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Sicherheitsbedenken bei Gemüse

Jeder Bürger hat laut Grundgesetz das Recht, sich an die Volksvertreter zu wenden. 104.537 Gentechnikgegner haben nun von davon Gebrauch gemacht und fordern von der Bundesregierung, sich in Brüssel für einen Zulassungsstopp neuer gentechnisch veränderter Pflanzen einzusetzen.

Von Almuth Knigge | 26.09.2011
    "Wir sind Bäuerinnen und Bauern, die sagen, wir wollen gentechnikfrei produzieren, und Gentechnikfreiheit wird bedroht von Nachbaräckern, die GVO gesät haben, und dann kann es eben Auskreuzungsgefahr geben und das würde dazu führen, dass wir enormen Schaden erleiden würden."

    "Deutschland kann sich dauerhaft nicht von diesen Entwicklungen auf den Weltmärkten auskoppeln."

    "Wenn wir es einmal drin haben im Boden, dann kriegen wir es auch nicht so schnell wieder weg."

    "Wir können keine Glaskuppel über unser Land ziehen."

    So oder ähnlich wird seit Jahren über Segen oder Fluch von Grüner Gentechnik auf deutschen Äckern diskutiert. Die Befürworter sprechen unter anderem von einem Weg zur Lösung des Welthungerproblems oder einem großen Bedarf in der Landwirtschaft. Mehr als 100.000 Unterzeichner einer Petition, die heute vor dem Petitionsausschuss des Bundestages geprüft wird, sehen das anders.

    "Die Zulassungsverfahren sind nicht unabhängig, das sieht man daran, dass sie auf Grundlage der Studien durchgeführt werden, die von der Industrie eingereicht werden. Also die Behörde stellt keine eigenen Versuche an und gibt auch keine eigenen Versuche in Auftrag."

    Felix Prinz von Löwenstein, Öko-Landwirt und Vorsitzender des Bundes der ökologischen Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hat die Petition eingereicht. Er und seine 104.537 Mitstreiter fordern von der Bundesregierung, sich in Brüssel für einen Zulassungsstopp neuer gentechnisch veränderter Pflanzen einzusetzen. Die zuständige EU-Behörde EFSA prüfe Umwelt- und Gesundheitsrisiken allenfalls mangelhaft und berücksichtige soziale und wirtschaftliche Schadwirkungen nicht, so die Begründung.

    "Ein weiterer Kritikpunkt an der EFSA ist, dass die Ergebnisse der Untersuchungen, die ihnen vorliegen, der Öffentlichkeit nicht vollständig vorliegen. Das betrifft zum Beispiel die Frage, an welchem Ort ein Gen eingebaut ist oder nicht. Alles Dinge, die man wissen muss, wenn man mit eigenen Untersuchungen herausfinden will, was dort geschehen ist."

    Keiner wisse, was mit der Pflanze passiert, welche Giftstoffe oder Eiweiße gebildet werden, auf die der Mensch im Zweifel allergisch reagiert. Unkalkulierbar seien die Auswirkungen auf die Gesundheit von Insekten und der Einsatz von Antibiotikaresistenzgenen, die als Marker benutzt werden, um die Sorten wiederzuerkennen.

    "Wie soll ich den Nutzen beweisen","

    wendet Ricardo Gent, Geschäftsführer der deutschen Industrievereinigung Biotechnologie ein

    ""wenn es einfach nicht gelingt, das Produkt auf den Markt zu bringen, und jeder kann es ausprobieren. Das ist ein Teufelskreis. "

    Der in absehbarer Zeit wohl nicht durchbrochen werden kann. Im Gegenteil:

    "Deutschland zählt immer noch in der Forschung Pflanzenbiotechnologie zur Weltspitze. Das Problem auf das wir stoßen, ist, es wird immer schwieriger, vom Labor, aus dem Gewächshaus ins Freiland zu kommen."

    Und das, obwohl die Bundesregierung bei Amtsantritt Grüne Gentechnik "als wichtige Zukunftsbranche für Forschung, Wirtschaft und Landwirtschaft" gelobt hatte.

    Auch Christel Happach-Kasan, Agrarexpertin der FPD im Bundestag, sieht nur Segen und keinen Fluch in der Grünen Genttechnik. Man könne, sagt sie, mit Grüner Gentechnik sogar viel besser ökologische Landwirtschaft betreiben.

    "Ich glaube, wir müssen da einen Schritt weiterdenken: Ich glaube, dass wir die Anbaurichtlinien nach dem Verständnis jetzt richten, und ich glaube, dass die sich verändern werden, so wie sie sich schon im Laufe der Zeit verändert haben. Und da meine ich, dass es an der Zeit wäre, dass sich die Öko-Landbauverbände mal orientieren, was für Möglichkeiten an Einsparungen bei Pflanzenschutzmitteln die neuen oder in Arbeit befindlichen Sorten von gentechnisch veränderten Kulturpflanzen bieten."

    Sicherheitslücken im Zulassungsverfahren sieht sie nicht.

    "Ich meine, dass man auch an Unterlagen, die ein Industrieunternehmen einreicht, feststellen kann, ob eine Sorte sicher ist oder nicht. Und dieses zeigt die Praxis."