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Von Steuergeschenken und Fernsehduellen

Am Sonntag und Montag wird in Italien ein neues Parlament gewählt. Im nun endenden Wahlkampf ging es weniger um Inhalte, als um die Frage: Wer könnte mit wem und wer nicht?

Von Jan-Christoph Kitzler | 22.02.2013
    Das ist der letzte Wahlkampftag in Italien. Bis 24 Uhr wird noch mal aus allen Rohren geschossen. Auf der einen Seite stehen zwei, die auf keinen Fall miteinander koalieren wollen, die aber trotzdem auf die gleiche Taktik setzen. Silvio Berlusconi, der Italien schon 3340 Tage regiert, manche sagen, an den Abgrund geführt hat, ist wieder da. Er hat das Land mit Plakaten zugepflastert und macht vollmundige Wahlversprechen. In diesen Tagen haben die italienischen Haushalte einen Brief bekommen, in dem der Presidente persönlich verspricht, die verhasste Immobiliensteuer für 2012 zurückzuzahlen. Man könne sich das Geld in bar bei der Post abholen – vorausgesetzt Silvio Berlusconi gewinnt die Wahlen.

    Der skandalerprobte Berlusconi setzt also auf großzügige Geschenke, er will die Reformen zum Teil rückgängig machen und er macht eine gute Show. Und so klingt das dann:

    "Ich verspreche, wenn Montagabend, oder auch erst am Dienstag Monti, Fini und Casini es nicht ins Abgeordnetenhaus geschafft haben, dann betrinke ich mich."

    Von Beppe Grillo spricht er nicht. Dessen Protestbewegung Cinque Stelle – "Fünf Sterne" mobilisiert viele Menschen und füllt große Plätze in italienischen Städten. Grillo, ein gelernter Komiker, macht vor allem Krawall und wettert gegen alle anderen. Aber er könnte viele Stimmen bekommen. Und deshalb tun alle anderen Kandidaten gut daran, ihn nicht mehr nur zu belächeln. Auch Pier Luigi Bersani, der Spitzenkandidat des Partito Demokratico, also der Sozialdemokraten, muss sich jetzt mit Grillo auseinandersetzen:

    "Ich habe etwas gegen Grillo, denn wenn man diese Proteste aus der Bahn bringt, wenn man sagt, man ist weder links noch rechts. Wenn man es ablehnt auf auch nur eine Frage zu antworten und immer selber reden will. Wenn man vom Altar des Internets aus regieren will, dann führt man das Land weg von der Demokratie."

    Bersani könnte bei dieser Wahl die meisten Stimmen bekommen. Aber weil seit zwei Wochen keine Umfragen mehr veröffentlicht wurden, könnte es auch noch anders kommen. In diesem Wahlkampf, der heute zu Ende geht, ging es weniger um die Inhalte, als um die Frage wer könnte mit wem und wer nicht? Das zeigte zum Beispiel beim Thema Fernseh-Duell. Auch wenn ein großer Teil der Italiener sich politisch wenn überhaupt nur über das Fernsehen informiert, kam es nicht zu diesem Duell. Man konnte sich nicht darauf einigen, wer gegen wen antreten sollte.

    Und was wird aus Mario Monti? Seine Tage als Ministerpräsident sind voraussichtlich gezählt. Erst spät hatte er sich entschlossen, anzutreten. Jetzt zeigt sich, dass er keine Erfahrung hat im Wahlkampf. Und jetzt muss er sich auch noch gegen Vorwürfe wehren, er mache seine Reformpolitik, die den Italienern viel abverlangt, nur, um die Vorgaben aus Berlin zu erfüllen. Und Angela Merkel sei für eine Koalition des Bündnisses von Monti mit den Sozialdemokraten von Pier Luigi Bersani:

    "Weder Bersani noch ich bin auf den Segen von Frau Merkel angewiesen, wie Berlusconi sagt. Und dann wäre das paradox, denn Merkel und Berlusconi gehören zur gleichen politischen Familie, nämlich zur Europäischen Volkspartei. Und deshalb sehe ich nicht, warum Frau Merkel dafür sein sollte, dass die Sozialdemokraten an die Regierung kommen."

    Dennoch könnte es so kommen. Monti könnte den Sozialdemokraten am Ende zu einer halbwegs gesicherten Mehrheit in beiden Kammern verhelfen. Der Wahlkampf geht noch bis 24 Uhr – dann haben ab Sonntagmorgen die Wähler das Wort. Und weil die Wahl über zwei Tage geht, gibt es ein Ergebnis frühestens am Montagabend. Viele Beobachter sagen Italien nach dieser Wahl politisch instabile Verhältnisse voraus.