforum begreifen. Es werden unterschiedliche Themen diskutiert: Manchmal ist es ein bisschen mehr wissenschaftlich, manchmal ist es unterhaltsam, wenn es in den Bereich der Kultur geht. Es sind auch sehr viele, die die Region durch Reisen kennen gelernt haben und mehr darüber erfahren wollen.

    Campus & Karriere: Sie haben vorhin schon die finanziellen Probleme angesprochen. Ich finde, wir sollten dann auch mal ganz deutlich werden: Kann man sagen, dass "Matices" bedroht ist?

    Kathy Ziegler: Ja, auf jeden Fall. Die Probleme, die die Zeitungsbranche an sich hat, haben wir natürlich auch. Der Einbruch am Anzeigenmarkt traf uns genauso. Uns natürlich umso härter, denn wir arbeiten zwar alle ehrenamtlich für die Zeitschrift, aber wir haben gewisse Fixkosten, die jeden Monat getragen werden müssen. Wenn dann wichtige Kunden abspringen, wissen wir teilweise nicht mehr, wie wir in Druck gehen können. Wir hatten jetzt zwei, drei Nummern, die zu spät rauskamen, weil wir dasaßen und nicht wussten, wie wir den Drucker bezahlen sollten. Wir waren schon so weit zu sagen, dass wir privat Geld einlegen müssen, damit wir überhaupt weiter funktionieren können.

    Campus & Karriere: Ich glaube, die Nachricht ist angekommen. Trotzdem muss man ja mal nachfragen: Wie sieht es denn aus mit Unterstützung der Uni selbst? Es sind Regionalwissenschaftler zum Beispiel dabei - das ist hier in Köln ein großer Zweig -, tut sich da nichts?

    Kathy Ziegler: Nein. Ich habe, glaube ich, schon zwei Spendenaufrufaktionen an der Uni gemacht, weil wir die Professoren natürlich noch aus den Vorlesungen und Seminaren kennen, teilweise sogar sehr gute Kontakte zu ihnen haben. Sie stützen unser Projekt auch, aber so groß war dann leider die Liebe doch nicht.

    Campus & Karriere: Wir wünschen auf jeden Fall von unserer Seite alles Gute. Danke, Kathy Ziegler, für die Informationen über "Matices".

    Probelesen und abonnieren kann man "Matices'" unter www.matices.de