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Verbrauchertäuschung und Preisdumping?

Mehrweg-Getränke verkaufen sich immer schlechter, obwohl diese Form der Verpackung theoretisch durch eine Quote geschützt ist - da Mehrweg nicht immer, aber häufig als die umweltfreundlichere Alternative gilt. Das trifft die Abfüller und Händler, die sich auf Mehrsysteme eingelassen haben, hart. Heute forderte in Berlin eine Allianz aus Umweltorganisationen und Unternehmen mehr Schutz für Mehrwegsysteme.

Von Dieter Nürnberger | 25.01.2010
    Die Deutsche Umwelthilfe trat heute vor die Presse, weil zum einen die Mehrwegquoten bei einzelnen Getränkesorten weiterhin zurückgehen, man trat aber auch vor die Presse, weil einige Getränkehersteller, so der Vorwurf der Umwelthilfe, die Kunden immer mehr verwirrten, in dem sie nicht eindeutig kennzeichnen, ob es sich um eine umweltfreundlichere Mehrweg- oder um eine Einwegverpackung handele.

    Beim Aspekt Verbrauchertäuschung wirft die Umwelthilfe einigen Herstellern vor, die Ausnahmeregelungen im Gesetz wirklich voll auszureizen und ab und an auch über das Erlaubte hinauszuschießen. So müssen beispielsweise Molkeprodukte nicht bepfandet werden. Und deshalb gibt es wohl inzwischen vermehrt Molke-Energy-Drinks oder auch Molke-Bier in Dosen. Aber, so sagt Jürgen Resch, der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, oft seien gar keine Spuren von Molke nachweisbar:

    "Wir haben überhaupt keine Spuren von Molke darin gefunden. Wir haben uns deshalb auch an die Behörden gewandt, die blieben aber wie üblich untätig. Das ist übrigens bei allen Fällen so, bei denen gegen den Mehrwegschutz in Deutschland verstoßen wird. Die Behörden unternehmen nichts. Deswegen haben wir die Unternehmen abgemahnt und gehen jetzt gerichtlich gegen sie vor – in den Fällen, bei denen keine Unterlassungserklärung abgegeben wurde."

    Die Umwelthilfe veröffentlichte heute auch neueste Zahlen. Demnach waren 2009 rund 84 Prozent der verkauften Bierprodukte Mehrwegverpackungen, hier ist also das eingetreten, was auch mit der Getränkeverpackungsverordnung einst politisch gewollt war. Aber bei anderen Getränken sieht es eben deutlich schlechter aus – bei fruchthaltigen Getränken sind es nur 7,5 Prozent Mehrweganteil, bei Softdrinks wie Cola und ähnliches rund 26 Prozent. Hier gehe also die Quote weiterhin zurück.
    Einer der Gründe dafür sei beispielsweise auch die nicht eindeutige Deklaration auf den Flaschen oder Dosen. Rund die Hälfte der deutschen Verbraucher würden sechs Jahre nach der Einführung des Einwegpfandes nicht wissen, dass es neben umweltfreundlichen Mehrwegflaschen auch Einwegverpackungen mit Pfand gebe, sagt Sepp Gail, er ist Vorsitzender des Deutschen-Getränke-Einzelhandels-Verbandes:

    "Über Jahrzehnte hat sich das so eingeprägt: Pfand ist Mehrweg, Mehrweg ist Pfand. Hier liegt eines unserer Hauptprobleme – der Verbraucher kann den Unterschied nicht erkennen. Er denkt, er zahlt Pfand und hat damit Mehrweg gekauft. Es ist darum dringend notwendig, dass der Gesetzgeber in einem ersten Schritt eine deutliche Kennzeichnungspflicht erlässt. Das gilt für Einweg und Mehrweg. Auf beiden Verpackungen muss draufstehen, um was es sich handelt."

    Damit künftig die Quoten für Mehrweg auch wieder steigen, fordert die Deutsche Umwelthilfe auch eine Neubewertung einiger Verpackungen. Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer:

    "Wir meinen, dass beispielsweise der Getränkekarton dringend in die Pfandpflicht aufgenommen gehört. Wir brauchen zudem eine unabhängige ökologische Neubilanzierung aller als ökologisch vorteilhaft eingestuften Einweggetränkeverpackungen. Und wir brauchen auch eine entsprechende Abgabe auf Einweggetränke. Wir schlagen hierfür vor, dass Einweggetränkeverpackungen mit einer Abgabe von 20 Cent belastet werden."

    2010 stehe ohnehin eine Überprüfung der Verpackungsverordnung an, da sollte man einiges neu regeln, so Jürgen Resch. Damit eben die Mehrwegquote wieder steige und auch die damit verbunden Umweltaspekte besser zum Tragen kämen.

    Mehrwegflaschen würden im Schnitt rund 50mal wiederbefüllt – und dieses Verfahren spare rund 50 Prozent an Treibhausgasen ein, im Vergleich zur Wegwerf- oder Einwegflasche. So zumindest die Rechnung der Deutschen Umwelthilfe – und damit zurück nach Köln.