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Vogelgezwitscher und Hipster-Pop

Vogelstimmen und die dazu gehörigen ornithologischen Erklärungen bilden das Rohmaterial für die Band "Dans og Lær". Ihr erstes Vogel-Album schaffte es in einer großen Tageszeitung in die Top 10 der besten dänischen Platten des Jahres. "Flere Fugle", "Mehr Vögel", heißt ihr zweites Album, das jetzt erscheint.

Von Miriam Arndts | 16.04.2012
    "Jetzt kommt der Grünfink". Sagt Ornithologe Ole Geertz-Hansen. Seine Stimme ist in jedem Song der Band "Dans og Lær" zu hören. Bjarke Søballe Andersen ist der Kopf der Formation. Er ist seit jeher fasziniert von den ruhigen und nahezu poetischen Erläuterungen auf der Kassette "Die Gartenvögel". Als Zehnjähriger hat er sie von seinen Eltern geschenkt bekommen. Und seitdem kann er tatsächlich Vögel an ihrem Gesang erkennen. Vor ein paar Jahren dann hat der Multiinstrumentalist die Kassette in einer alten Kiste wiederentdeckt. Da wurde ihm klar: Er musste seine beiden großen Leidenschaften, die Musik und die Vögel, miteinander verbinden.

    "Vögel sind einfach total spannend. Und sie sind ausgezeichnete Sänger. Sie machen unglaublich schöne Musik, die wir dann sozusagen einfach begleiten."

    Dohle, Singdrossel, Seidenschwanz, Buntspecht - die Songs haben sehr einfache Titel und nicht immer eine Melodie im klassischen Sinn. "Dans og Lær" setzen auch gerne Bongo-Trommeln oder Slap-Bass ein - eigentlich Todsünden im hippen Kopenhagener Indie-Betrieb. Der Percussionist Rasmus Jusjong, der auch in mehreren anderen Bands spielt, ist froh, bei "Dans og Lær" mal ganz anders Musik machen zu dürfen:

    "Das ist einer der Vorteile: Wir dürfen diese Elemente benutzen. Eben weil wir nicht gesagt haben: Wir sind eine Indie-Band und extrem cool und haben Jeansjacken an und fettiges Haar. Das brauchen wir nicht, weil wir uns diesen Indie-Stempel nicht aufgedrückt haben."

    Die fünf Musiker haben einen guten Ruf als liebenswerte Vogel-Nerds. Reich gemacht hat sie das bislang noch nicht.

    "Wir können natürlich nicht mit den großen Namen der dänischen Popmusik, konkurrieren. Dafür ist das einfach zu sehr Nischen-Musik. Aber innerhalb dieser Untergrund- und Hipsterkultur, von der hier in Dänemark zur Zeit viele sehr angetan sind, da läuft es richtig gut."

    Sicher auch, weil "Dans og Lær" ihre Musik auf ihrem eigenen Label herausbringen und mit fantasievollen Mitteln für sich Reklame machen. Mal hängen sie hundert Vinyl-Platten in einen Baum, die von Passanten gepflückt werden können. Mal entwickeln sie eine Gartenvogel-App fürs iPhone: Ein Spiel, bei dem man das Gezwitscher dem richtigen Vogel zuordnen muss, das aber bisher nur im dänischen iTunes-Store zu bekommen ist.

    Bei Live-Konzerten der Band laufen im Hintergrund Visuals. Darauf zu sehen: Natürlich Vögel. Bjarke Søballe-Andersen hat trotz dieser Verspieltheit keine Angst, als Musiker nicht ernst genommen zu werden.

    "Es ist nicht unser Ziel, lustig zu sein. Aber uns ist schon klar, dass das, was wir machen, humoristische Elemente hat oder dass manche es lustig finden. Aber es war uns immer wichtig klarzustellen, dass das nicht einfach nur eine fixe Idee ist."

    Die Medien scheinen das begriffen zu haben: Mehrere Radiosender spielen schon die neue Single "Grønirisk", ständig kommen neue Interview-Anfragen, das erste Album schaffte es in einer großen Tageszeitung in die Top 10 der besten dänischen Platten des Jahres. Und das Vogel-Thema hat sich auch nach zwei Alben noch nicht abgenutzt, da ist sich die ganze Band einig. Bjarke Søballe-Andersen will aber nichts ausschließen: Vielleicht kann das Publikum irgendwann einmal etwas anderes tanzend von ihm lernen.

    "Es wird wahrscheinlich kein anderes Tier, weil es kein anderes gibt, das uns so sehr fasziniert wie der Vogel. Neulich hat uns jemand vorgeschlagen, was mit Elchen zu machen. Das ist natürlich auch ein schöner Laut, aber eine ganze Platte mit Elchen – das wär' vielleicht zu viel des Guten. Was wir aber auf jeden Fall herausgefunden haben ist, dass es funktioniert, alte Aufnahmen, die Wissen vermitteln, mit Musik zu verbinden. Wenn wir also was anderes finden, was wir den Leuten mit Musik näher bringen wollen, dann machen wir das bestimmt."