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Verdacht auf Steuervermeidung
Briefkastenfirma auf Bahamas bringt frühere EU-Kommissarin Kroes ins Zwielicht

Nach den "Panama Papers" kommt nun "Bahamas Leaks": Die frühere EU-Kommissarin Neelie Kroes soll eine Briefkastenfirma in dem Inselstaat geführt haben.

Von Annette Riedel | 22.09.2016
    Palmen und Sonnenschirme am weißen Sandstrand.
    Die Bahamas - ein Traumziel für Urlauber und Steuerhinterzieher. (picture alliance / dpa / Jörg Schmitt)
    EU-Kommissionpräsident Juncker hat heute einen Brief geschrieben, an Neelie Kroes, die 10 Jahre lang EU-Kommissarin unter Junckers Vorgänger Barroso war. Schriftlich verlangt Juncker darin die Klärung des Sachverhalts, wonach aus "geleakten" Papieren hervorzugehen scheint, dass Neelie Kroes in ihrer Zeit als Kommissarin Verbindungen zu einer Briefkastenfirma auf den Bahamas hatte. Das lässt auf ein klassisches Steuervermeidungs-Arrangement schließen. Eines, das nicht mit den Verhaltens-Regeln der EU-Kommission vereinbar wäre, sagte Junckers Sprecher Margaritis Schinas: "Sobald die Fakten geklärt sind, behalten wir uns weitere Schritte vor."
    "Weitere Schritte" könnten für die 75-jährige Kroes bedeuten, dass sie Pensionsansprüche und Vergünstigungen verlieren könnte. Sie war zunächst fünf Jahre lang für Wettbewerbsfragen zuständig und dann ab 2010 für den Telekommunikationsmarkt.
    Die ehemalige EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes spricht an einem Rednerpult und gestikuliert mit den Händen.
    Die ehemalige EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. (EPA)
    Ex-EU-Kommissionspräsident Barroso ging zu "Goldmann Sachs"
    Für EU-Kommissare gelten strikte Regeln, was Nebentätigkeiten, Nebenverdienste, Geschäftsverbindungen oder auch die Anschlussbeschäftigung, nach ihrer Kommissionstätigkeit, angeht. Der Ärger mit Kroes kommt zu einem Zeitpunkt, an dem der Ärger um die ethisch umstrittene, wenngleich regelgerechte Beschäftigung von Ex-EU-Kommissionspräsident Barroso bei der Investmentbank "Goldmann Sachs" noch nicht abgeklungen ist.
    Im Lichte dieser Fälle werde die EU-Kommission möglicherweise über eine Verschärfung ihrer Verhaltensregeln nachdenken, so ihr Sprecher Schinas: "Schon jetzt sind unsere Regeln strikter als alle vergleichbaren – für die Regierungen in den EU-Ländern, in anderen EU- oder internationalen Institutionen. Aber die besten Regeln können nicht verhindern, dass gegen sie verstoßen wird. Wenn Frau Kroes bestimmte Dinge nicht offenbart, sind nicht die Regeln daran schuld."
    Zur EU-Kommission zu gehören ist "eine große Ehre"
    EU-Institutionen, wie die Kommission, müssten sich auf die Angaben ihres Top-Personals über Einkünfte und Tätigkeiten verlassen können, so Schinas: "Wir verfügen nicht über Geheimdienste, die auf den Bahamas oder anderswo Dinge herausfinden können, über die wir keine Kenntnis hatten."
    Die jüngsten Enthüllungen aus den "Bahama-Leaks" bestärkten die EU-Kommission darin, sagte ihr Sprecher, die Anstrengungen gegen Steuervermeidung fortzusetzen. Und sie könnten als Mahnung an künftige Kommissions-Mitglieder verstanden werden: "Jeder, der anstrebt, Mitglied der EU-Kommission zu sein - eine große Ehre - sollte sicherstellen, dass ihn sein Gedächtnis nicht verlässt, wenn er seine Geschäftsverbindungen angibt."