Kurzfristig hat Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien am Freitagmorgen zur Pressekonferenz geladen. Es sei eine gute Nachricht, dass am kommenden Montag wieder die Grundschulen in weiten Teilen des Landes in den Regelbetrieb gingen, sagt die CDU-Politikerin: "Das ist von so großer Bedeutung, weil Präsenzunterricht unbedingt erforderlich ist für die Entwicklung und den Bildungserfolg von Kindern."
Wer würde ihr da widersprechen. Trotzdem ist die Entscheidung der Landesregierung in Kiel nicht unumstritten. Zwar werden beispielsweise auch in Bayern, Brandenburg und Baden-Württemberg am kommenden Montag wieder die Grundschulen geöffnet. Allerdings im Wechselunterricht.
In Schleswig-Holstein will Bildungsministerin Prien ab Montag in acht der insgesamt zwölf Landkreisen allen Kindern der ersten bis zur vierten Klasse den Schulbesuch ermöglichen. Auch in Kiel und Neumünster sowie auf der Nordseeinsel Helgoland wird es wieder eine Rückkehr zum Grundschulunterricht unter Corona-Bedingungen geben. Aber nicht im Wechselmodell sondern für alle.
"Diese Öffnung ist bei den weit gesunkenen Inzidenzen – heute sind wir landesweit laut RKI bei unter 50 – bei 49,1, bei anderen Berechnungen schon bei 47; verantwortlich geht das jetzt! Und zwar mit weitgehend und wissenschaftlich erprobten Hygienemaßnahmen", so Prien.
Massive Kritik der Gewerkschaft
Von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gibt es dazu massive Kritik. Erst gestern hat sie einen offenen Brief an Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten geschickt mit der Bitte, die Öffnungen von Grundschulen und Kitas am kommenden Montag zu stoppen. GEW-Landesgeschäftsführer Bernd Schauer begründet das so:
"Frau Prien hat Recht, dass Bildung sehr wichtig ist. Aber Gesundheitsschutz für die Beschäftigten in den Schulen ist natürlich auch sehr wichtig. Und es hilft uns nichts, wenn jetzt in großen Gruppen in den Grundschulen wieder der Unterricht beginnt. In 25er-Klassen. Und dann in der kommenden Woche und der übernächsten Woche das ganze wieder zurückgenommen werden muss. Weil auch in Schleswig-Holstein dann wieder die entsprechenden Infektionszahlen ansteigen."
Schauer spricht sich für Wechselunterricht aus sobald landesweit der Inzidenzwert unter 35 liegt. Aber nicht in einem wöchentlichen Wechsel der Gruppen wie es das Bildungsministerium in Kiel noch vor kurzem angedacht habe. Schauer: "Weil unsere Kolleginnen sagen, gerade in der Grundschule verlieren dann viel zu viele Schülerinnen den Kontakt zur Lehrerin oder zum Lehrer. Da muss tatsächlich ein täglicher oder zweitäglicher Wechsel stattfinden."
Bildungsministerium verteidigt Konzept
Das Bildungsministerium hält das Konzept dagegen für angemessen. Auch weil in drei Schleswig-Holsteinischen Landkreisen mit besonders hohen Infektionszahlen sowie der Stadt Lübeck die Grundschulen und Kitas auch in der kommenden Woche nur Notbetreuung anbieten. Besonders stark betroffen ist die kreisfreie Stadt Flensburg, wo etwa ein Drittel aller Corona-Infektionen auf die britische Mutante zurückzuführen ist.
Im Gespräch mit Deutschlandradio und NDR sagte Flensburgs Oberbürgermeisterin Simona Lange am vergangenen Mittwoch: "Wir haben die Entscheidung, dass unsere Schulen bis 8. März geschlossen bleiben, das ist ein richtiger Schritt, also nur Notbetreuung anbieten. Gleichwohl haben wir die große Aufgabe, in dieser Geschlossenheit dieser Schulen auch Kinderschutz zu betreiben. Das ist eine Herausforderung. Aber Gesundheitsschutz ist derzeit das A und O."
Wenn am Montag in den Landkreisen mit niedrigen Infektionszahlen wieder der Grundschulunterricht losgeht, sollen vor allem Lesen, Schreiben und Rechnen wieder vermittelt werden. Aber auch das soziale Lernen und das Miteinander sei wichtig, so Schleswig-Holsteins Bildungsministerin. Viel Hoffnung auf eine Stabilisierung der Situation setzt Karin Prien auch auf verstärkte Testungen der Lehrkräfte sowie Impfungen.
Prien: "Wenn wir es ernst meinen mit der Priorisierung von Bildung, dann gehört dazu auch, dass die Lehrkräfte und das Kita-Personal und die anderen in der Schule Beschäftigten in der Impfpriorität weiter nach oben rücken. Ich appelliere daher an die Gesundheitsminister, hier rasch eine entsprechende Anpasung der Impfverordnung möglich zu machen. Wir setzen dabei als Land Schleswig-Holstein auf eine bundesweite Lösung."
… und nicht auf einen Kieler Sonderweg.