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The Night Manager
Hochglanz-Kino im Abendprogramm

Viel Action, viel Glamour und ein Haufen illegaler Waffen: Das ZDF zeigt die aufwendig inszenierte, britische Serie "The Night Manager", die sich durchaus mit den neusten Bond-Filmen messen kann. Manchmal kommt sie aber etwas zu genrekonform daher.

Von Julian Ignatowitsch | 29.08.2016
    Die Schauspieler Olivia Coleman, Tom Hiddleston, Elizabeth Debicki und Hugh Laurie bei der Premiere der britisch-amerikanischen Miniserie "The Night Manager".
    Die Schauspieler Olivia Coleman, Tom Hiddleston, Elizabeth Debicki und Hugh Laurie bei der Premiere der britisch-amerikanischen Miniserie "The Night Manager" (imago / ZUMA Press)
    Roper: "Ich bin Dicky Roper, meine Jungs haben hier ein paar Zimmer gebucht, eine ganze Menge genau genommen."
    Pine: "Wie schön Sie begrüßen zu dürfen, mein Name ist Pine, ich bin der Nachtmanager."
    Das erste Aufeinandertreffen zwischen Jonathan Pine und Richard Roper findet abseits der großen Geschäfte in einem kleinen Luxushotel in den Schweizer Alpen statt. Ein Deja-vu, für den Hotelangestellten. Schon vier Jahre zuvor hatte der Nachtmanager Pine von dem zwielichtigen Geschäftsmann Roper gehört. In Kairo, von einer geheimnisvollen Frau:
    Pine: "Hast du Roper je kennengelernt?"
    Frau: "Ich habe ihn auf Partys getroffen. Warum?"
    Pine: "Wie ist er so?"
    Frau: "Ziemlich charmant."
    Pine: "Du nennst ihn den schlimmsten Mann der Welt. Warum?"
    Frau: "Weil er Zerstörung verkauft, Schmerz und Tod – und er lacht dabei."
    Eine Liebschaft, die tödlich endet und ein skrupelloser Mann, der mit Waffen handelt: Plötzlich ist nichts mehr, wie es war, im Leben des Nachtmanagers. Pine taucht unter und agiert fortan als V-Mann einer kleinen britischen Behörde, die den Kriminellen Roper schon seit Jahren vergeblich verfolgt:
    Ermittlerin Olivia Colman: "Ich will sie in seine Operationen einschleusen. Ich besorge ihnen eine Legende so dick wie ihr Arm. Sie werden da so tief drinstecken, dass sie sich fragen, ob sie da je wieder rauskommen. Ihr Leben wird an einem seidenen Faden hängen. Kein Teil von Ihnen wird ungenutzt bleiben, es wird keine Stunde vergehen in der sich nicht Todesangst haben. Aber sie werden den Kerl schnappen! Sie werden Richard Roper schnappen!"
    Politische und wirtschaftliche Intrigen
    Eine packende Spionagegeschichte inmitten des Arabischen Frühlings beginnt. Nur so viel sei verraten: Pine erwirbt sich schnell den Respekt des Bösewichts. Aber bleibt er integer? Bleibt er unentdeckt? Kann er die erforderlichen Beweise liefern und stärkt ihm der Geheimdienst weiterhin den Rücken?
    Es sind diese Fragen und Undurchsichtigkeiten, die die Serie über fast sechs Stunden tragen, lediglich in der Mitte kommt es zu ein paar Längen, die aber wenig stören.
    John le Carré, auf dessen Buchvorlage die BBC-Serie gründet, ist als ein Meister des Spionageromans bekannt, inklusive politischer und wirtschaftlicher Intrigen. Die Handlung in The Night Manager – vom Kalten Krieg in den Nahen Osten verlegt, was gut gelingt und Aktualität erzeugt – kommt wie aus dem Storytelling-Lehrbuch daher und bietet das volle Themenspektrum: Waffenhandel, korrupte Flüchtlingshilfe, Giftgasanschläge, millionenschwere Transaktionen, persönliche Rachepläne und lüsterne Liebesszenen.
    Aus dem Trailer – kurze Zitate:
    "Er führt uns vielleicht an der Nase herum."
    "Wir werden sie sofort abziehen."
    "Ohne mich haben sie nichts!"
    Überzeugende Besetzung
    Man denkt natürlich an James Bond und nicht nur der Vorspann kann mithalten. Blutrote Actionszenen, goldglänzender Glamour - viel aufwendiger kann eine TV-Serie kaum gemacht sein. Wenn manchmal etwas zu dick aufgetragen wird, oder die Handlung etwas vorhersehbar ist, dann muss man das wohl dem Genre und der fast schon zu stilsicheren Erzählweise zuschreiben. Ein wenig Skurrilität oder hintergründiger Humor hätten an der ein oder anderen Stelle gut getan. Aber danach fragt bei 007 ja auch keiner.
    Hauptdarsteller Tom Hiddleston, der mit seiner Rolle für einen Emmy nominiert war, muss sich als harter wie hübscher Ex-Nachtmanager vor keinem der Bond-Darsteller verstecken. Nicht weniger überzeugend spielt Hugh Laurie, den die meisten aus und als Dr. House kennen, hier als skrupelloser Bösewicht. Und die verführerische Elizabeth Debicki wäre auch für das Bond-Girl eine Idealbesetzung.
    Fazit: Das ZDF holt Hochglanz-Kino ins Abendprogramm und wagt sich dabei auch endlich an eine Serie mit internationalem Format. In Zukunft darf es dann auch gerne mal eine Produktion abseits des Mainstreams sein. Bis dahin jagen wir aber gerne Richard Roper nach!