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Terror in Westafrika
1,4 Millionen Kinder auf der Flucht vor Boko Haram

Die bildungsfeindliche Terrorgruppe Boko Haram verschleppt, verkauft, tötet Kinder. Die Zahl derer, die vor diesem Terror fliehen, hat in diesem Jahr drastisch zugenommen. Was die internationalen Hilfe für sie angeht, stellt Unicef der Weltgemeinschaft ein Armutszeugnis aus.

18.09.2015
    Kleiner Junge mit einer leeren Wasserflasche sitzt auf dem Boden
    Die Flucht bedeute für jedes Kind eine verlorene Kindheit, erklärte der Unicef-Regionaldirektor für West- und Zentralafrika. (Imago)
    Etwa 1,4 Millionen Kinder mussten in Westafrika vor der Gewalt durch Boko Haram fliehen. Laut UNO-Kinderhilfswerk Unicef sind allein in den vergangenen fünf Monaten rund eine halbe Million Kinder aus ihren Heimatorten vertrieben worden.
    "Es ist erschreckend, dass Kinder und Frauen getötet und entführt oder ausgenutzt werden, Bomben zu tragen", erklärte der Unicef-Regionaldirektor für West- und Zentralafrika, Manuel Fontaine. Die Flucht bedeute für jedes Kind eine verlorene Kindheit. Allein in der Boko-Haram-Hochburg im Norden Nigerias wurden 1,2 Millionen Kinder vertrieben, die Hälfte davon ist jünger als fünf Jahre.
    Einem Teil der 1,4 Millionen Kinder auf der Flucht hat Unicef nach eigenen Angaben seit Jahresbeginn Hilfe bieten können:
    • Fast 65.000 Kinder unter fünf Jahren wurden wegen akuter Unterernährung betreut.
    • Fast 65.000 Kinder haben Zugang zu Bildung.
    • Mehr als 315.000 Kinder sind gegen Masern geimpft.
    • Mehr als 200.000 Kinder haben Zugang zu sauberem Trinkwasser.
    • Etwa 72.000 vertriebene Kinder wurden psychologisch betreut.
    Unicef beklagt, es habe in diesem Jahr nur ein Drittel der von der internationalen Gemeinschaft zugesagten Mittel von gerade mal 50 Millionen US-Dollar erhalten. Und angesichts der starken Zunahme von Flüchtlingskindern in der Region warnt das Hilfswerk jetzt schon vor weiteren Finanzierungslücken. "Es gibt mehr Flüchtlinge, aber nicht genug Hilfsmittel, sagt Unicef-Direktor Fontaine. "Es besteht die große Gefahr, dass wir nicht mehr in der Lage sind, lebensrettende Hilfe anzubieten. Ohne weitere Hilfen werden Hunderttausende Kinder in Not gar keinen Zugang zu medizinischer Grundversorgung, sauberem Trinkwasser und Bildung haben."
    Terror ohne Ende
    Boko Haram terrorisiert seit 2009 die Bevölkerung im Norden Nigerias. Das vergangene Jahr war das mit Abstand blutigste der Terrorgruppe; viele tausend Menschen kamen bei Anschlägen ums Leben. Hunderte wurden entführt, darunter viele Schülerinnen. Nach jüngsten Schätzungen von Amnesty International haben sich rund 15.000 Kämpfer der Terrorgruppe angeschlossen.
    Die Terrorgruppe, deren Name "Westliche Bildung ist Sünde" bedeutet, versteht sich als Teil der Terrororganisation Islamischer Staat. In den vergangenen Jahren sind bei Anschlägen von Boko Haram vor allem im Nordosten Nigerias Schätzungen zufolge 13.000 Menschen getötet worden. In den Nachbarländern Tschad, Kamerun und Niger nimmt die Zahl der Angriffe zu.
    (sdö/nin)