Samstag, 20. April 2024

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Sven Marquardt
Fotografieren und Feiern nach der Isolation

Die Club-Tür dicht, die Kunst auf Eis: Der Lockdown setzt Fotograf und Berghain-Türsteher Sven Marquardt zu - was er in einem kontemplativen Video verarbeitet hat. Im Deutschlandfunk benannte er seine Strategie: „Flexibel bleiben - und weitermachen.“

Anja Buchmann im Gespräch mit Sven Marquardt | 30.04.2020
Berghain-Türsteher Sven Marquardt posiert am 05.08.2014 an der Volksbühne in Berlin.
Harte Zeiten: Der Künstler Sven Marquardt (picture alliance / dpa / Jörg Carstensen)
Ein Mann - graue Haare zum Zopf gebunden, dunkle Hose, dunkle Jacke, dunkel eingefasste Brille, dicke Ohrringe, Lippen- und Nasen-Piercings, Gesichtstattoos - dieser Mann spaziert durchs leere Berlin zu Covid-19-Zeiten und erzählt von seinem Leben, seiner aktuellen Situation. So lautet grob gefasst der Inhalt des Kurzvideos "Isolation" von Sven Marquardt, Fotograf und Türsteher im Berliner Club Berghain. Der Kurzfilm ist teilweise in Schwarz-Weiß gehalten, dazu erklingen ein paar brüchige Piano-Akkorde.
"Schönheit und Vergänglichkeit"
"Was machen die Künstler in ihrer Freizeit?" - diese Frage habe ihm seine Galerie gestellt, woraufhin das Video "Isolation" entstanden sei, erklärte Sven Marquardt im Deutschlandfunk. "Ich habe versucht, mit diesem Film die Zeit zu verarbeiten und zu verstehen. Es ist auch ein ganz persönliches Tagebuch."
Er habe zuvor nur die Möglichkeit gehabt, zu Hause zu drehen - Kurzvideos mit verwelkten Blumen, dem Ticken einer Uhr, eben "Schönheit und Vergänglichkeit". Die zusätzlichen Außendrehs auf den leeren Straßen Berlins seien dann - nach Wochen zu Hause - so aufregend gewesen, "als wenn wir nach New York fliegen - man hat gemerkt, wie isoliert man die letzten Tage verbracht hat".
Wie die Lage der Clubs Ende 2020 aussehen werde, sei derzeit nicht abzusehen, meinte Marqardt. "Das Club-Leben, was war, was auch organisch gewachsen ist - mit Städten, die internationaler geworden sind ... was ist, wenn die Reisefreiheit erstmal nicht mehr bestehen kann? Wie fühlt sich das an, wenn die Clubs aufmachen sollten - was ich hoffe und wovon ich stark ausgehe? Das kann ich nicht sagen."
An den ersten Tagen habe er das Gefühl gehabt: Wenn alles wieder aufmache, werde das "wie ein riesiges Silvester" - derzeit sei er sich da aber nicht mehr so sicher. Im Berghain gebe es nicht jede Woche ein Meeting, "es ist alles im Stillstand", alles Wichtige erfahre man aber von der Geschäftsleitung. Es wäre für uns alle das Beste, es gäbe eine Impfung und alles käme wieder in Bewegung.
Staatliche Hilfen in Anspruch genommen
Er habe - wie viele andere Künstlerinnen und Künstler, die auf ein Mal keine Aufträge mehr hatten - die IBB-Soforthilfe des Landes Berlin in Anspruch genommen. Das sind 5.000 Euro für Solo-Selbstständige. "Wir haben gedacht: 'Wow, wie schnell das ging, wie unkompliziert?' Aber das überbrückt auch nur die ersten Monate", sagte Marquardt. Er komme damit aber erstmal hin. So wie jetzt Woche für Woche Eröffnungen und Neuerungen passierten, so müsse man auch für seine eigene Planung "flexibel bleiben - und weitermachen".
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