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Studie
Mittelstand nutzt das billige EZB-Geld nicht

Dem Mittelstand in Deutschland im Jahr 2014 geht es gut - trotz der zunehmend unsicheren weltpolitischen Situation. Das ist das erste klare Ergebnis der Studie, die zwei Stuttgarter Beratungsunternehmen in den vergangenen Wochen verfasst haben.

Von Michael Brandt | 08.10.2014
    Betriebe zwischen 100 und 1000 Beschäftigten sind im Schnitt gut aus der Krise im Jahr 2009 gekommen und haben daraus gelernt, so Mirko Häckler von der Wolff und Häckler Finanzconsulting:
    "Die wirtschaftliche Situation ist insgesamt sehr, sehr gut und was der Mittelstand gelernt hat, ist dass er auf künftige Krise sehr gut vorbereitet hat. Das zeigt auch die höhere Eigenkapitalquote, dass er sich hier einfach vorsichtig aufstellt."
    Während die Eigenkapitalquote vor einigen Jahren noch häufig unter zehn Prozent lag, liegt sie jetzt bei 25 bis 30 Prozent. Fehlendes Kapital, so die Umfrage, wird derzeit weniger als limitierender Faktor für das Unternehmenswachstum angesehen, deutlich häufiger nehmen die Mittelständler das Fehlen von qualifiziertem Personal und die Wettbewerbssituation als Problem wahr. Dennoch, so Mirko weiter, sei die Investitionsbereitschaft, eher gering:
    "Die Investitionsbereitschaft ist in Anbetracht des sehr niedrigen Zinsniveaus für uns etwas überraschend niedrig gewesen. Nur die Hälfte der Unternehmen haben gesagt, dass sie sich derzeit mit Investitionen auseinandersetzen."
    Zum einen, so die Studie, stecke bei vielen der Schrecken der Krise im Jahr 2009 noch tief in den Knochen. Es gebe eine gewisse Vorsicht. Zum anderen rechnen viele damit, dass das Geld trotz Rekordzinstiefstand noch billiger wird - eine Erwartung, die die Berater eher wundert - Michael Euchner von Ebner Stolz in Stuttgart:
    "Die Unternehmen denken halt, im Moment ist das die Linie der EZB, das wird noch billiger, weiter hinaus zu denken, dass das dann zu Inflation führt und dann der Zins wieder steigt, passiert nicht."
    Allerdings kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass in vielen Fällen noch nicht mal die Gelegenheit genutzt wird, mit dem billigen Geld möglichst langfristige Finanzierungen zu machen. Mittelständler nehmen, so folgert Mirko Häcker, die Chancen, die der Zinssatz bietet, nicht wahr.
    "In unseren Augen Ja. Er finanziert sich im Schnitt zu kurzfristig mit Laufzeiten unter fünf Jahren. das Ziel sollte eigentlich sein, dass man sich mit den jetzigen Konditionen möglichst länger finanziert, so wie es die Großunternehmen auch machen."
    Zudem kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass sich der Mittelstand fast durchgehend sehr traditionell finanziert, mit einer Hausbank oder einem Konsortium von Banken vor Ort. Instrumente wie Private Equity, also das Hereinholen von privaten Kapitalgebern oder gar Unternehmensanleihen, würden sehr misstrauisch beäugt. Unter anderem wegen eines befürchteten Kontrollverlustes.
    Aber egal, welche Form der Finanzierung: das Ergebnis heißt, dass viele Mittelständler die Chancen, die das billige Geld derzeit bietet, nicht nutzt. Im Augenblick, da es den meisten gut geht, sei das kein großes Problem; aber wenn der Druck von außen wieder zunimmt, dann könne sich das rächen.