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Stiller Ort mit großer Wirkung

Der Zugang zu sanitärer Grundversorgung ist ein Grundbedürfnis, das über zwei Milliarden Menschen verwehrt ist. Heute wird deshalb der Welttoilettentag begangen - unter anderem in Berlin mit einer größeren Aktion.

Von Verena Kemna | 19.11.2009
    Etwa 100 Schülerinnen und Schüler aus fünf Berliner Oberschulen haben sich am Vormittag zu einer Kundgebung auf dem Pariser Platz versammelt. Mit Toiletten Leben retten, so steht es auf einem der bunten Transparent. Die Schüler der achten und neunten Klassen haben bei einem Projekttag der "German Toilet Organisation" mitgemacht und viel gelernt. Etwa, dass 40 Prozent der Weltbevölkerung ohne angemessene Sanitärversorgung leben müssen und dass dies für etwa 5000 Kinder pro Tag den Tod bedeutet. Scarlett, Laura, Paulin und Annika haben die Fakten auf ihre T-Shirts geklebt:

    "Wir machen aufmerksam, wie viele Menschen überhaupt keine Toilette zuhause haben und welche Folgen das für die Menschen hat, auch für Kinder besonders."

    "Wir haben herausgefunden, dass die Hälfte der Menschheit keine Toiletten haben und das macht sehr viel Krankheiten und bringt die Hälfte davon um. 80 Prozent der Krankheiten in Entwicklungsländern werden durch verschmutztes Wasser verursacht."

    "Mangel an Toiletten heißt Mangel an Hygiene, Bakterien und Mikroorganismen können sich vermehren, Krankheiten breiten sich aus."

    Mitten auf dem Pariser Platz haben die Schüler der Bettina-von-Arnim- Oberschule eine Toilette aufgestellt. Drumherum liegt ein rechteckiger Holzrahmen, ausgelegt mit grünem Efeu. Mit ihrem Toilettengrab wollen die Schüler auf den Zusammenhang von mangelnder Hygiene und tödlichen Keimen hinweisen. Seit dem Projekttag an der Schule wissen Annika und ihre Freundin gut Bescheid:

    "Mangel an Toiletten führt zu Mangel an Bildung. Kinder die krank sind, können die Schule nicht besuchen. Wir haben gelernt, wie viele Menschen ohne Toilette auskommen müssen. Und jetzt habe ich gelernt, die Toilette wirklich zu schätzen, das war ein sehr schönes Projekt. Am Anfang hätte man das nicht so gedacht, aber dann war es ein sehr interessantes Projekt."

    Trotzdem ist der neue FDP-Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel nicht, wie geplant, persönlich zur Kundgebung erschienen. Thilo Panzerbieter von der "German Toilet Organisation" hat das Projekt organisiert. Er ist von seiner Mission überzeugt. Mangelnde Hygiene hat Folgen:

    "Das hat Auswirkungen auf die Gesundheit, die Menschen in vielen Regionen der Welt sind praktisch permanent krank, mit Durchfall- und Wurmerkrankungen. Diese Menschen können nicht arbeiten, die Kinder können nicht zur Schule gehen."

    Eineinhalb Millionen Menschen sterben jedes Jahr an Durchfallerkrankungen. Die Hilfsorganisation Oxfam installiert weltweit sanitäre Anlagen. Natürlich geht es vor allem in Katastrophengebieten nicht um das europäische Modell mit Wasserspülung, erklärt Reinhild Schumacher von Oxfam:

    "Das sind Toiletten, die man sich so vorstellen kann, dass da eine Gussform ist mit einem Loch, dass ein Loch ausgehoben wird und diese Gussform da drauf kommt und natürlich zum Schutz der Privatsphäre entweder aus Strohmatten oder aus eingeführtem Plastikmaterial ein Sichtschutz da drum kommt."

    Getrennte Toiletten für Männer und Frauen werden von den Menschen vor Ort selbst gewartet, auch die Aufklärung über den Zusammenhang von mangelnder Hygiene und Krankheit ist Teil derartiger Hilfsprojekte. Auch wenn etwa eine Schule neu gebaut wird, achten die Mitarbeiter darauf, dass es getrennte Toiletten für Jungen und Mädchen gibt.

    "Ulkigerweise ist es so, dass Mädchen manchmal nicht zur Schule gehen möchten, weil sie sich dort mit Jungs Toiletten teilen müssten, also auch eine Zugangsbehinderung für Schulbildung."

    Infos:
    www.germantoilet.org