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Ungelöste Entsorgung

Bisher hatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen immer erklärt, der durch die Laufzeitverlängerung anfallende Atommüll könne mit den vorhandenen Lagerkapazitäten erst einmal untergebracht werden, bis ein echtes Endlager bereitsteht.

Von Christel Blanke | 19.11.2010
    Genau dies zieht die Frankfurter Rundschau heute Morgen in Zweifel.

    Wie begründet die Zweifel der Frankfurter Rundschau an den Zahlen zum Atommüllaufkommen sind, kann man noch nicht abschließend sagen. Die Frankfurter Rundschau bezieht sich auf interne Berechnungen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Und das BfS prüft zurzeit, ob die Angaben der Zeitung richtig sind. Bisher sagte Werner Nording vom BfS nur so viel:

    "Das sind Berechnungen, die sich auf alte Zahlen des Atomkonsenses von 2001 stützen. Seitdem die Bundesregierung beschlossen hat, die Laufzeitverlängerung durchzuführen, ist das Bundesamt für Strahlenschutz dabei, diese Angaben für die Berechnungen zu aktualisieren."

    Daraus könnte man also schließen: Wenn es nach diesen Zahlen schon nicht reicht, dann reicht es bei längeren Laufzeiten erst recht nicht. Die Frankfurter Rundschau berichtet, dass zehn der zwölf Zwischenlager, die es neben den zentralen Zwischenlagern Gorleben, Ahaus und Nord an den AKW-Standsorten gibt, bald voll sind. In Gundremmingen (Bayern) wäre das schon nach drei Jahren der Fall, in Biblis (Hessen) nach vier, in Krümmel in Schleswig-Holstein nach sechs Jahren. Immer vorausgesetzt, diese Meiler produzieren so viel Strom wie möglich und werden nicht etwa heruntergefahren.

    Deshalb meint auch der Greenpeace-Experte Tobias Münchmeyer, dass es nicht gesagt ist, dass die Kapazitäten nicht reichen. Denn es sei eben nicht sicher, dass die Betreiber zum Beispiel das AKW Biblis tatsächlich all die Jahre voll nutzen würden. Möglich wäre auch ein Übertragen von Strommengen auf jüngere Meiler.

    Gundremmingen und Biblis gehören RWE. Der Konzern sieht aber laut der Frankfurter Rundschau keine Probleme. Zum einen könnte RWE die abgebrannten Brennelemente auch in den Nasslagern der Atomkraftwerke lagern. Das sind Abklingbecken, die aber nach Angaben von Experten nicht für die dauerhafte Aufbewahrung von Atommüll gedacht sind. Dafür seinen Castor-Behälter weit geeigneter, sagte Beate Kallenbach vom Öko-Institut Darmstadt der Frankfurter Rundschau. In den Abklingbecken bleiben die Brennelemente nur ein paar Jahre. RWE sieht damit aber den Nachweis einer ausreichenden Lagerkapazität am Standort gegeben. Außerdem gibt RWE an, seit einiger Zeit höher angereicherten Brennstoff zu verwenden und dadurch fielen insgesamt weniger abgebrannte Brennelemente - also weniger Atommüll - an.

    Der Stromkonzern E.ON geht davon aus, dass der Bund rechtzeitig - bis 2030 - ein Endlager zur Verfügung stellen wird. Auch die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit erwartet, dass die abgebrannten Brennstäbe von 2025 an aus den Zwischenlagern abtransportiert werden. Zunächst in eine Konditionierungsanlage - die es in Deutschland nicht gibt - und dann in ein Endlager.

    Das würde aber bedeuten, dass die Erkundung in Gorleben ergeben müsste, dass der Salzstock als Endlager geeignet ist. Nur dort wäre dieser Zeitplan einzuhalten. Würde man einen anderen Standort suchen müssen, wäre ein Endlager bis 2030 wahrscheinlich unrealistisch.

    Das Bundesumweltministerium war bisher für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Bisher geht es aber davon aus, dass es keine Engpässe bei der Zwischenlagerung geben wird.