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Selbstständige Filmschaffende

Mit dem Programm EXIST unterstützt das Bundeswirtschaftsministerium Unternehmensgründungen aus Hochschulen heraus. Bislang hauptsächlich auf Technologieunternehmen ausgerichtet, kommen zunehmend die Geistes- und Kulturwissenschaften in den Blick. So erhält als erste Kunsthochschule in Deutschland die Hochschule für Film und Fernsehen HFF in Potsdam 500.000 Euro zum Aufbau eines Existenzgründerzentrums.

Von Claudia van Laak | 27.09.2007
    Ich bin irgendwie in die Selbständigkeit reingestolpert, sagt Anna Wendt. Die 31-Jährige hat Film- und Fernsehproduktion in Potsdam-Babelsberg studiert, vor zwei Monaten ihr Diplom gemacht und nun das Ein-Frau-Unternehmen "Anna Wendt Filmproduktion" gestartet.

    " Es kam über mich, dann kamen Kurzfilme, dann kam Werbung fürs Internet, für Bitburger zum Beispiel habe ich den Werbespot gemacht, und plötzlich das Diplom, ich hatte nicht die Notwendigkeit, mich darum zu kümmern. "

    Anna Wendt arbeitet alleine, sucht sich bei Bedarf andere studentische Mitarbeiter oder Berufsanfänger, die sie gar nicht oder nur schlecht bezahlen kann. Finanziell kommt sie so gerade über die Runden.

    " Ich beute mich auch selber noch mit aus. Dass man damit große Sprünge machen kann, dass ist natürlich in weiter Ferne. Gerade im filmischen Bereich ist es so, dass die ganzen Nachwuchsprojekten utopisch unterfinanziert sind und nur darüber zu finanzieren sind, dass die Leute umsonst arbeiten, das ist natürlich auf Dauer unmöglich. "

    Klaus-Peter Müller:

    " Das ist ein klassisches Beispiel, noch verschenkt sie eine Menge an Möglichkeiten. Selbst wenn sie über die Runden kommt, ist es nicht der optimale Zustand, es wäre besser, sie hätte mehr Geld und wäre besser strukturiert, auch vom Marketing her. "

    Klaus-Peter Müller will dafür sorgen, dass Film- Fernsehn- und andere Medienstudenten künftig besser vorbereitet in die Selbständigkeit starten. Müller leitet - zunächst für drei Jahre - das Gründerzentrum "MediaExist" an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam. Ausgangspunkt ist eine von ihm erarbeitete Studie über Medien-Existenzgründer in Berlin und Brandenburg. Ein Ergebnis: Nur jeder zehnte erhielt ein Bankdarlehen.
    " Das heißt, 90 Prozent haben wahrscheinlich zu wenig Kapital. Dann haben wir festgestellt, dass Drei Viertel aller überhaupt keine Vorstellung von Marketing haben. Sie haben alle gesagt "Mund-zu-Mund-Propaganda". Da muss man aber erst einen Namen haben, um davon leben zu können. "

    Kommen Studierende in die Beratung von Klaus-Peter Müller, steht am Anfang ein Persönlichkeitstest. Dann klopfen Experten die Unternehmensideen der Gründer ab, prüfen die Markttauglichkeit. Der frisch gebackenen Unternehmerin Anna Wendt rät Müller: mehr ins Risiko gehen und nicht alles selber machen wollen.

    " Wir wollen ja auch sehen, dass die Unternehmen nicht so kleinteilig bleiben, sondern dass sie tatsächlich Mitarbeiter beschäftigen, und spätestens da versagt es, weil man Angst hat, zuwenig davon zu verstehen, und dann lässt man's. "

    Der große Vorteil von "MediaExist": Leiter Klaus-Peter Müller hat bereits eine Reihe privater Geldgeber gefunden, die insgesamt 5 Millionen Euro für die Finanzierung von neuen Medienunternehmen zur Verfügung stellen.

    " Die Geldgeber werden dann auch in der Jury sitzen und mit uns und mit Hilfe von Wirtschaftsprüfern dann diese Geschäftsmodelle prüfen und entscheiden, wer aus diesem Private Equity, aus diesem Investitionskapital, Geld bekommt. "

    Studierende und Absolventen der Hochschule für Film und Fernsehen HFF erhalten die Gründerberatung umsonst, andere zahlen dafür eine geringe Aufwandsentschädigung. Der Präsident der HFF Dieter Wiedemann freut sich über "MediaExist" und verspricht, dass das Thema "Existenzgründung" künftig bereits während des Studiums eine größere Rolle spielen soll.

    " Die Lehr- und Studienprogramme stammen ja aus den 90er Jahren, wir haben die zwar immer wieder modernisiert, aber wir nutzen den Schwung Bachelor/Master, um das in die Masterausbildung mit einzubringen. "

    Die Stadt Potsdam und das Land Brandenburg hoffen, dass die künftigen Unternehmer am traditionsreichen Filmstandort Babelsberg bleiben. Für 8,4 Millionen Euro entsteht derzeit ein Mediengründerzentrum - die ersten Firmen sollen Ende nächsten Jahres einziehen.