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Sinkende Garantiezinsen für Lebensversicherungen

Zum 1. Januar 2012 sinken die garantierten Zinsen für Kapitallebensversicherungen von 2,25 auf nur noch 1,75 Prozent. Betroffen von der Senkung sind allerdings nur diejenigen, die ab 2012 eine Lebensversicherung neu abschließen. Besteht Grund zur Eile, wenn man sowieso plant, eine Lebensversicherung abzuschließen?

Von Wolf-Sören Treusch | 08.12.2011
    Die Werbetrommel wird derzeit kräftig gerührt. Wer jetzt noch schnell eine Lebens- oder Rentenversicherung abschließt und 30 Jahre lang 100 Euro im Monat einzahlt, der hat am Ende etwa 4000 mehr auf dem Konto. So oder so ähnlich rechnen die Versicherer den Verbrauchern seit Wochen vor, welche Folgen die Absenkung des Garantiezinses zum Jahreswechsel hat und wie notwendig und sinnvoll es sei, eine Lebensversicherung noch in diesem Jahr abzuschließen.

    "Der Garantiezins ist hoffentlich nicht das, was am Ende an Kapitalertrag raus kommt."

    ... sagt dagegen Susanne Meunier von der Zeitschrift FINANZTEST, denn...

    "Wenn ein Unternehmen Kunden anspricht und sagt, 'du hast so und so viel tausend Euro weniger im Geldbeutel, wenn du erst im nächsten Jahr abschließt', dann bedeutet das: Das Unternehmen geht davon aus es gibt überhaupt keine Überschüsse. Wäre das der Fall, kann man sagen, ist sowieso eine ganz miserable Geldanlage."

    Der Garantiezins ist nur ein Teil des Versprechens, das ein Lebensversicherer gibt. Daneben werden die Kunden an den jährlichen Überschüssen beteiligt, und ganz am Ende kommt noch eine Schlusszahlung obendrauf – als Belohnung fürs Durchhalten. Hasso Suliak vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.

    "Die Senkung des Garantiezinses zum 1. Januar 2012 hat für die Kunden keine Auswirkungen, was die Rentabilität der Lebensversicherung anbelangt, entscheidend ist hier die Gesamtverzinsung, die liegt aktuell im Branchenschnitt bei rund 4,8 Prozent."

    "Wir haben jetzt niedrige Zinsen, die sind schon sehr lang sehr niedrig, es kann aber durchaus sein, dass sie in der Zukunft höher sind, und dann profitieren auch die Menschen, die erst 2012 abschließen, von höheren Kapitalerträgen, und nachher kommt das, was cash auf die Hand kommt, ist wahrscheinlich genau das Gleiche."

    Je sparsamer die Versicherungsunternehmen wirtschaften, je geschickter sie ihr Geld anlegen, desto mehr profitiert davon der Kunde. An diesem Prinzip ändert sich auch dann nichts, wenn der Garantiezins sinkt. Verbraucherschützer warnen deshalb davor, den niedrigeren Garantiezins als Entscheidungsgrundlage zu nehmen.

    "Ich weiß nicht, warum die Verbraucherschützer warnen, ..."

    …wundert sich Hasso Suliak vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.

    "Wir beobachten keine Jahresendralley, sehen dafür auch keinen Anlass, für uns ist jedenfalls die Absenkung des Höchstrechnungszinses zum nächsten Jahr auch kein Grund panisch zu reagieren, wir sagen aber: Man sollte die Altersvorsorge nicht auf die lange Bank schieben."

    Wer im Moment tatsächlich über den Abschluss einer Kapitallebensversicherung nachdenkt, sollte mehreres beachten. Erstens: Die Versicherungsgesellschaften wirtschaften sehr unterschiedlich mit dem Geld ihrer Kunden. Die besten schaffen derzeit immer noch eine Rendite von vier Prozent, allerdings ist die Tendenz fallend. Zweitens: Alternative Anlageformen für die Altersvorsorge wie Aktien, Immobilien oder Anleihen können eventuell eine höhere Rendite abwerfen. Und drittens: Man braucht Stehvermögen. Susanne Meunier von der Zeitschrift FINANZTEST.

    "Man weiß nicht, was am Ende rauskommt bei einem so lang laufenden Vertrag, Lebens- und Rentenversicherungen werden ja oft über viele Jahrzehnte abgeschlossen, das ist auch das Problem. Und davor muss man sich schützen: Wenn man nämlich nicht genau weiß, dass man den Beitrag immer aufbringt, dann ist es vollkommen egal, welchen Garantiezins man hatte, dann ist es insgesamt eine schlechte Anlage, wenn man vorher rausgeht."

    Denn wer vorzeitig kündigt, beteiligt sich anteilig auch höher an den Verwaltungskosten und den Provisionen für die Vermittler. Nach einer Studie der Universität Bamberg haben die Versicherungskunden in den vergangenen zehn Jahren auf diese Art insgesamt knapp 160 Milliarden Euro verloren. Die Versicherer selbst bestreiten diese Zahlen, liefern jedoch auch keine eigenen. Fazit von Finanzexpertin Meunier:

    "Wenn man jetzt schon ahnen kann, dass man zum Beispiel seinen Job verliert oder das Geld eher braucht, dann ist das einfach nicht das richtige Produkt. Egal ob 2011 oder 2012 abgeschlossen."