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Studenten reichen Volksklage gegen Studiengebühren ein

In Hessen gibt es gleich zwei Verfassungsklagen gegen die zum Herbst eingeführten Studiengebühren von 500 Euro pro Semester. Die rot-grüne Landtagsopposition reichet im Februar eine Klage ein. Für die andere Klage wurden heute knapp 79.000 Klageanträge beim Staatsgerichtshof in Wiesbaden abgegeben. Organisiert wurde diese Volksklage von Studierenden, dem DGB und dem Bündnis "Soziale Gerechtigkeit in Hessen".

Von Anke Petermann | 22.06.2007
    " Wir übergeben jetzt die Unterschriften. Wir wünschen dem hessischen Staatsgerichtshof eine kluge Entscheidung, die der Verfassung wieder Geltung verschafft "
    .
    So DGB-Landeschef Stefan Körzell beim Aufmarsch von etwa 150 Demonstranten vorm Verfassungsgericht. Die ersten der 78.721 Klageanträge rollten die Volksklage-Initiatoren auf Sackkarren vors Gericht, der Rest kam per LKW. Karin Zennig vom Asta der Uni Marburg und Frans Segbers Sprecher des Bündnisses "Soziale Gerechtigkeit in Hessen":

    " Es ist ein politisches Signal, eine klare politische Willensbekundung der Bevölkerung, es ist eine Delegitimierung der politischen Repräsentanz der CDU-Landesregierung, die meint, dass sie sich über die Willensbekundung der Bevölkerung hinwegsetzen kann. - Erstmals haben wir es erreicht, den privaten Widerspruch vieler Bürgerinnen und Bürger in Hessen deutlich zu machen - fast 80.000, und ich denke das gehört an die Öffentlichkeit. Die hessische CDU hat weniger Mitglieder, als wir Stimmen einreichen konnten bei diesen Anträgen. "

    Wann die Gebührengegner die Klageschrift einreichen und was drin steht, ist noch offen:

    " Wir haben Juristen beauftragt, die Klageschrift zu verfassen. Aber was feststeht, ist, dass wir nicht die Klage verdoppeln werden, die die politischen Parteien schon eingereicht haben. "

    Der Prozessbevollmächtigte von Rot-Grün bezieht sich auf den Verfassungsartikel, der festlegt, dass der Unterricht an Schulen und Hochschulen in Hessen unentgeltlich ist. Den Passus, dass ein angemessenes Schulgeld erhoben werden könne, interpretiert er so, dass Abgaben nur von Wohlhabenden kassiert werden dürften. SPD und Grüne begrüßen, dass ihre Verfassungsklage von einer Volksklage flankiert wird. Auf Gerüchte, der Staatsgerichtshof sei politisch so besetzt, dass die Volksklage keinen Erfolg haben könne, geben die Initiatoren nichts.

    " - Wir haben unabhängige Gerichte, aber wird sind fest davon überzeugt, dass der hessische Staatsgerichtshof auch aufgrund des starken Votums aus der Bevölkerung heraus deutlich machen wird, dass Studiengebühren in Hessen nicht mit der Verfassung übereinstimmen. - Der relevante Punkt ist, dass diese politische Forderung noch nie in dieser Größe und Intensität artikuliert wurde, und das nicht zu berücksichtigen, wäre einfach ein politischer Fauxpas. "

    Entscheiden wird das Verfassungsgericht voraussichtlich erst nach der hessischen Landtagswahl Anfang 2008. Ein Gebührenmoratorium bis dahin hat die CDU-Landesregierung bereits abgelehnt. Die Volksklage-Initiatoren fordern die Studierenden auf, bei der Gebührenzahlung gleichzeitig Widerspruch zu erheben oder sich am Boykott zu beteiligen.

    Keine Massenexmatrikulation, verspricht Studierendenvertreter Mike Josef. SPD und Grüne werben unterdessen mit dem Slogan "Studiengebühren abwählen" Stimmen bei der Landtagswahl. Und versprechen, den 500 Euro-Beitrag pro Semester in den ersten 100 Tagen abzuschaffen, sollten sie an die Regierung kommen.