Dienstag, 16. April 2024

Archiv


Späte Sühne für das Buback-Attentat?

Vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht muss sich ab Donnerstag das ehemalige RAF-Mitglied Verena Becker wegen des Attentats auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback vom 7. April 1977 verantworten. Wer vor 33 Jahren die tödlichen Schüsse auf Buback abgefeuert hat, ist bis heute unbekannt.

Von Otto Langels | 29.09.2010
    "Als die Ampel von Rot auf Gelb und Grün schaltete und der Fahrer anrollte, gab der Soziusfahrer eines Motorrades, das in der rechten Abbiegespur stand, aus der Maschinenpistole sein ganzes Arsenal in den Wagen. Der Wagen rollte eine kurze Strecke noch und kam an der Bordsteinkante zum Stehen."

    Ein Rundfunkreporter schilderte den Hergang des Attentats, bei dem am 7. April 1977, einem Gründonnerstag, Generalbundesanwalt Siegfried Buback und sein Fahrer Wolfgang Göbel im Kugelhagel starben. Der ebenfalls im Wagen sitzende Justizwachtmeister Georg Wurster erlag wenige Tage später seinen Verletzungen. Michael Buback, der Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts:

    "Meiner Mutter wurde von zwei Bundesanwälten mitgeteilt, dass ihr Mann tot ist. Sie war dann allein. Sie fuhr mit dem Fahrrad an den Tatort, da war mein Vater dann, glaube ich, nicht mehr da, hat sich auch niemand um sie gekümmert. Sie war da irgendwie im Wege, und dann ist sie mit ihrem Fahrrad zurückgefahren."

    1974 war Siegfried Buback zum Generalbundesanwalt ernannt worden. Seine Amtszeit stand im Zeichen des Terrorismus. Eine linksradikale Gruppe um Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof hatte als Rote Armee Fraktion dem westdeutschen Staat den Krieg erklärt. In einer Schrift bekannte sich die RAF zum bewaffneten Kampf in Westeuropa.

    "Noch schneller wird die Auflösung der Moral in den Institutionen der vorgeschalteten Repression vor sich gehen, wenn allenthalben die anonymen, feigen, blutleeren und einfallslosen Routiniers der administrativen Repression für ihre volksfeindlichen Handlungen zur Verantwortung gezogen werden. Die Guerilla wird dabei nach dem Grundsatz verfahren: Bestraft einen und erzieht Hunderte."

    Nach mehreren Anschlägen wurden die RAF-Anführer verhaftet und vor Gericht gestellt. Die versprengten Mitglieder, darunter Verena Becker, formierten sich zu einer neuen aktionsfähigen Gruppe mit dem Ziel, die inhaftierten Genossen freizupressen und Attentate auf Repräsentanten der Bundesrepublik zu verüben. Mit weiteren Anschlägen sei zu rechnen, warnte Generalbundesanwalt Siegfried Buback.

    "Wir müssen weiterhin mit dem Terrorismus leben und entsprechend einrichten. Die Sicherheitsbehörden insbesondere im Bereich des Bundeskriminalamtes, aber auch der Landespolizeien haben erhebliche Anstrengungen unternommen, personelle, technische Verstärkungen. Man hat mit viel Fantasie Methoden erarbeitet, deren Wirkungen sich zeigen werden. Man darf hier nicht mit ganz raschen Ergebnissen rechnen."

    Im Mai 1976 beging Ulrike Meinhof nach fast vierjähriger Haft in ihrer Gefängniszelle Selbstmord. Die Mitangeklagten Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe sprachen von einer "kalt konzipierten Hinrichtung", für die Buback verantwortlich sei, und forderten zu Racheakten auf. Ende des Jahres begann die RAF mit konkreten Planungen für ein Attentat.

    Obwohl der Generalbundesanwalt gewarnt war, verzichtete er auf erhöhten Begleitschutz, wie sich der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt nach dem Mordanschlag erinnerte:

    "Er hatte kürzlich in einem privaten Gespräch gesagt: Ich kann mein Leben nicht so einrichten, dass ein Attentat auf meine Person von vornherein zur Unmöglichkeit wird. Dann ist es nicht mehr lebenswert."

    Und so saß neben dem Fahrer lediglich ein Justizwachtmeister mit im Dienstwagen, als sich an jenem Gründonnerstag auf der Fahrt von Bubacks Karlsruher Wohnung zum Bundesgerichtshof die beiden Täter auf einem Motorrad näherten und das Feuer eröffneten. Nach dem Anschlag fuhren die Täter zu einer Autobahnbrücke, wo sie ein weiteres RAF-Mitglied mit einem PKW erwartete. Mit dem Auto setzten sie ihre Flucht fort. Danach verloren sich die Spuren. Niemand hatte die Attentäter, die Motorradhelme mit Visier trugen, identifizieren können.

    Eine Woche später ging bei mehreren Zeitungen und Presseagenturen ein Bekennerschreiben ein.

    "Buback hat die Auseinandersetzung mit uns als Krieg begriffen und geführt. Wir werden verhindern, dass unsere Fighter in westdeutschen Gefängnissen ermordet werden. Für Akteure des Systems wie Buback findet die Geschichte immer einen Weg. Am 7.4.77 hat das Kommando Ulrike Meinhof Generalbundesanwalt Siegfried Buback hingerichtet."

    Wenige Wochen nach dem Anschlag, am 3. Mai 1977, bekam die Polizei in Singen nahe der Schweizer Grenze einen Hinweis: In einem Café säßen zwei gesuchte Terroristen. Der Polizeibeamte Wolfgang Seliger ging mit einem Kollegen dorthin, um die Personalien zu überprüfen. Die beiden Verdächtigen erklärten den Beamten, ihre Ausweise lägen im Auto.

    "Auf unsere Frage hin, wo das Auto steht, hat's geheißen, nicht weit weg auf einem Parkplatz. Wir sind dann gemeinsam raus aus dem Lokal, nachdem beide Personen gezahlt haben, also ganz normales Verhalten."

    Auf dem Weg zum Auto eröffnete das Pärchen plötzlich das Feuer. Beide Polizisten wurden verletzt, Seliger lebensgefährlich. Die Terroristen konnten zwar fliehen, wurden aber nach einer wilden Verfolgungsjagd und einem weiteren Schusswechsel von dem Polizeibeamten Harald Walser und seinen Kollegen gestellt.

    "Im Auto lag noch ein Rucksack mit Kennzeichen und Haufen Bargeld und auch die Waffe, mit der der Buback erschossen worden ist."

    Bei den Festgenommenen handelte es sich um die RAF-Mitglieder Verena Becker und Günter Sonnenberg. Becker war bei dem Schusswechsel in den Unterschenkel, Sonnenberg in den Hinterkopf getroffen worden.

    Wegen versuchten Mordes an sechs Polizisten in Singen verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart Verena Becker am 28. Dezember 1977 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, ebenso vier Monate später den bei der Schießerei in Singen schwer verletzten Günter Sonnenberg.

    Da Becker und Sonnenberg die Mordwaffe des Buback-Attentats bei sich gehabt hatten, ermittelte die Bundesanwaltschaft gegen beide. Rainer Griesbaum, stellvertretender Generalbundesanwalt und Leiter der Abteilung Terrorismus:

    "Das Ermittlungsverfahren gegen Verena Becker wurde im März 1980 eingestellt, weil kein hinreichender Tatverdacht bestand, das heißt kein Tatverdacht, der eine Anklage gerechtfertigt hätte. Es wird aber in der Entscheidung ausgeführt, dass ein gewisser Verdacht bleibt."

    Das Verfahren gegen Sonnenberg wurde eingestellt, da eine schwere Hirnverletzung seine Verhandlungsfähigkeit beeinträchtigte.

    Der Mordanschlag von Karlsruhe war der Auftakt zu einer Serie von Attentaten, die als Deutscher Herbst 1977 in die Geschichte eingingen. Die RAF-Mitglieder Knut Folkerts, Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt wurden in den 80er-Jahren unter anderem wegen gemeinschaftlichen Mordes an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seinen Begleitern zu lebenslanger Haft verurteilt. Zweifel aber blieben, ob die drei Verurteilten tatsächlich diejenigen waren, die auf dem Motorrad beziehungsweise in dem Fluchtauto gesessen hatten.

    Verena Becker wurde nach zwölfjähriger Haft vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker begnadigt und verließ am 30. November 1989 das Gefängnis, genau an dem Tag, an dem die RAF ein Bombenattentat auf den Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen verübte.

    "Nur noch ein Haufen Blech liegt dort auf der Straße, wo der gepanzerte Wagen des Vorstandssprechers der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, lang gefahren ist. Herrhausen hat das Attentat nicht überlebt, sein Fahrer ist schwer verletzt ins Krankenhaus geschafft worden. Von ihm erhofft sich die Polizei Auskünfte über den genaueren Tathergang."

    Die Fahndung nach den Attentätern verlief ebenso im Sande wie die Suche nach den Mördern von Ernst Zimmermann, Chef des Rüstungskonzerns MTU, des Siemens-Managers Karl Heinz Beckurts, des Diplomaten Gerold von Braunmühl und des Chefs der Treuhandanstalt Karsten Detlef Rohwedder.

    Im Frühjahr 2007 geriet das Attentat auf Generalbundesanwalt Buback erneut in die Schlagzeilen. Der Ex-Terrorist Peter-Jürgen Boock wandte sich direkt an den Sohn des Ermordeten, um ihm sein Wissen über den Karlsruher Anschlag mitzuteilen. Michael Buback:

    "Es war natürlich eine für mich fast gespenstische Situation, plötzlich dieses Telefonat. Ich habe, glaube ich, am Anfang auch gestammelt, dachte, das ist doch gar nicht möglich, dass jetzt nach 30 Jahren du etwas erfährst."

    "Er sagte, es sei für ihn wichtig, zu erfahren, wer derjenige gewesen sei, der auf seinen Vater geschossen hat","

    erklärte Peter-Jürgen Boock. Er bezeichnete das RAF-Mitglied Stefan Wiesniewski als den Todesschützen von Karlsruhe:

    ""Er hatte zwei militärische Ausbildungen im Jemen hinter sich und konnte dementsprechend im Gegensatz zu Christian Klar, der zu der Zeit noch gar nicht der Gruppe angehörte, mit Maschinenpistolen und Schnellfeuerwaffen umgehen."

    Daraufhin wurde die Bundesanwaltschaft wieder aktiv. Boock bezog seine Erkenntnisse allerdings lediglich aus den Erzählungen anderer RAF-Mitglieder, und unter Kennern der Terroristenszene gilt er als nicht sonderlich glaubwürdig. Doch die Bundesanwälte erhielten zusätzliche Informationen vom Verfassungsschutz. Der Leiter der Abteilung Terrorismus, Rainer Griesbaum:

    "Aus dieser Quellenmitteilung ergab sich, dass - wie von Boock geschildert - Wiesniewski angeblich auf dem Sozius des Motorrads gesessen sei und die tödlichen Schüsse abgegeben habe."

    Dieser Tage hat auch die frühere RAF-Terroristin Silke Maier-Witt Wiesniewski indirekt belastet. Obwohl beide keine wirklich neuen Fakten liefern können, haben die Aussagen der beiden Ex-Terroristen kurz vor dem Prozess gegen Verena Becker, der morgen vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht beginnt, für einigen Wirbel in den Medien gesorgt.

    Das Verfahren gegen Stefan Wiesniewski läuft noch. Zum Stand der Ermittlungen gegen ihn will Rainer Griesbaum jedoch keine Einzelheiten nennen.

    "Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen Wiesniewski haben wir Tatasservate, zum Beispiel die Motorradhelme, eine Jacke und Handschuhe, nach den neuesten Erkenntnissen molekulargenetisch untersucht. Und dabei wurden an drei dieser Gegenstände sogenannte Mischsekretspuren festgestellt, zu deren Zustandekommen, wie es in dem Gutachten heißt, eine Frau beigetragen haben könnte."

    Daraufhin wurden die Ermittlungen gegen Verena Becker wieder aufgenommen.

    In dem Schreiben des Verfassungsschutzes an die Bundesanwaltschaft hatte es geheißen, dass der Quelle zufolge Günter Sonnenberg und Christian Klar die Fahrer des Motorrades beziehungsweise Fluchtautos gewesen seien. Bei der Quelle, wie Geheimdienste ihre Informanten nennen, handelt es sich sehr wahrscheinlich um Verena Becker. Sie soll 1982 dem Verfassungsschutz ihr Wissen über das Karlsruher Attentat verraten haben.

    Wolfgang Schäuble bot als zuständiger Bundesinnenminister eine beschränkte Akteneinsicht an, allerdings versehen mit einem Sperrvermerk, wonach die Unterlagen vor Gericht nicht verwertet werden durften:

    "V-Leute geben dem Verfassungsschutz Auskünfte unter der Zusage der Vertraulichkeit. Wenn wir dieses Prinzip aufgeben sollen, dann müssen wir bedenken, dass die künftige Arbeit des Verfassungsschutzes schwierig wird."

    Wolfgang Schäubles Amtsnachfolger Thomas de Maizière zeigte sich nachgiebiger. Die Quelle bleibt zwar geheim, der Akteninhalt von mehr als 300 Seiten kann aber vor Gericht verwertet werden. Griesbaum:

    "Die uns vorgelegten Unterlagen sind vom Bundesamt für Verfassungsschutz als geheim eingestuft. Sie sind teilweise aus Gründen des Quellenschutzes geschwärzt, sodass sich aus diesen Unterlagen nicht ergibt, wer die Quelle ist."

    Die molekulargenetischen Untersuchungen brachten zunächst keine neuen Erkenntnisse. Die DNA-Mischspuren an Motorradhandschuh, -helm und -jacke stammten nicht von Verena Becker.

    "Wir haben aber an weiteren Gegenständen, die mit der Tat zusammenhängen, insbesondere an den Selbstbezichtigungsschreiben und an den entsprechenden Briefkuverts entsprechende Maßnahmen durchgeführt, kriminaltechnisch diese Gegenstände untersucht. Und es ergab sich, dass auf 10 Briefumschlägen DNA-Spuren von Verena Becker festgestellt worden sind."

    Daraufhin ließ die Bundesanwaltschaft das Telefon von Verena Becker abhören und ihre Wohnung in Berlin durchsuchen. Am 27. August 2009 wurde sie schließlich verhaftet - wegen des dringenden Verdachts, gemeinschaftlich mit anderen am 7. April 1977 Siegfried Buback, Wolfgang Göbel und Georg Wurster getötet zu haben.

    Vier Monate später hob der Bundesgerichtshof aber den Haftbefehl wieder auf. Die Begründung: Es lägen keine ausreichenden Beweise für eine unmittelbare Tatbeteiligung - wie zum Beispiel die konkrete Vorbereitung des Anschlags - vor, sie sei daher lediglich der Beihilfe zum dreifachen Mord dringend verdächtig. Die Bundesanwaltschaft hielt jedoch ihren Vorwurf der direkten Tatbeteiligung aufrecht.

    "Insgesamt wurden wir in die Lage versetzt, Verena Becker wegen mittäterschaftlicher Beteiligung an dem Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter anzuklagen."

    Wenn morgen, über 33 Jahre nach dem Attentat, der Prozess gegen Verena Becker beginnt, stützt sich die Anklage unter anderem auf handschriftliche Aufzeichnungen, die bei der Durchsuchung ihrer Wohnung gefunden wurden. Unter dem 7. April 2008, dem Jahrestag des Anschlags von Karlsruhe, hatte sie notiert:

    "Nein, ich weiß noch nicht, wie ich für Herrn Buback beten soll, ich habe kein wirkliches Gefühl für Schuld und Reue. Natürlich würde ich es heute nicht mehr machen - aber ist das nicht armselig so zu denken und zu fühlen?! Das ist nicht Heilung, das scheint noch ein weiter Weg zu sein."

    Waren diese Zeilen ein spätes Geständnis, an dem Mordanschlag unmittelbar beteiligt gewesen zu sein, oder bezogen sich ihre Überlegungen nur allgemein auf ihre Mitgliedschaft in der RAF? Der Verteidiger von Verena Becker, Walter Venedey:

    "Alle diese Notizen, die bei Frau Becker sichergestellt worden sein sollen, sind bei der Haftentscheidung des Bundesgerichtshofes im Dezember des vergangenen Jahres berücksichtigt worden und haben den Bundesgerichtshof nicht überzeugt. Und ich finde, das hat der mit guten Gründen so gesehen."

    Auch die DNA-Spuren von Verena Becker an den Bekennerschreiben, so Walter Venedey, seien kein überzeugender Beweis für eine direkte Tatbeteiligung:

    "Der Bekennerbrief ist etwa eine Woche nach der Tat versandt worden. Es entspricht einer kriminologischen Erfahrung, dass Täter in der Regel nicht diejenigen sind, die dann hinterher noch die Hilfsdienste verrichten und die Bekennerschreiben oder sonst was verteilen."

    Die Bundesanwaltschaft dagegen ist nach wie vor überzeugt, dass Verena Becker Mittäterin des Karlsruher Attentats war. Sie sei an den Vorbereitungen beteiligt gewesen und hätte damals als fanatisches Mitglied der RAF darauf gedrungen, Siegfried Buback zu ermorden.

    Allerdings geht Bundesanwalt Rainer Griesbaum nicht davon aus, dass Verena Becker auf dem Motorrad oder in dem Fluchtauto saß:

    "Wir gehen sowohl nach objektiven Spuren, zum Beispiel an den Motorradhelmen, als auch aufgrund der Gesamtheit der Zeugenaussagen davon aus, dass Verena Becker sich am Tattag nicht in Karlsruhe aufgehalten hat."

    Solche Aussagen empören Michael Buback. Er wirft den Bundesanwälten vor, nicht gründlich und unvoreingenommen zu ermitteln. Seit drei Jahren, seit den Gesprächen mit Peter-Jürgen Boock, haben der Chemie-Professor aus Göttingen und seine Frau eigene Nachforschungen angestellt, damalige Augenzeugen befragt und alte Zeitungsausschnitte ausgewertet.

    "Und dann haben sich jetzt im Verlaufe der Zeit immer mehr Hinweise auf eine Frau ergeben. Zehn Zeugen jetzt, die eine Frau hinten auf dem Motorrad gesehen haben. Die Tatwaffe wurde bei Sonnenberg und Verena Becker wenige Wochen nach der Tat sichergestellt, als sie in Singen aufgegriffen wurden. Die beiden hatten einen Suzuki-Schraubendreher bei sich, wie er im Tatmotorrad fehlte."

    Aber hat derjenige, bei dem eine Tatwaffe gefunden wird, einen Monat zuvor auch die tödlichen Schüsse abgegeben? Und die Aussagen eines Zeugen zu dem Schraubendreher sind widersprüchlich. Bleiben die Augenzeugen, die eine zierliche Person auf dem Beifahrersitz des Motorrads gesehen haben wollen. Walter Venedey:

    "Eine dieser Zeuginnen behauptet sogar, die Frau habe verkehrt rum auf dem Motorrad gesessen. Man kann sich also gewisse Vorstellungen darüber machen, von welcher Zuverlässigkeit solche Angaben sind."

    Dennoch hält Michael Buback an seiner Behauptung fest, dass es erdrückende Hinweise auf eine Frau als Täterin gebe.

    "Was mich vor allen Dingen erschüttert hat, ist, dass die Hinweise auf eine Frau sich verflüchtigen. Und das lässt mich eben befürchten, dass es da so etwas wie eine schützende Hand gibt, weil es so unglaublich viele unverständliche Fehler gibt. Und ich habe einfach eine zu hohe Meinung von den Ermittlern, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass sie so viele Fehler gemacht haben."

    Michael Buback vermutet, dass es bei den Ermittlungen gegen Verena Becker nicht mit rechten Dingen zugegangen sei, weil sie als Quelle des Verfassungsschutzes besondere Fürsorge genieße. Dem widersprechen Rainer Griesbaum und Walter Venedey.

    "Der Vorwurf einer schützenden Hand über Verena Becker ist haltlos. Wir haben alle modernen Ermittlungsmethoden eingesetzt, wir haben neue Zeugen befragt, wir haben alle Zeugen befragt, die Herr Buback gefunden hat. Ich sehe keine schützende Hand.

    Nach meiner Überzeugung schießt Herr Buback in vielerlei Hinsicht weit über das Ziel hinaus. Man muss ja auch mal ganz klar sagen, dass er teilweise verschwörungstheoretische Gebilde inzwischen da vertritt, die man nicht teilen kann. Verschwörungstheoretisch finde ich, dass er inzwischen, glaube ich, ja uneingeschränkt die Behauptung vertritt, ein Nachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland decke Täter und mache sich mithin ja auch strafbar. Und das alles wider besseres Wissen. Das, denke ich, geht über das hinaus, was man auch bei Verständnis nachvollziehen kann."

    Wenn Verena Becker sich von morgen an vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht verantworten muss, wird Michael Buback als Nebenkläger die Gelegenheit bekommen, seine Vorwürfe zu konkretisieren: Er kann eigene Beweisanträge stellen und selbst Zeugen befragen. Mit einem Urteil ist allerdings frühestens im nächsten Jahr zu rechnen. Buback:

    "Wir wollen wissen, wer die Täter waren. Wir hören jetzt immer wieder, zum Beispiel Frau Becker, das sagt auch die Bundesanwaltschaft, ja, wir gehen davon aus, dass sie nicht dabei war. Wir wollen ja nicht wissen, wer nicht dabei war. Und wenn sie es nicht war, wer war es? Wir wollen nur die Wahrheit. Ob dann welche und was für Strafen ausgesprochen werden, ist für uns als Familie Buback nicht wichtig."