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Streit um Gaskraftwerke

In Süddeutschland sollen Gaskraftwerke mögliche Engpässe in der Energieversorgung abfedern. Bis zu fünf neue Gaskraftwerke will Bayern bauen lassen. Von einer Realisierung ist der Freistaat jedoch noch weit entfernt.

Von Susanne Lettenbauer |
    "Also hier wird die Zufahrtstrasse für das GuD sein."

    Bürgermeister Christian Konrad ist euphorisch. Hier mitten im Wald auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorstes von Leipheim soll eines der wichtigsten Gaskraftwerke für Süddeutschland stehen. Leistung bis zu 1200 Megawatt. Ersatz für das wenige Kilometer weiter gelegene Atomkraft Gundremmingen, das 2017 abgeschaltet werden soll:

    "Also wir schaffen jetzt die planungsrechtlichen Voraussetzungen, das heißt: Die Flächennutzungspläne werden jetzt speziell für das Gaskraftwerk geplant, Bebauungspläne werden erstellt für dieses Sondergebiet. Das heißt: Wir investieren viel Zeit und Kosten."

    Gut zwei Millionen Euro Gewerbesteuern hat der Bauträger, die Stadtwerke Ulm, der Gemeinde Leipheim versprochen, rund 140 Arbeitsplätze. Seit vier Jahren wird geplant und diskutiert. Die neuesten Meldungen aus der bayerischen Staatskanzlei lassen Konrad jedoch verzweifeln:

    "Wir erleben jetzt die ganze Diskussion um Energiewende einfach so, dass keiner so richtig weiss, was eigentlich kommen soll und wo es hingehen soll. Das schafft ganz viel Unsicherheit. Für uns heisst das, kommt es oder kommt es nicht. Wir machen jetzt nur eines. Wir planen ins Blaue hinein."

    Bis zur Genehmigungsplanung will auch Jürgen Schäffner, technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Ulm Gelder in das Projekt investieren, weiter nicht. Zwei Vollzeitkräfte wurden eigens dafür eingestellt. Interessenten aus ganz Deutschland wollen sich an dem gut 900 Millionen Euro teuren Projekt beteiligen.

    "Also wir möchten gerne investieren. Voraussetzung ist, dass es sich auch von der Rendite her lohnt und das Marktdesign mit politischer Unterstützung so gestaltet wird, dass es auch wieder Geld verdienen kann, so ein Kraftwerk."

    Genau dort jedoch hakt es. Bei einem derzeitigen Strompreis von fünf Cent pro Kilowattstunde winkt jeder Investor in Bayern ab, auch wenn staatliche Förderprogramme aufgelegt würden. Einzige Lösung, so SWU-Vertreter Schäffner, sei die Einführung einer Kapazitätsvergütung statt der herkömmlichen Leistungsvergütung, das heißt, der Verbraucher zahlt für die Bereitstellung eines Kraftwerkes, auch wenn dies keinen Strom produziert. Der Bund und nicht die Bundesländer, sei jetzt also gefragt, sagt Wirtschaftsminister Zeil:

    "Wir haben verschiedene Vorschläge gemacht: Vom Kapazitätsmarkt bis hin zu Grünstromzertifikaten, Mengensteuerung, Fortentwicklung des EEG. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, der Bund muss jetzt endlich handeln."

    Fünf Gaskraftwerke mit bis zu 4000 Megawatt hatte Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil im vergangenen Jahr den Konzernen wie Eon versprochen, ungefähr die Leistung, die die bayerischen Atomkraftwerke heute bringen, viel zu viel meint Ludwig Hartmann, energiepolitischer Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag.

    "Die 6000 Megawatt Kraftwerksleistung in Bayern wurden im Jahr 2010 nur an 21 Stunden im Jahr benötigt, an 21 Stunden, 6000 Megawatt Kraftwerksleistung, das heißt ungefähr anderthalb Gaskraftwerke, wovon eines eine Milliarde Euro kostet für 21 Stunden im Jahr."

    Die neueste Idee von Bayerns Ministerpräsident Seehofer macht die Verwirrung komplett. Bayern solle doch lieber auf dezentrale Biogasanlagen setzen. Und eigentlich solle der Freistaat wieder eigene Bayernwerke besitzen. Oppositionspolitikerin Natascha Konen, Generalsekretärin der bayerischen SPD, winkt nur ab:

    "Wir als SPD sehen Gasgroßkraftwerke als sehr problematisch, weil es das System von früher wieder manifestiert. Das heisst, man hat Oligopole, man hat fünf Zentren, muss sich auf 20, 30 Jahre festlegen und das passt nicht zusammen mit dem Gedanken der erneuerbaren Energien, die sehr flexibel sein müssen."

    Während Leipheims Bürgermeister Christian Konrad von einem Baubeginn in zwei Jahren ausgeht, haben die Stadtwerke Ulm mit Blick auf die Politik den Zeitrahmen bis 2018 verschoben. In der Kommune werden die Bürger langsam ungeduldig. Der Bürgermeister bleibt zweckoptimistisch:

    "Wenn hier nichts kommt, dann werden wir aufforsten, dann wird das Wald bleiben und wir werden das der Natur übergeben, ganz einfach."