Die Nachricht von Antonin Scalias Tod war kaum an die Öffentlichkeit gelangt, da begann auch schon der politische Streit um seine Nachfolge. Richter am Obersten Gerichtshof der USA werden vom Präsidenten vorgeschlagen und vom Senat bestätigt. Eine Supreme-Court-Berufung gehört damit zum Wichtigsten, was ein Präsident jenseits von Krieg und Frieden entscheiden kann, weil sie weit über seine Amtszeit hinaus wirken kann.
Scalia zum Beispiel war von Ronald Reagan berufen worden, der damit die Politik der USA bis ins Jahr 2016 beeinflusst hat. In der bisherigen Zusammensetzung des Supreme Court galten vier Richter als eher konservativ, vier als eher liberal und einer als politisch nicht fest zuteilbar. Das führte dazu, dass viele extrem wichtige Entscheidungen - wie zum Beispiel über Obamacare - mit fünf zu vier Stimmen gefällt wurden.
Scalia galt als Anker des konservativen Flügels. Deshalb ist die Frage seiner Nachfolge hoch politisch. Ein eher linker Nachfolger würde die Machtverhältnisse im Obersten Gerichtshof der USA grundlegend ändern. Präsident Barack Obama jedenfalls will versuchen, einen Kandidaten oder eine Kandidatin durchzusetzen.
Er werde seine verfassungsmäßige Pflicht erfüllen, und einen Nachfolger nominieren, sagte er. Und weiter: "Dafür haben wir genug Zeit. Und der Senat hat genug Zeit, seine Pflicht zu erfüllen, diese Person anzuhören und über sie abzustimmen. Diese Pflicht sollte jeder ernst nehmen, es geht um mehr als nur Parteien, es geht um Demokratie - es geht um die Institution, der Richter Scalia sein Berufsleben gewidmet hat. Es geht darum, sicherzustellen, dass der Supreme Court weiter so funktionieren kann, wie die Gründerväter es vorgesehen haben."
Nicht mit uns - ließ der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell mitteilen, noch bevor Obama vor die Presse getreten war: Die Entscheidung über die Nachfolge von Scalia solle vom neuen Präsidenten oder der neuen Präsidentin gefällt werden.
Was auch die republikanischen Präsidentschaftsbewerber forderten, die wenige Stunde nach Scalias Tod zu einer Fernsehdebatte zusammenkamen. "Verzögern, verzögern, verzögern", forderte etwa Donald Trump an McConnell gerichtet. Und Ted Cruz sagte, die Republikaner dürften es Obama nicht erlauben, einen liberalen Kandidaten durchzusetzen, sonst würde man den Obersten Gerichtshof für eine Generation aufgeben.
Doch diese Blockade würde bedeuten, dass der Supreme Court mindestens ein Jahr lang nicht vollständig besetzt sein würde, was nur schwer vorstellbar ist. Gleichzeitig aber stellt sich die Frage, welcher Jurist oder welche Juristin von so großem Ansehen, dass er oder sie für den Supreme Court in Betracht gezogen wird, bereit wäre, sich einem Bestätigungsverfahren im Senat auszusetzen, bei dem fast sicher ist, dass die Republikaner ihm oder ihr am Ende nicht zustimmen werden.
Oder wäre Obama bereit, jemanden zu berufen, dem auch die Republikaner zustimmen könnten - um den Preis, dass er seine eigene Partei damit verärgert und ihren juristischen Rückhalt im Supreme Court möglicherweise auf Jahrzente schwächt? Eine verfahrene Situation, die die amerikanische Politik - und den amerikanischen Wahlkampf - auf Monate beschäftigen wird. Und die dazu beizutragen droht, die parteipolitische Blockade in Washington weiter zu verschärfen.