Donnerstag, 28. März 2024

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Thomasius vs. Werse
Soll Cannabis frei zugänglich sein?

Die Diskussion um eine Legalisierung von Cannabis wird in Deutschland von Politik und Gesellschaft immer wieder neu entfacht. Welche Vorteile ergeben sich aus einer Entkriminalisierung der Droge? Und welche Argumente sprechen gegen eine Cannabis-Legalisierung?

Moderation: Carsten Schroeder | 10.06.2017
    Prof. Dr. med. Rainer Thomasius
    Rainer Thomasius (imago )
    Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge, auch und gerade unter Jugendlichen. Ist das Verbot noch zeitgemäß? Oder macht eine Freigabe von Cannabis Sinn? Welche Erfahrungen sind in den Ländern gesammelt worden, in denen Cannabis frei zugänglich ist?
    Darüber streiten der Soziologe Dr. Bernd Werse, Mitarbeiter und Mitbegründer des Centre for Drug Research an der Goethe-Universität Frankfurt und Prof. Rainer Thomasius, Psychiater und Suchtexperte am Hamburger Universitätsklinikum.
    Die Positionen
    Pro
    Bernd Werse: Die Entkriminalisierung aller Drogenkosumenten, sprich, die Straffreiheit für den Besitz geringer Mengen Cannabis, ist schon aus rechtsphilosophischen Gründen angezeigt. Das Strafrecht muss Delikten vorbehalten sein, bei denen es Geschädigte gibt, bei Drogen schädigt man sich aber höchstens selbst. Die Strafverfolgung von Konsumenten ist ineffektiv, teuer und bringt unnötige negative Folgen mit sich. Es gibt keine Belege dafür, dass der Konsum dadurch und insbesondere die Probleme mit diesen Drogen nennenswert reduziert würden. Was Cannabis angeht, muss eine streng regulierte Legalisierung her, ein erheblicher Schwarzmarkt würde dadurch in kontrollierte Bahnen gelenkt werden, womit Produktsicherheit und Jugendschutz gewährleistet würden. Cannabis ist weitverbreitet und eine Regulierung wäre der deutlich bessere Weg, mit dieser gesellschaftlichen Realität umzugehen.
    Contra
    Rainer Thomasius: Ich bin gegen eine Legalisierung, weil der Gebrauch von Cannabis, insbesondere bei jungen Menschen, im Falle einer Legalisierung zunehmen würde. Erstens wäre dies mit der Gefahr einer Suchtentwicklung und ungünstigen Folgen auf körperliche, psychische und geistige Gesundheit verbunden. Zweitens würde dies den im europäischen Vergleich erfolgreichen drogenpolitischen Kurs in Deutschland gefährden. Und drittens würde dies vor allem Kinder und Jugendliche aus ungünstigen sozialen Verhältnissen sowie mit geringen Bildungschancen hart treffen, da diese Gruppe besonders verführbar und suchtgefährdet ist. Insofern wäre die Legalisierung ein höchst unsozialer Akt.