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Tausche Hundausführen gegen Computerschulung

Im Internet können Privatleute fast jede Ware oder Leistung gegen eine andere einwechseln - ganz ohne Geld. Allerdings: Nur weil in Tauschbörsen Punkte verteilt werden und keine Eurobeträge, heißt das nicht, dass diese Dienste nicht zu versteuern sind.

Von Sven Kästner | 20.03.2012
    "Wer bringt mir eine neue Gardinenstange an?", "Biete ausgiebige Gassirunden mit Ihrem Hund" oder auch "Suche einfachen Camcorder für die Klassenfahrt"- solche Dinge inserieren Privatleute auf Online-Tauschringen. Die Auswahl ist vielfältig, alles funktioniert ohne Geld. Auf einigen Portalen wird alles Mögliche offeriert, andere haben sich auf Bücher, DVDs oder Spielzeug spezialisiert. Bei exchange-me etwa findet man nur Dienstleistungen. Gründer Matthias Pries schildert an einem Beispiel, wie solche Angebote funktionieren:

    "Ich arbeite viel mit dem Computer und biete PC-Hilfe an. Das fällt mir leicht und ist für andere Leute sehr wertvoll. Jetzt helfe ich einem anderen Mitglied zwei Stunden beim Computer weiter. Dafür bekomme ich 20 ME – so heißt die Punktewährung bei uns. Und kann mit diesen wiederum eine andere Leistung von einem anderen Mitglied bekommen, was ich gerade brauche."

    Ob "ME", "BAM" oder auch "Prinzen" - die Ersatzwährungen haben meist klingende Namen. Doch das Prinzip ist immer gleich: Es handelt es sich um ein Punktesystem, um den Wert der Waren und Leistungen besser vergleichen zu können. Ohne dieses Hilfsmittel könnte außerdem nur Angebot direkt gegen Angebot eingewechselt werden, was den Handel erschweren würde:

    "Man kann die Punkte nicht tauschen in Euro, aber das wäre auch gesetzlich schwierig. Man kann einzig und allein Leistungen erbringen, Punkte bekommen. Oder man kann die Punkte auch ausgeben, indem man Hilfe in Anspruch nimmt."

    Gerade in der Krise hat solch ein Ersatzgeld im Gegensatz zum Euro einen stabilen Wert. Es lohnt nicht, die virtuelle Währung auf dem Tauschringkonto anzuhäufen, denn Zinsen gibt es nicht. Ein Vorteil: Menschen, die knapp bei Kasse sind, können einfach mit einer Hilfeleistung bezahlen:

    "Also ich glaube, viele Leistungen, die bei 'exchange-me' erbracht werden, würden real nicht eingekauft werden. Deswegen ist es auch keine große Konkurrenz zu Firmen. Es sind viele zusätzliche Hilfeleistungen, die erbracht werden."

    Einige Tauschringe – wie der von Matthias Pries – sind nicht kommerziell orientiert. Dann werden für Anmeldung und Nutzung keinerlei Kosten fällig. Andere finanzieren sich durch Gebühren oder Werbung. Verbraucherschützer sehen in solchen Angeboten keine Gefahren. Wie überall im Internet sollte man aber achtsam mit seinen persönlichen Daten umgehen. Michaela Zinke vom Verbraucherzentrale Bundesverband rät außerdem zu allgemeiner Vorsicht:

    "Wenn beispielsweise jemand auf meine Katze aufpassen soll, dann sollte ich mich vorher mal mit dem treffen. Um einfach einen Eindruck von demjenigen zu bekommen. Ich lasse ihn ja schließlich in meine Wohnung, an meine privaten Daten und in mein persönliches Umfeld."

    Kleinere Aktivitäten auf Tauschringen sind steuerfrei. Haben Finanzämter aber den Verdacht, dass Privatleute damit relevante Einnahmen erzielen, können Einkommens- oder Umsatzsteuer fällig werden. Philip Husemann von der Berliner Finanzverwaltung:

    "Grundsätzlich gilt: Nur weil in Tauschbörsen zum Beispiel Punkte verteilt werden und keine Eurobeträge, heißt das nicht, dass diese Dienste nicht zu versteuern sind. Die Art des Entgelts ist unerheblich."

    Genaue Grenzen gibt es nicht, die Finanzbeamten entscheiden von Fall zu Fall. Zur Festsetzung einer Steuer schätzen sie den Wert der eingenommenen Punkte in Euro. Die gängigen Freibeträge gelten natürlich auch in diesem Bereich.