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Über die Zukunft der Gattung Lied
Sind noch Lieder zu singen?

Theodor W. Adornos Diktum, nach Auschwitz noch Gedichte zu schreiben, sei barbarisch, müsste auf das Lied erst recht zutreffen: Als ließe sich zurückkehren in die heile Welt bürgerlicher Kunstpraxis. Zwar entstehen Lieder noch immer tausendfach - um das Kunstlied, das klavierbegleitete Sololied, ist es allerdings tatsächlich schlecht bestellt.

Von Ingo Dorfmüller |
    Der Tenor Peter Schreier 1981 am heimischen Klavier
    Einer der großen klassischen Liedinterpreten: Peter Schreier (dpa / picture alliance / Zatka)
    Und doch haben viele deutsche Komponisten nach 1945 versucht, dieser vielleicht innigsten Verbindung von Dichtung und Musik neuen, womöglich gar emanzipatorischen Sinn abzuringen. Darum ging es in einer Veranstaltung der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie in Stuttgart: in Konzerten, Diskussionen und Workshops. Zwölf Uraufführungen zeigten, wie unterschiedlich Komponistinnen und Komponisten heute den Anforderungen der scheinbar antiquierten Form Klavierlied begegnen - und sich so mit der Zukunft einer scheinbar längst überholten Gattung auseinandersetzen.