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Sodbrennen dauerhaft lindern?

Jeder Zehnte leidet in Deutschland mehrmals pro Woche unter saurem Aufstoßen, so genannten Reflux-Beschwerden. Die Betroffenen spüren dann ein unangenehmes Brennen in der Speiseröhre, im Volksmund auch Sodbrennen genannt. Während die einen nur ab und zu mal aufstoßen, ist der Reflux, also das Zurückfließen des Mageninhaltes in die Speiseröhre, bei anderen chronisch. Und das kann nicht nur unangenehm sein, sondern auch gefährlich, denn in besonders schweren Fällen kann daraus Speiseröhrenkrebs entstehen. Mediziner in Leipzig testen nun ein neues Verfahren, um Sodbrennen dauerhaft zu lindern.

Von Andrea Kalbe | 21.02.2006
    " Guten Tag Herr Schroll, Schiefke ist mein Name. Nehmen Sie bitte Platz. So, Herr Schroll, wir haben uns vor einem knappen halben Jahr das letzte Mal gesehen. Wie ist es Ihnen denn seitdem ergangen?
    Also, es geht schon ein bisschen besser, aber ganz kriegt man es eben nicht weg. "

    Joachim Schroll hat Sodbrennen. Vor allem nach dem Essen und im Liegen verspürt er einen brennenden Schmerz hinter dem Brustbein. Der 61-Jährige leidet unter der so genannten Reflux-Krankheit und kommt deshalb regelmäßig in die Sprechstunde der Leipziger Uni-Klinik.

    " Also ich hab's über viele Jahre, und das ist eben ein Brennen, ein richtig starkes Brennen unterm Brustbein. Bei mir sogar soweit, dass wir schon den Notarzt holen mussten, weil das, wie soll ich sagen, das strahlt aus, dass man eben auch schon denkt, es ist das Herz. Ich hab noch zusätzlich Diabetes, und da ist das schon was ganz Hässliches. "

    Bei der Reflux-Krankheit ist der Schließmuskel am Mageneingang erschlafft oder funktioniert nicht mehr. Das bedeutet, dass die Magensäure ungehindert in die Speiseröhre fließen kann. Da die Speiseröhre im Gegensatz zum Magen sehr empfindlich ist, verspürt der Betroffene ein Brennen oder Drücken. Geht das über längere Zeit, kann sich die Schleimhaut der Speiseröhre entzünden, mitunter verändert sich das Gewebe, im schlimmsten Fall entsteht Krebs. Medikamente, so genannte Säureblocker und Protonenpumpenhemmer, helfen zwar, heilen aber nicht. Die Uni-Klinik Leipzig testet deshalb ein minimalinvasives Verfahren, das die Beschwerden dauerhaft lindern soll - die Behandlung mit dem so genannten Plicator. Der Eingriff wird ambulant durchgeführt und ähnelt einer Magenspiegelung. Dr. Ingolf Schiefke, Oberarzt der endoskopischen Abteilung:

    " Für den Patienten spürt sich diese Plicator-Behandlung wie eine normale Endoskopie an. Der Patient ist komplett in Sedierung, er schläft dabei, und in den Magen wird ein spezielles Endoskop eingeführt, an dessen Ende zwei bewegliche Arme sich befinden, die vorgeladen sind mit Nadel und Faden letztlich. Und es werden dann im Bereich des Übergangs vom Magen zur Speiseröhre diese beiden Arme geschlossen und dadurch eine künstliche Falte erzeugt, die den Rückfluss behindern soll. "

    Der Plicator verengt praktisch den Verschluss, indem er am Magen eine Art Abnäher macht. Vorteil gegenüber einer Operation: Die Patienten bekommen keine Narkose, sondern lediglich ein Beruhigungsmittel, und sie können am selben Tag wieder nach Hause gehen. Zudem dauert der gesamte Eingriff nur etwa 15 Minuten. Zwar gab es dieses Nähmaschinenverfahren auch schon vorher, mit dem Plicator, dessen Nadeln und Fäden größer sind, erzielen die Ärzte aber nun erstmals längerfristig positive Ergebnisse.

    " Also was man bisher weiß, ist, dass die Nähte länger halten. Das größte Problem bei diesen alten Nahtverfahren war, dass die Nähte nach relativ kurzer Zeit verschwunden waren und nicht mehr effektiv in der Position sich befanden. Diese Nähte, die jetzt gesetzt werden, sind effektiv, sie sind tief, und der Patient hat eine längerfristige, soweit wir das im Moment wissen, längerfristige Besserung der Beschwerden bei niedrigerem Medikamentenverbrauch. "

    Das zeigen die Ergebnisse einer internationalen Studie, an der die Leipziger Ärzte beteiligt waren. Einer, der an der Studie teilgenommen hat, ist Waldemar Voigt. Der 65-Jährige wurde vor einem halben Jahr mit dem Plicator behandelt - erfolgreich, wie er findet.

    " Ich habe diesen Druck in der Speiseröhre nicht mehr. Ich habe auch dieses beklemmende Gefühl oben auf dem Brustbein nicht mehr. Ich habe keine Atembeschwerden in dem Sinne. Ich kann also sagen, für mich, wenn ich mich auch ein bisschen daran halte, ist ganz klar, ist das für mich positiv. "

    Die Kosten des neuen Verfahrens, zwischen 2500 und 3000 Euro, übernehmen die Krankenkassen derzeit nicht. Abgesehen davon ist der Eingriff nicht für jeden geeignet. So müssen zum Beispiel Patienten, deren Muskelverschluss wegen eines größeren Zwerchfellbruchs undicht ist, herkömmlich operiert werden. Bei Joachim Schroll ist noch nicht klar, ob er mit dem Plicator behandelt werden kann. Das soll nun eine Magenspiegelung klären. Vorstellen, dass bei ihm der Verschluss zwischen Magen und Speiseröhre verengt wird, kann er sich jedenfalls:

    " Weil man die Hoffnung immer wieder hat, dass man es richtig abdeckt, dass es praktisch dann weg ist, oder dass man auch keine Medikamente mehr braucht. Wenn sie gerade noch Diabetes dazu haben, da langt ja das schon, man nimmt schon eine ganze Hand voll. Und das wäre schon günstig, wenn man das loskriegen würde. "