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Sissis Übermutter

Sie galt als Managerin ihrer Tochter, als eine, die ihr Kind bevormundet und nicht ziehen lässt: die Mutter Romy Schneiders - Magda. Darüber wird häufig vergessen, dass Magda Schneider vor der Karriere ihrer Tochter eine bekannte Schauspielerin war, die in mehr als 30 Filmen vor der Kamera stand. Vor 100 Jahren wurde Magda Schneider geboren.

Von Beatrix Novy | 17.05.2009
    "Wie kommst Du denn hierher?"

    "König Ludwig hat mir seine Jacht zur Verfügung gestellt, damit ich dich besuchen kann!"

    Magda Schneider war die Königinmutter. Nicht nur in den "Sissi"-Filmen spielte sie das, was sie im Leben war: die Mutter ihrer Tochter, ein pausbäckiges Hausfrauengesicht. Es ist die boshafte Anekdote überliefert, die Gage sei für Romy Schneider niedriger ausgefallen, wenn sie mit der Mutter im Paket engagiert worden war. Dabei war Magda Schneider, geboren am 17. Mai 1909, der älteren Generation auch solo noch gut bekannt aus der Vorkriegszeit.

    Von der ersten winzigen Rolle 1930 bis kurz vor Kriegsende hatte Magda Schneider in 32 Filmen vor der Kamera gestanden - alle aus dem "Hopsassa-Tralala-Genre", wie sie selbst freimütig bekannte - alle, bis auf einen: Das war "Liebelei", die Verfilmung einer Novelle von Arthur Schnitzler. Magda Schneider spielte das in einen Offizier tragisch verliebte Bürgermädchen Christine so intensiv und natürlich, dass ein Kritiker viele Jahre später schrieb:

    "Eine Rolle so einfach und so vollendet spielen - das reichte für ein ganzes Leben."

    Es musste reichen, denn Ähnliches bot sich ihr nie mehr. Der Regisseur von "Liebelei" war Max Ophüls:

    "Er war scheu, zurückhaltend, aber diese Scheu, das war so… Er hatte einen Charme, diesen berühmten jüdischen Charme, der war so umwerfend, und dann hatte er den Humor dazu."

    Dass sein Charme jüdisch war, kostete Ophüls bald Arbeit und Heimat. Anfang 1933, ein halbes Jahr nach dem Erfolg von Liebelei, emigrierte er nach Frankreich. Magda Schneider blieb und wandte sich umstandslos dem Charme anderer Filmfreunde zu. Alice Schwarzer schreibt - unwidersprochen - in ihrer Romy-Schneider-Biografie:
    "Zu sagen, dass Romys Eltern Mitläufer gewesen waren, wäre untertrieben. Hofschranzen waren sie - und haben sich auch später wenig Gedanken darüber gemacht."

    Wirklich demonstrierte die Art, in der Magda Schneider später über die netten Kindergeburtstage bei Martin Bormanns Familie plauderte, eine naive und oft karikierte Egozentrik der Schauspielernatur, die doch immer nur spielen will. Die öffentlichkeitswirksame Ehe mit ihrem ebenfalls vielbewunderten Kollegen Wolf Albach-Retty, Spross eines bekannten Schauspielerclans, scheiterte allerdings schon 1943. Da war die gemeinsame Tochter Romy fünf Jahre alt. Sie erinnerte sich später:

    "Acht Jahre hat meine Mutter auf ihn gewartet und seine Ufa-Kostüme in den Schränken auf dem Dachboden gepflegt. Sie hat sich die Augen aus dem Kopf geheult. Als Kind habe ich sie gefragt, warum sie denn weint."

    Die Nöte der alleinerziehenden Mutter begründeten die lebenslange, wenn auch zwiespältige Loyalität der Tochter. Magda Schneider sah Romy und ihren kleinen Bruder selten. Sie wuchsen im Landhaus bei Berchtesgaden auf, betreut von den Großeltern, und nach dem Krieg, als Magda Schneider zunächst auf Unterhaltungsabenden tingeln musste, wurde die Situation nicht leichter. 1948 begann sie wieder zu filmen.

    Magda Schneiders zweites Leben begann 1952, als für sie eine etwa 15-jährige Filmtochter gesucht - und in ihrer eigenen Romy gefunden wurde. Deren intensiv unbefangenes Spiel in der Erfolgsschnulze "Wenn der weiße Flieder wieder blüht" ließ ahnen, dass die Tochter alsbald die Mutter überflügeln - aber ihr auch eine neue Lebensaufgabe geben würde. In diesen Jahren bildete sich das fatale Image der klammernden Übermutter Magda Schneider. Vervollständigt wurde das Bild durch Magdas zweiten Ehemann, einen brachialen Erfolgsmenschen aus dem Bilderbuch des Wirtschaftswunders, den niemand mochte, auch der "Spiegel" nicht:

    Die beiden Flügelfiguren dieser Romy-Truppe sind Mutter Magda Schneider und der ihr 1953 in einer höfisch-prunkvollen Zeremonie angetraute Ehemann Hans Herbert Blatzheim. Ein Gastwirt aus Köln, der sich wie ein amerikanischer Präsident gern mit seinen Initialen HHB bezeichnen lässt und im Haus Schneider nur "Daddy" genannt wird.

    Für Magda Schneider war Blatzheim der Mann zum Anlehnen, der in schwerer Zeit materielle Sicherheit versprochen hatte - nach seinem Tod aber musste sie sogar Schmuck verpfänden, um der Schulden Herr zu werden. Ihre Tochter Romy hatte sich da längst aus dem goldenen Käfig befreit und war nach Frankreich gegangen.