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Seine Spezialität: Mafioso

"Das Schöne an der Schauspielerei ist, dass man das Leben anderer Leute leben kann, ohne den Preis dafür zu zahlen", hat Robert De Niro einmal gesagt. Seit 40 Jahren ist er einer der führenden Charakterdarsteller in Hollywood.

Von Jörg Albrecht | 16.08.2013
    Ausschnitt aus "Big Wedding":

    "Was, glaubst du, gab es zuerst? Die Katholische Kirche oder den Cunnilingus?"
    "Nimm nicht solche Worte in den Mund!"
    "Darf man jetzt nicht mal mehr Katholische Kirche sagen?"
    "Nein, das andere. ..."

    Das geht ja gar nicht, sehr geehrter Herr De Niro, lieber Bob. Mit so was könntest Du schon bald auf jener Liste stehen, auf der niemand stehen will: "Nominiert für die Goldene Himbeere", also den Preis für die mieseste Darstellerleistung des Jahres. Aber das hat selbst Marlon Brando geschafft, mit dem Dich viele vergleichen. Du hättest Dir die Trophäe als notgeiler, alter Sack im peinlichen Klamauk "Big Wedding" wirklich verdient.

    Ausschnitt aus "Taxi Driver":

    "Redest du mit mir? Du laberst mich an?"

    Klar – Dich mein ich. Die Zeiten, in denen Du, Herr De Niro, als grandioser Charakterdarsteller und Schauspiel-Chamäleon Furore gemacht hast - diese Zeiten sind lange vorbei.

    "Kann es sein, dass du mich meinst? Du redest mit mir?"

    Heute machst Du vor allem im Rollenfach des komischen Alten von Dir reden. Der kommerziell erfolgreichste Film Deiner gesamten Karriere ist die Klamotte "Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich". Stimmt die Gage, ist Dir kein Drehbuch peinlich.

    "Mit wem kannst du Arsch in diesem Ton reden?"

    Sorry, Herr de Niro, einer muss es Dir ja mal sagen. Aber wie ich Dich kenne, hast Du sicher einen besseren Grund für deine Rollenauswahl als nur den schnöden Mammon.

    "Es gibt einige Rollen – da ist es schwer, sie gut zu spielen, weil man sie nicht auf eine eigene Art spielen kann, sondern nur so, wie sie jeder spielen würde. Da zögere ich eher, sie anzunehmen. Dann gibt es Rollen, die ich mir nicht mehr antun will. Weil es zu viel Arbeit ist für nur wenig Befriedigung."

    Und Arbeit haben sie Dir eine Menge gemacht: die Männer, die Du von den 1970er-Jahren bis ungefähr Mitte der 90er verkörpert hast. Von akribischen Recherchen bis hin zur völligen physischen Transformation. Die Belohnung: neben Dutzenden Filmpreisen auch zwei Oscars.

    "The winner is Robert De Niro in 'The Godfather Part two'…!"

    Das war der erste: 1975 – für Deine Darstellung des jungen Vito Corleone in "Der Pate 2". Beim zweiten – sechs Jahre später für Dein Meisterstück, die Boxlegende Jake LaMotta, da gab es ein besonderes Dankeschön an die Eltern und Großeltern:

    "I wanna thank my mother and father for having me and my grandmother and grandfather for having them ..."

    Ausschnitt aus "Wie ein wilder Stier":

    "Seit drei Jahren rackerst du Dich ab. Gegen wen willst Du denn noch antreten? Jeder hat Angst vor Dir. Ist dir das nicht klar? Das Einzige, worauf du achten musst, ist dein Gewicht."
    "Mich ärgert mein Gewicht."
    "Ist es wirklich dein Gewicht?"
    "Habe ich doch gesagt. Mein Gewicht."

    Um authentisch zu sein, um als Jake LaMotta zu überzeugen, hast Du nicht nur immer wieder die Boxhandschuhe angezogen und trainiert. Du hast dir auch fast 30 Kilo Fett angefressen.

    "Meine Faszination daran war, den körperlichen Verfall von jemandem zu beobachten, der seine besten Jahre hinter sich hatte. Ich musste mir selbst einfach ein drastisches Bild von ihm zeichnen und dieses Gewicht aufsatteln. Ich musste dieses Gefühl spüren. Ich wusste, dass Prothesen mir das nicht geben würden. Wenn du derart zunimmst, fühlst du dich selbst unwohl. Deswegen wollte ich es tun."

    Du bist Frankensteins Kreatur gewesen, ein Komapatient, ja sogar der Teufel höchstpersönlich. Und immer wieder ein Mafioso. Deine absolute Spezialität.

    Ausschnitt aus "Good Fellas":

    "Schau mich an! Du verpfeifst nie deine Freunde und hälst immer den Mund."

    "GoodFellas", "Die Unbestechlichen", "Casino". Tolle Rollen, große Filme. Und dann ist da natürlich noch "Taxi Driver". Als Vietnam-Veteran Travis Bickle hast Du für einen der am häufigsten zitierten Sätze der Filmgeschichte gesorgt.

    Ausschnitt aus "Taxi Driver":

    "You talkin' to me? You talkin' to me?"

    "Wir drehten die Szene, und ich vergaß den eigentlichen Dialog. Aber er war auf jeden Fall so ähnlich. Ich habe einfach was vor dem Spiegel getan. Und da ich wusste, wie Scorsese arbeitet, würde er es filmen. Manchmal denkt man sich einfach gute Sachen aus."

    Ach - noch einmal was von diesem Kaliber. Das wäre was. Aber dazu müsstest Du Dir doch noch mal viel, viel Arbeit machen wollen. Und wer weiß – vielleicht ist die dann auch befriedigender, als notgeile, alte Säcke zu spielen.

    Ausschnitt aus "Wie ein wilder Stier":

    "Ich verlange von Dir etwas mehr Respekt mir gegenüber. Ist das klar?"