Donnerstag, 25. April 2024

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Schauspielerin Lina Beckmann über Rollen
"Es gibt Figuren, die sind fast unangenehm nah"

Lina Beckmann war "Schauspielerin des Jahres" und wurde beim Berliner Theatertreffen ausgezeichnet. Sie spielt oft zerrissene, schwierige Charaktere. Viele lässt sie dicht an sich heran, anderen kommt sie trotz Distanz sehr nah. "Das ist ein bisschen wie nackt auf der Bühne stehen", sagte sie im Dlf.

Lina Beckmann im Gespräch mit Karin Fischer | 19.08.2020
Die Schauspielerin Lina Beckmann zu Gast in der WDR Talkshow Kölner Treff
Lina Beckmann kann ihr Gesicht in alle möglichen Richtungen verformen - sie kann aber auch einfach nur entspannt lächeln (imago images / Horst Galuschka)
Lina Beckmann ist eine Schauspielerin, die den Zuschauerinnen und Zuschauern im Gedächtnis bleibt. Egal, ob sie "Rose Bernd" spielt, jene Frau, die ihr eigenes Kind umgebracht hat, oder "Jette John" in dem Gerhard Hauptmann- Stück "Die Ratten" oder "Ella" in "John Gabriel Borkmann". Lina Beckmann geht mit aller Wucht in ihren Rollen auf. "Man muss eine innere Stärke haben und sich dem Moment ausliefern", erzählt sie über ihre Herangehensweise.
Meditation ohne Erholung
Bei den Rollen, die sie spiele, sei dies oft notwendig. Nach manchen Vorstellungen, so Beckmann, sei sie völlig erschöpft. Der Prozess des Arbeitens sei schwer zu beschreiben. "Es ist wie eine Meditation" , ohne, "dass man abschaltet."
In einer Glaskugel spiegelt sich die Adriaküste, die im Hintergrund nur unscharf zu sehen ist.
Gesprächsreihe - nah und fern
Nähe und Distanz sind keine feststehenden Größen. Wo das eine aufhört und das andere beginnt, empfindet jeder anders. Und jede Disziplin, jede Kunstgattung geht auf ihre Weise damit um.

Oft, so Beckmann, sei ihr Körper im Probenprozess sehr angespannt. Gerade als sie die Rose Bernd spielte, sei sie sehr von der Rolle berührt gewesen. "Dann weine ich manchmal privat, weil ich spüre, wie die sich jetzt fühlen muss. Wenn es gelingt, dann löst sich die Lina auf."
Bandbreite und Bewusstsein
Ihr Ansatz, so hat sie es auf der Bochumer Schauspielschule gelernt, sei spielerisch. Man könne nicht alles trainieren, aber "was man trainieren kann, ist sich für alles zu öffnen. Das ist fast wie Joggen lernen." Wichtig sei es, die Rolle anzunehmen, "das Öffnen der eigenen Seele für die Figur, die man spielt."
Immer wieder wird ihre unglaubliche Bandbreite hervorgehoben. Lina Beckmann kann von Klamauk bis Wahnsinn alles bedienen, und auch ihr ausdrucksstarkes Gesicht wird von Kritikerinnen und Kritikern gelobt. "Ich kann über mein Gesicht sehr wenig sagen. Das passiert mir einfach."
Lina Beckmann, 1981 in Hagen geboren, studierte am Schauspiel Bochum und hatte unter anderem Engagements am Schauspiel Zürich sowie lange Jahre am Kölner Schauspiel. 2013 wechselte sie zusammen mit der ehemaligen Intendantin Karin Beier ans Hamburger Schauspiel. Gemeinsam mit ihren Geschwistern, die allesamt dem Theater und Fim verbunden sind, hat sie 2009 das Künstlerkollektiv "Spielkinder" gegründet. Zusammen haben sie an der Verfilmung "Junges Licht" mitgewirkt, die auf einem Roman von Ralf Rothmann basiert.