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Stipendienausbau im Tippelschritt

Albert Rupprecht, bildungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hat bestätigt, dass die Regierung erhebliche Kürzungen bei den Zuschüssen zur Begabtenförderung von Stiftungen plant. Das Ziel sei es, insgesamt zehn Prozent der Studierenden zu fördern, davon acht Prozent durch das nationale Stipendiensystem.

Albert Rupprecht im Gespräch mit Manfred Götzke | 28.07.2010
    Manfred Götzke: Was hat sich die Bildungsministerin Annette Schavan selbst auf die Schultern geklopft, als sie das nationale Stipendienprogramm so grad eben noch durch den Bundesrat gedrückt hat. Damals hieß es, die besten 160.000 Studierenden sollen Stipendien bekommen, unabhängig davon, wie viel die Eltern verdienen. Und der Bund wollte dafür allein in diesem Jahr 200 Millionen Euro bereitstellen. Zwei Wochen später ist von diesen hoch fliegenden Plänen nicht mehr so viel übrig geblieben, gerade mal 6000 Studierende sollen dieses Jahr in den Genuss von Stipendien gekommen, und statt 200 Millionen sind nur noch zehn Millionen Euro für die Förderung eingeplant. Albert Rupprecht ist bildungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Herr Rupprecht, statt 160.000 nur noch 6000 Stipendiaten - da hätte man sich das Gesetz ja eigentlich sparen können.

    Albert Rupprecht: Unsere Intention war ja ein Endaufbau bis zu acht Prozent der Studenten. Dass das natürlich Schritt für Schritt aufgebaut werden muss, ist selbstverständlich und vollkommen klar. Es ist ja ein subsidiäres System, das heißt, dass die Hochschulen vor Ort das aufbauen werden in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft vor Ort, mit Stiftungen vor Ort, mit ehemaligen Absolventen, und deswegen braucht es natürlich auch seine Zeit.

    Manfred: Ja, Schritt für Schritt, wenn man 6000 pro Jahr rechnet, dann würde das Ganze bei der Zielzahl 160.000 ja erst in 20 Jahren anlanden. Das ist doch ein bisschen lang.

    Rupprecht: Ja gut, wenn es schneller gehen sollte, werden wir sicherlich auch im Haushalt schneller das Geld zur Verfügung stellen. Nur wir müssen starten, und keiner von uns weiß abschließend, wie schnell die Hochschulen das vor Ort umsetzen. Und deswegen werden wir das genau betrachten und dementsprechend, wie schnell das geht, auch die Mittel bereitstellen.

    Götzke: Viele Hochschulen vor Ort hatten ja vorgeschlagen, dass der Bund anfangs einen höheren Anteil gibt, also mehr als die Hälfte, die andere Hälfte müssen die Hochschulen ja über private Stipendien anwerben, damit das Ganze schneller anläuft. Warum ist die Regierung nicht darauf eingegangen?

    Rupprecht: Eines der Hauptanliegen des nationalen Stipendiensystems ist ja gerade eben, dass Mittel der Zivilgesellschaft von Unternehmen, von Stiftungen, von ehemaligen Absolventen mobilisiert werden, um einen Beitrag zur Finanzierung des studentischen Lebens zu ermöglichen. Wir haben die Situation, dass wir in Deutschland weit unterm OECD-Schnitt einen geringen Anteil der privaten Mittel bei der Finanzierung der Hochschulen haben, und ich glaube, das ist ein richtiger Weg, dass wir durch staatliche Impulse eben diese privaten Mittel mobilisieren.

    Götzke: Ja, ein Ziel war es aber vor allem auch, die Studierenden zu fördern, und 6000 pro Jahr, das sind doch - man muss es einfach so sagen - sehr, sehr wenig.

    Rupprecht: Noch mal: Das Ziel ist acht Prozent, und wenn das schneller geht, dann sind wir froh, dann werden wir auch die Mittel zur Verfügung stellen, nur letztendlich müssen die Hochschulen vor Ort das natürlich organisatorisch auch bewerkstelligen.

    Manfred: Rund 40.000 Studenten bekommen ja heute schon Stipendien von den bereits etablierten Förderwerken, aber die sollen künftig 60 Millionen weniger Zuschüsse vom Bund bekommen, ist in der "Financial Times" zu lesen. Herr Rupprecht, wie passt das denn zusammen?

    Rupprecht: Zunächst einmal etwas Grundsätzlicheres: Die Kritik der SPD, der Linken, der Grünen ist ja ständig, dass sie sagen, das sei ein elitäres System. Wir sehen ja gerade daran, dass es beispielsweise Friedrich-Ebert-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung und so weiter gibt, dass das widersprüchlich ist, was die Linken hier sagen, weil sie auf der einen Seite sehr wohl Leistungsstipendien vergeben wollen, eben bei diesen parteinahen Stiftungen, das nationale Stipendiensystem aber nicht akzeptieren. Das ist in sich widersprüchlich. Der wesentliche Unterschied ist, dass wir sagen, es darf nicht nur zentral über Friedrich-Ebert-Stiftung, Konrad-Adenauer-Stiftung und so weiter gehen, sondern wir wollen auch ein subsidiäres System vor Ort an den Hochschulen, das in der Lage ist, auch dezentral Mittel zu organisieren.

    Götzke: Das heißt aber, die 60 Millionen Kürzung bei den bereits etablierten Förderwerken, diese Zahl stimmt?

    Rupprecht: Also diese Zahl ist zunächst mal erstens zu relativieren, weil wir in den letzten Jahren erheblich aufgestockt haben. Das heißt, dass es einen erheblichen Zuwachs über die letzten Jahre gegeben hat. Zum Zweiten ist das im Augenblick, diese Zahl, lediglich ein Entwurf des Finanzministeriums und des Kabinetts, und wir wissen ja, letztendlich hat das Haushaltsrecht das Parlament, und wir werden das bei der parlamentarischen Beratung uns genau anschauen und werden dann entscheiden, wie wir damit umgehen.

    Götzke: Aber letztlich wird es doch dazu führen, dass weniger Studierende gefördert werden, wenn die Förderwerke weniger Geld bekommen und nicht mehr, wie sie eigentlich planen?

    Rupprecht: Nein, das ist ganz anders, weil wir unterm Strich natürlich mehr Geld zur Verfügung stellen. Sie müssen immer das Paket sehen - das Paket ist Förderwerke und nationales Stipendiensystem --, und unser erklärtes Ziel ist acht Prozent nationales Stipendiensystem, zwei Prozent der Studenten sollen auch bei den Stiftungen weiterhin Gelder erhalten, sodass wir insgesamt auf zehn Prozent der gesamten Studenten kommen.

    Götzke: Wenn man sich jetzt aber die Zahlen anguckt, sind vorgesehen zehn Millionen für das nationale Stipendienprogramm für 2010, auf der anderen Seite stehen die 60 Millionen Kürzung - für mich ist das ein Minus, Herr Rupprecht.

    Rupprecht: Noch mal: Sie müssen erstens den Ablauf der letzten Jahre sich vergegenwärtigen, und da stellen Sie fest, dass erheblich aufgestockt wurde insgesamt. Das heißt, dass dieser Zuwachs sehr wohl finanzierbar ist. Zum Zweiten nochmals die Aussage: Wir sind noch nicht in der parlamentarischen Beratung, das ist ein Entwurf des Finanzministeriums und der Regierung, und das Haushaltsrecht hat das Parlament, und wir werden das uns genau anschauen.