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Tagesgeldkonto als Lockvogelangebot

Die Europäische Zentralbank hat ihren Leitzins leicht erhöht, und in der Folge bieten auch die Banken ihren Sparern etwas mehr. Doch Vorsicht: So manches Zinsschnäppchen hat einen Haken.

Von Michael Braun | 08.07.2011
    Geld haben die Banken eigentlich genug. Und wenn nicht, können sie es sich für jetzt 1,5 Prozent bei der Europäischen Zentralbank leihen. Da macht es, für sich betrachtet, wenig Sinn, bei den Kunden Geld einzusammeln und ihnen 2,3 Prozent – wie es die Commerzbank jetzt tut - oder noch mehr anzubieten. Es geht auch nicht um die Spargelder der Kunden, es geht um die ganze Kundenbeziehung: das Tagesgeldkonto als Erstkontakt, dann ein Girokonto, ein Depot, einen Kredit, halt alles, was Provisionen bringt. Tagesgeld als Lockvogelangebot - so sieht es Hans-Peter Rinn vom Wertpapierhaus Schnigge:

    "Die Banken versuchen natürlich, eine weitere Finanzierungsquelle zu erschließen. Und der Wettbewerb speziell bei den Tagesgeldkonten ist sehr groß. Man muss natürlich genau hinsehen: Oft sind die Beträge, die man anlegen kann, limitiert. Oder es gibt diese hohen Zinsen nur für sechs Monate. Danach gilt dann der Standardzinssatz. Da sollte man genau prüfen, damit man nicht auf Lockvogelangebote hereinfällt."

    Deshalb sind attraktive Tagesgeldangebote meist an weitere Bedingungen geknüpft. So garantiert die Postbank 3,33 Prozent zwar für sechs Monate. Dafür muss jedoch ein Girokonto bei der Postbank eröffnet werden – und sollte der monatliche Zahlungseingang unter 1.000 Euro liegen, dann kostet das Girokonto Geld. Die DAB-Bank bietet 2,6 Prozent – wenn man bei ihr ein kostenloses Depot einrichtet.

    Meist gelten die besten Zinsen für täglich verfügbares Geld nur für neues Geld, das anderswo abgezogen und bei der werbenden Bank eingezahlt wird. Oder das Angebot gilt gar nur für Neukunden – Altkunden müssen sich weiter gedulden und mit weniger vorliebnehmen.

    Der Unterschied ist erheblich: Die Commerzbank etwa lockt mit 2,3 Prozent, für höchstens 20.000 Euro, nur für sechs Monate und – vor allem - nur für neues Geld. Vorhandene Einlagen auf dem Tagesgeldkonto werden nur mit 1,1 Prozent verzinst. Deshalb die Bankverbindung zu wechseln, käme Hans-Peter Rinn nicht in den Sinn:

    "Man muss sich natürlich zu Haue vorher ausrechnen: Lohnt sich der Aufwand, ein Konto zu eröffnen, den Freistellungsauftrag dann zu ändern und es in der Steuererklärung auch bearbeiten zu müssen – lohnt sich das für diesen Mehrertrag an Zins?"

    In der Regel sind mindestens 0,4 Prozentpunkte mehr Ertrag nötig, um die Wechselkosten zu decken oder leicht zu übertreffen.