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Staatstheater Darmstadt
Lauf- statt lautstarke Regie

Seit etwas mehr als 40 Jahren ist ein mehr als sechs Fußballfelder großer Betonbau Domizil für das Staatstheater Darmstadt. Bis zum Ende der Schul-Sommerferien Anfang September muss das riesige Gebäude wieder für die kommende Spielzeit hergerichtet werden. Bis dahin stehen Sanierung, Instandsetzung und Modernisierung stehen auf dem Programm.

Von Ludger Fittkau | 24.08.2015
    Staatstheaters Darmstadt - Außenansicht
    Das Staatstheater in Darmstadt wird derzeit saniert und modernisiert. (picture alliance / dpa / Roland Holschneider)
    "Hier sind wir in der Schreinerei unseres Hauses. Hier haben wir eine umfassende Brandschutzsanierung durchzuführen dieses Jahr. Und die Kollegen, die jetzt gerade vor Ort sind, bauen gerade die Flächen- und die Rollgerüste auf, sodass wir unter den Decken entsprechende Abdichtungen vornehmen können."
    Wenn die Schauspieler in den Sommerferien sind, führt Andreas Breitenbach Regie im Staatstheater Darmstadt. Das Stück, das der Vierunddreißigjährige im August während der offiziellen Theaterpause aufführt, heißt "Sanierung, Instandsetzung, Modernisierung". Spielort ist das gesamte Theater. Auch die Fläche hinter den Kulissen, die mehrere Fußballfelder groß ist:
    "Ja, es ist eben ein Staatstheater, eines der drei Staatstheater in Hessen. Und selbstverständlich sind wir eine große Bühne. Oder wir haben viele große Bühnen. Wir sind ja auch ein Mehrspartenhaus. Und um Kunst und Kultur den Menschen näher zu bringen, sieht man natürlich auch, was da hier hinten dran stecken kann."
    Andreas Breitenbach schreitet voran durch lange Gänge hinten den Bühnen. Die Decken sind hier sechs Meter hoch, damit auch Grosskulissen hin und her geschoben werden können.
    "Ich selber bin Ingenieur für Hochbau, habe ein Architekturstudium abgeschlossen und bin als Seiteneinsteiger ins Theater gekommen. Das ist ein besonderer Arbeitsplatz und es ist wunderschön hier."
    Breitenbach leitet seit vier Jahren das Gebäudemanagement des riesigen Staatstheaters. Neben Fachlichkeit braucht er dafür vor allem eine gute Kondition. Denn Breitenbach läuft täglich stundenlang durch das Gebäude, um seine Baustellen zu erreichen:
    "Ich habe mir mal einen Schrittzähler zugelegt, um einfach mal zu schauen, was man hier so am Tag läuft. Im Schnitt sind es dreizehn oder vierzehn Kilometer."
    Reporter: "Pro Tag?"
    Breitenbach: "Pro Tag."
    Sicherheitskoordinator überprüft Arbeitsschutzbestimmungen
    Andreas Breitenbach führt über frisch gestrichene Bühnen, durch Garderoben, in denen gerade neue Rohrleitungen verlegt werden oder über einen Betriebshof, auf dem Dämm-Material für die Brandschutzsanierung der Schreinerei angeliefert wird.
    Immer wieder wird der Gebäudemanager von Handwerkern angesprochen, die irgendwo etwas streichen oder verputzen wollen. Eine Rohrbauerin reicht Breitenbach im Vorbeigehen einen Schlüsselbund:
    Frau: "Kann ich ihnen das einfach mitgeben?"
    Breitenbach: "Kein Problem. Ihr seit ja noch im zweiten Stock, oder?"
    Frau: "Ja."
    In der Schreierei strebt ein Mann auf Breitenbach zu, der sich als Sicherheitskoordinator vorstellt. Er ist im Auftrag des Landes Hessen unterwegs um zu überprüfen, dass die Arbeitsschutzbestimmungen eingehalten werden.
    Breitenbach, "hallo."
    Mann: "Nedenz."
    Breitenbach: "Ah, Bau-Secure."
    Nedenz: "Wir hatten telefoniert. Ich gucke nur mal nach dem Rechten."
    Breitenbach: "Kein Problem, schauen sich um."
    Dem Sicherheitsmann, er heißt Andreas Nedenz, fällt schnell auf, dass der Handyempfang im Staatstheater schlecht ist. Das liegt an den ungeheuren Betonmassen, die in den 1970er Jahren für den damaligen Neubau verwendet wurden. Andreas Beitenbach zeigt dem Kontrolleur geduldig, wie sich die Gerüstbauer bei einem Unfall über die Nottelefone an der Werkstattwänden Hilfe holen können:
    "Wir haben hier die Telefonlisten (...) die Feuerwehrnummer, das man auch selber informieren kann."
    In der Kantine schleift Steven Meyer aus dem niedersächsischen Vechta das Parkett ab. Er ist für seine Firma in ganz Deutschland unterwegs – immer wieder auch in bedeutenden Kulturtempeln. Besonders beeindruckt hat ihn unlängst die echte Wolke, in der man im Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien – kurz ZKM – im Rahmen einer Ausstellung tanzen kann:
    "Das war besonders interessant, das mit der Wolke, was die jetzt machen. Das ist hochinteressant, finde ich."
    Tag der offenen Tür geplant
    Der Offenbacher Malermeister Blum widmet sich im Theaterfoyer einem Wasserschaden in der Decke. Privat schaffe er vielleicht zweimal im Jahr ins Theater, sagt er.
    Reporter: "Und als Firma?"
    Blum: "Zehn, Zwölfmal im Jahr!"
    Wer in seiner Firma arbeitet, weiß: Wenn er keine Kinder hat, verbringt er die Sommerferien in den Theatern und Opernhäusern des Rhein-Main-Gebietes. Urlaub gibt es später. Wie bei Andreas Breitenbach. Bis zum Ende der hessischen Schulferien Anfang September muss alles wieder renoviert sein. Dann steht auch bald der Tag der offenen Tür zur neuen Saison an und der Regisseur der Sommerpause gibt die Theaterleitung wieder an die Künstler ab:
    "Dann darf sich jeder davon überzeugen, was wir so alles gemacht haben, wie es hinter den Kulissen aussieht, da ist natürlich auch jeder dazu eingeladen. Es ist ein hochinteressanter und mystischer Ort das Theater und das sollte man sich mal anschauen."